die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Verbrannte Erde => Thema gestartet von: Erich Kykal am Oktober 31, 2019, 17:22:58

Titel: Des Lebens blinder Passagier
Beitrag von: Erich Kykal am Oktober 31, 2019, 17:22:58
Ich lebe als der Glöckner meiner Dame,
sie nennt sich Trägheit und sie liebt mich wild,
auch wenn ich hässlich bin wie die Reklame
für Pickelwasser auf dem „Vorher“-Bild!

Ich lebe als das Monster unter Betten,
die unbenutzt in Kemenaten stehn,
und wären sie's – was wollen wir drum wetten? -
dann wollten mich die Damen gar nicht sehn!

Ich lebe als das Abziehbild der Rolle,
die mich so eben funktionieren lässt,
und werfe meinen Lebensfrust ins volle
Programm bei jedem Überlastungstest.

Ich lebe als der Cowboy, der die Rinder
für klüger hält als jeden, der sie treibt.
Ich bleibe ungeliebt und ohne Kinder,
und weiter nichts, was von mir übrigbleibt.

Ich lebe als ein Treppenwitz von Coolen,
für die kein Sterbenswort mehr heilig ist,
und gehe mich in ihren Sümpfen suhlen,
als wollte ich, dass mich die Welt vergisst.
Titel: Re: Des Lebens blinder Passagier
Beitrag von: gummibaum am November 08, 2019, 15:11:16
Lieber Erich,

das ist der Antiheld schlechthin: Hässlich, ungeliebt und frustriert, an der eigenen Intelligenz zweifelnd und nur für die Witze der Hartherzigen gut genug. Ohne Fahrschein an Bord des Lebens und immer in Gefahr, als illegal entdeckt, ins Meer geworfen und von den Haien gefressen zu werden, sind ihm meine mitfühlenden Tränen sicher.

Sehr gern gelesen.

LG g

 

Titel: Re: Des Lebens blinder Passagier
Beitrag von: Erich Kykal am November 09, 2019, 12:25:23
Hi Gum!

Du bringst es mitfühlend auf den Punkt. Hab Dank dafür!  :)

Man könnte sagen: Immer zwischen den Stühlen, auf denen immer schon jemand sitzt.  ::) :-\

Aber man erwirbt sich dieserart - so man es durchhält - Standfestigkeit ...

LG, eKy