die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Ach Natur Vergissmeinnicht => Thema gestartet von: Erich Kykal am Januar 28, 2018, 11:57:02

Titel: Waldkind
Beitrag von: Erich Kykal am Januar 28, 2018, 11:57:02
Die sanfte Seligkeit entrückter Räume
im Walde heilt die klammen Wesenswunden,
von Menschen zugefügt und tief empfunden,
und lenkt das Seelenboot an weiche Säume

von Nadelduft und Moos, und meine Träume
erwachen wieder wie erneut gefunden
in diesen zeitlos grün erblühten Stunden
im Fall des Lichtes durch das Laub der Bäume.

Ich konnte nie die Menschenspiele spielen,
mit Waffen nicht auf meinesgleichen zielen,
und bitter ließ es mich ihr Hartes büßen.

Allein wo breite Äste knarrend grüßen,
erwachen mir Gedanken, die zu vielen
Gelegenheiten meinen Weg versüßen.
Titel: Re: Waldkind
Beitrag von: gummibaum am Januar 28, 2018, 21:54:23
Lieber Erich,

hohe Anforderungen durch wenige, gespiegelt wiederkehrende Reime. Aber dem Sonett kommte es zugute, da es die Ruhe und das nuancierte Grün des Waldes gut einfängt. Der letzte Vers zeigt mit der ungewöhnlichen Form "Das Müssende", wie quälend es ist, als Waldkind unsensiblen und rohen Mitmenschen ausgesetzt zu sein.

Sehr gern gelesen.
 
LG gummibaum

 
Titel: Re: Waldkind
Beitrag von: Curd Belesos am Januar 29, 2018, 00:28:26
moin moin Erich,

deine Zeilen spiegeln das, was tief in mir verborgen nicht ans Licht des Tages dringt.

In deinem "Waldkind" habe ich etwas von mir gefunden.

Danke, ich bin von der Tiefe und den gefühlvoll gesetzten Worten überwältigt.

LG
CB
Titel: Re: Waldkind
Beitrag von: Erich Kykal am Januar 29, 2018, 19:55:48
Hi Gum, Curd!

Vielen Dank für eure freundlichen Gedanken!  :)

Ich habe das letzte Terzett nochmals überarbeitet, ich war nicht recht zufrieden damit. Kann du wer sagen, ob es eine Verbesserung darstellt?

Die ursprüngliche Version zum Vergleich:

Nur wo mich breite Äste knarrend grüßen,
vermag ich in Gedanken frei zu spielen,
die mir das Mensch sein Müssende versüßen.



LG, eKy
__________________
Titel: Re: Waldkind
Beitrag von: gummibaum am Januar 29, 2018, 20:42:53
Hallo Erich,

es kommt mir so weniger gezwungen vor, doch wirken "Gelegenheiten" etwas beiläufig neben schwelgerischen Ausdrücken wie "Seligkeit" und "entrückt". Vielleicht passt da: geweihten Malen.

LG g
Titel: Re: Waldkind
Beitrag von: Curd Belesos am Januar 29, 2018, 22:14:31
moin moin Erich,

die neue Fassung hat für mich nichts mehr von der starken Aussage des Urtextes, welcher mich in seinen Bann zog.

LG
CB
Titel: Re: Waldkind
Beitrag von: Erich Kykal am Januar 30, 2018, 00:24:46
Hi Gum!

Ich denke darüber nach, aber die "geweihten Male" lesen sich etwas sperrig im Vergleich zu "Gelegenheiten".


Hi Curd!

In der ursprünglichen Version (ich hatte es nicht bemerkt) hatte ich das Reimwort "spielen" - allerdings steht das schon in der ersten Zeile des ersten Terzetts.

Zudem erschien mir "das Mensch sein Müssende" etwas umständlich und geschraubt formuliert.

Zwei gute Gründe, diese Version letztlich zu verwerfen, Aussage hin oder her.


LG, eKy