die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Wo Enzian und Freiheit ist => Thema gestartet von: Erich Kykal am August 15, 2018, 12:30:00
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Verspielte Wogen wirbeln durch die Sande
des flachen Strandes, brechen rauschend,
den weißen Schaum mit Erde tauschend,
wenn sie sich werfen an besonnte Lande.
Die Menschen räkeln sich, und eine Bande
gebräunter Kinder schleudert bunte Bälle
ins Meer hinaus, damit die nächste Welle
sie wirbelnd wiederbringe. Nur am Rande
des Trubels sieht man eine Alte warten.
Sie blickt den ganzen Tag hinaus auf See,
und keine Regung zeigt sich auf den harten,
gefurchten Zügen, die schon lang kein Hoffen
mehr tragen, denn ertrunken ist das Weh,
und nur die Augen stehen weiter offen.
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Traurig, aber wunderschön, lieber eKy! :)
Klanglich, metrisch, rhythmisch perfekt gerundet und im gedanklichen Aufbau absolut konzis. Bravo!!! :)
Etwas nachgedacht habe ich noch über das "begraben", da hier etwas wie "versunken" vielleicht auf den ersten Blick naheliegender wäre, konnte doch dem verlorenen Mann offenbar gerade kein Begräbnis zuteil werden - andererseits ist die Assonanz mit "tragen" bezwingend und deshalb habe ich mein Nachdenken verworfen (wenn auch nicht in dem Maße, dass ich es komplett für mich behalten wollte). :)
Bewundernde Grüße,
S.
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Hi Suf!
Interessant! Gerade beim erneuten Kontrolllesen blieb ich am Wort "begraben" hängen und dachte, dass zum Meer eher "versunken" passen würde - und finde exakt diesen Gedankengang danach beim Lesen deines Kommis!
Ich habe aber, so denke ich, einen noch besseren Begriff gefunden, der auch zu den möglichen Gründen für das Harren dieser Alten passt - siehe oben.
Vielen Dank für das begeisterte Lob und die Gedanken! :)
LG, eKy
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Schöner Kontrast von fröhlicher Ausgelassenenheit und sich selbst überlebender Erstarrung, lieber Erich.
Mit Freude gelesen.
Wellen, Schaum und Ball wünscht dir
gummibaum
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Hi Gum!
Schönheit und Schrecken des Meeres. Genau um den Kontrast in den konträren "Bildern" ging es mir, auch wenn der Schmerz der alten Frau, lang verblasst und nur eine in Ritualen gefangenen Ruine hinterlassend, einzig in ihrem Starren anklingt - sie hat wohl einst den Liebsten auf See verloren, oder womöglich die ganze Familie ...
LG, eKy
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Schönheit und Schrecken des Meeres.
LG, eKy
Die Quartette sind zum Zaubern schön!
Sande kannte ich gar nicht.
Die Enjambements gehen ein wie Honigseim.
Der Gegesatz der spielenden Wellen und Kinder zu der Starre der stumm Leidenden ist sehr augenfällig.Gewollt.
Ich könnte
Sozusagen eine E.T.A.Hoffmann-Geschichte auf neu.
Was in die Vergangenheit ragt: Der ertrunkene (?) Seemann.
Die Zeit der Windjammern ist seit langem vorbei.
Ganz lieben Gruß
von
Cypi
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Hi Cypi!
Vielen Dank für deine analytischen Gedanken und das damit verknüpfte Kompliment! :)
Die literarische Anspielung sagt mir leider nichts - für einen Sprachkünstler bin ich so erschreckend unbeschlagen in klassischer Literatur, von Rilke und anderen Lyrikern mal abgesehen, dass es schon peinlich ist.
Aber es müssen auch nicht immer Windjammer sein. Auch heute noch gehen Schiffe unter, auch wenn sie mit Diesel fahren, und nach wie vor kehren manche Matrosen nicht mehr zurück. Ich denke, dieser Aspekt der See ist zeitlos.
LG, eKy
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aber ja - Seetode gibt es immer und überall.
Sie waren bei Segelschiffen bestimmt nicht zahlreicher als bei Kriegsschiffen in den Weltkriegen.
Ich wollte Dir nicht zu nahe treten... :D
Das "romantische" Bild stieg vor mir auf. (Nur in der Rückschau romantisch verklärt).
Lieben Gruß
von
Cypi
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Hi Cypi!
Schon klar - die "Seefahrerromantik" ist untrennbar mit den Bildern von Segelschiffen und schummrigen Hafenkneipen in aller Herren Länder verbunden! Wenn dann ein Mädel oder eine verlebte Alte einsam am Kai steht und traurig aufs Meer blickt - was läge da wohl näher als die sattsam bekannten Bilder wettergegerbter Seebären in triefendem Ölzeug auf sich in steifer Brise neigenden Schonern in gischtsprühendem Wellengang? :)
LG, eKy