die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Drum Ehrlichkeit und Edelweiß => Thema gestartet von: gummibaum am Dezember 25, 2014, 18:49:43
-
Die Liebe ist es, die du zart geleitest,
wenn du wie schwerelos, vom Wind bewegt,
auf einer Muschel über Meere gleitest,
und dich der Schaum zuletzt ans Ufer trägt.
Dich schmückt die Nacktheit noch der Unberührten,
die perlend aus dem Wasser stieg ans Licht.
Doch nun, beim Anblick der von Lust Verführten,
fühlst du als Blöße sie und willst sie nicht.
Bedeckst mit Eile dich. In deine Wangen
tritt schamhaft Röte. Doch trotz aller Wehr -
So leicht du wandeltest, dich packt Verlangen.
Es spannt dein Schoß sich, und dein Schritt wird schwer…
Nach Botticelli: Die Geburt der Venus
-
Hi, Gum!
zur Zeit scheinst du gut bestrahlt zu sein - wieder ein außergewöhnlich gelungenes Gedicht! Chapeau!!!
Interessant, dass ich zu diesem Bild selbst einst ein Sonett verfasst habe:
So unberührt entsteigt, weiß wie Damast,
sie ihrem Ozean, so sehr Erscheinung,
dass man beschämt verwirft, was sich an Meinung
dran sammelte und doch ihr Bild nicht fasst.
Und stünde sie allein in ihrem Rahmen,
es machte merklich keinen Unterschied,
da alle Welt doch nur die Mitte sieht
und ihr Versprechen an die Zeit: Den Samen,
der Ewigkeit dem Endlichen verheißt,
drin wir versinken mit dem Gang der Jahre,
und nur in diesem goldnen Schwung der Haare
lebt jene Sehnsucht, die uns tief berührt.
So bleibt der Zauber, den man um sie spürt,
die eine Gunst, die uns der Tod erweist.
Allergernst gelesen und genossen! :)
LG, eKy
-
Hallo Erich,
danke für das Lob und für dein Gedicht. Man liest es gern immer wieder, denn es öffnet weite Räume. Was die Bestrahlung betriff, so sind es die Ferien. Nur in diesen Zeiten habe ich ausgeschlafen (stehe ja sonst um 5.00 auf), und das schafft ganz andere Voraussetzungen.
Alles Liebe
gummibaum
-
Das ist ja spannend, diese meisterhaften Gedichte im direkten Vergleich zu lesen!
Für mein Gefühl zeigt sich darin sehr gut der Unterschied, der den Stil dieser beiden Dichter ausmacht: einerseits die vergeistigte und andererseits die so irdische Venus.
Mir gefällt das sehr, lieber Gummibaum, wie du diese Venus fühlbar in die Welt holst, ihr menschliche Gefühle gibt, sie in die menschlichen Widersprüchlichkeiten verwickelst...
(..mir gefällt natürlich auch Ekys Zugang, auf eine ganz andere Weise)
Lauter Geschenke haben mir die Wiesen-Christkindln da gebracht!! :):)
Lieben Gruß
charis
-
Danke, Charis. Wer durch die chronologisch geordnete Sammlung der Uffizien geht, hält bei diesem Bild inne. Er spürt die Schwelle vom Mittelalter in eine neue Zeit.
LG gummibaum
-
Hi, Charis!
Bleibt noch anzumerken, dass ich mitnichten eine "vergeistigte" Venus beschrieb, vielmehr durchaus auf Lust und Begehren (man sieht nur die Mitte, sprich die Scham) anspielte und auf unsere Art von Unsterblichkeit: die Fortpflanzung! (den Samen, der Ewigkeit dem Endlichen verheißt/die eine Gunst, die uns der Tod erweist) ;) :D
LG, eKy
-
Was soll ich noch groß schreiben?
Beide Gedichte sind einzigartiger aesthetischer Genuß!
Ich glaubte, beide schon zu kennen, lese sie aber gern als "Erstaufführung".
Welche Dichter beehren doch die Wiese!
Dafür dankt immer wieder
aus tiefem Herzen
Cyparis
-
Ein Dank zurück an die Eigentümerin. Denn nicht zuletzt trägt ihre umsichtige Grundstückspflege zum guten Gedeihen der Früchte bei.
LG gummibaum