die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Zwischen Rosen und Romantik => Thema gestartet von: gummibaum am Januar 19, 2015, 20:23:06
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Wie oft hab ich, Marie, im Geist
mein „Öffne dich“ gesprochen,
mit Küssen deinen Leib bereist...
bin langsam eingebrochen
in deinen Hafen,
hab die Schiffe losgemacht,
damit die Stürme, die wir schaffen,
sie zum Kentern bringen in der Nacht
und habe schäumend dich
als aufgewühltes Meer umflossen,
und dann als Welle überschlagend mich
in dich ergossen
und dich hinaus getragen...
still zurückgebracht
und all dein Klagen
stieg und starb in einer Nacht
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Oha -
sehr dezent, trotzdem nur allzu deutlich.
Grüße, mit gemischten Gefühlen,:
Cyparis
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Der Text stammt aus Zeiten seelischer Verwahrlosung.
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D a s, lieber gummibaum,
möcht ich lieber nicht glauben.
So ein Zustand ist mir bei Dir schwer vorstellbar! :)
Lieben Gruß!
Cyparis
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Das ist großartig, lieber Gummibaum!
Chapeau mit Gänsehaut!
Lieben Gruß
charis
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Lieber gummibaum,
dieses Gedicht ist unglaublich gut!
Mir gefällt auch der ganze Aufbau und die Strophenform, weil dadurch das Thema besonders reizvoll dargeboten wird.
Die Wortwahl beweist großes Fingerspitzengefühl, es wird alles gesagt ohne dabei auch nur annähernd obszön zu erscheinen.
Bravo!
LG Daisy
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Hi, Gum!
Wie Daisy zuletzt erwähnte, sprachlich wie unhaltlich sehr gelungen - bloß mit dem Takt haut das für mich so gar nicht hin! Ist das gewollt quasi freiflottierend geschrieben? Die erste Strophe taktet noch (relativ) regelmäßig - aber ab S2 beginnt ein Wirrwarr! Das Gedicht hat mehrheitlich unbetonte Auftakte. Leider findet sich auch hier kein Regelmaß. Am Ende fehlt ein Punkt.
Schaun wir mal: Vorneweg schreibe ich die Anzahl der Heber pro Zeile.
4 - Wie oft hab ich, Marie, im Geist
3 - mein „Öffne dich“ gesprochen,
4 - mit Küssen deinen Leib bereist...
3 - bin langsam eingebrochen
2 - in deinen Hafen,
4 - hab die Schiffe losgemacht, 1. betonter Auftakt!
4 - damit die Stürme, die wir schaffen,
5 - sie zum Kentern bringen in der Nacht 2. betonter Auftakt!
3 - und habe schäumend dich
4 - als aufgewühltes Meer umflossen,
5 - und dann als Welle überschlagend mich
2 - in dich ergossen
3 - und dich hinaus getragen...
3 - still zurückgebracht 3. betonter Auftakt!
2 - und all dein Klagen
4 - stieg und starb in einer Nacht 4. betonter Auftakt!
Ich hoffe, du erkennst, womit ich da ein Problem habe. Okay, auch Rilke hat viele sog. "Taktfehler", wenn man genau zählt, aber bei ihm steht die Sprachmelodie so im Vordergrund, dass es eigentlich kaum je auffällt. Auch deine Sprache ist schön, aber hier fällt es doch auf, wenn auch nicht so sehr wie bei manch anderen ... ;)
Da dies aus dem Fundus kommt, mag es recht alt sein, vielleicht aus der Frühzeit deines Dichtens. Sollte das Ungleichgewicht hier also nicht bewusst gewollt sein, versuche ich mal eine regelmäßig getaktete Version:
Wie oft hab ich, Marie, im Geist
mein „Öffne dich“ gesprochen,
mit Küssen deinen Leib bereist...
bin langsam eingebrochen
in deinen traulich warmen Hafen,
die Schiffe losgemacht,
damit sie Stürme, die wir schaffen,
versenken in der Nacht
und habe überschäumend dich
als raues Meer umflossen,
als Welle überschlagend mich
in dich allein vergossen
und weiter dich hinaus getragen
und still zurückgebracht,
und all dein bitterliches Klagen,
es starb in dieser Nacht.
So takten alle Strophen durchgehend mit 4-3-4-3 Hebern.
Interessant hier auch das wechselnde Muster der Kadenzen (ohne Fehl und Tadel!):
mwmw
wmwm
mwmw
wmwm
Sehr gern gelesen und bearbeitet! :)
LG, eKy
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Lieber gummibaum,
ausnahmsweise möchte ich mich hier nicht unbedingt Erichs Vorschlägen anschließen, denn ich halte die Unregelmäßigkeit der Hebungen für ein geradezu ideales Stilmittel, um das Auf- und Abschwellen des Ausdrucks der Leidenschaft hervorzuheben. Die metrische Anpassung ändert für meinen Geschmack auch die Aussage und nimmt ihr einiges von der fühlbaren Hingabe, besonders in der letzten Strophe.
Ich erlaube mir daher ungefragt einen Vorschlag, der meinem Empfinden entspricht, zu unterbreiten. :)
Wie oft hab ich, Marie, im Geist
mein "Öffne dich" gesprochen,
mit Küssen deinen Leib bereist...
bin langsam eingebrochen
in deinen Hafen,
hab alle Schiffe losgemacht,
damit die Stürme, die wir schaffen,
sie kentern lassen in der Nacht
und habe schäumend dich
als aufgewühltes Meer umflossen
und dann als Welle überschlagend mich
in dich ergossen,
dich weit hinausgetragen...
und still zurückgebracht
und all dein Klagen,
es stieg und starb in dieser Nacht.
So, das wär's auch schon, natürlich ist diese Version das Ergebnis meines Gefühls und meiner geschmacklichen Orientierung.
Lieben Gruß
von
Daisy
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Liebe Charis, lieber Erich, liebe Daisy,
ganz herzlichen Dank. Ich habe damals meinen "aufgewühlten" Zustand sprechen lassen und weniger auf das Metrum geachtet.
LG gummibaum
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Hallo gummibaum,
dein Gedicht ist wirklich gelungen. Es ist obszön, ohne obszön zu sein.
Ich frage mich nur, für was das "Klagen" steht. Auf den ersten Blick, erscheint es, als ob Marie zu ihren Glück gezwungen werden muss, aber dann stellt sich auch die Frage, ob es dann auch wirklich ein Glück für sie ist.
Beschönigt das Gedicht vielleicht eine Vergewaltigung oder ist es nur ein zartes Liebesspiel in Phantasien?
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Ein gelungenes Werk, wie mir scheint.
Liebe Grüße
wolfmozart
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Hallo Koollook,
nein, es beschönigt keine Vergewaltigung.
Lieben Gruß und Dank - auch an dich, wolfmozart -
gummibaum
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moin moin gummibaum,
ohne deine Erklärung, fand ich das Gedicht erotischer ;)
LG
CB
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Dann lösche ich sie. LG g
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Lieber, lieber gummibaum,
hm......................................
LG
CB
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Horridoh, starkes Stück das, aber fein.
Dawird der Mund wässrig.
Wenn ich nur so schreiben könnt!
so muss ich mich als stiller Bewunderer bescheidn.
Ricardo