die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Im Gras wispert Hoffnung => Thema gestartet von: Erich Kykal am Mai 14, 2015, 09:56:47

Titel: Die umarmte Erinnerung
Beitrag von: Erich Kykal am Mai 14, 2015, 09:56:47
Es klang die Nacht so wunderlich berauschend,
als sänge sie der Liebe leise Lieder
aus allen Sternen in mein Schweigen nieder.
Den stillen Sang mit dunklen Düften tauschend

verlor sich meine Seele innig lauschend
im Hauch von Ungewissem und von Flieder,
und lang versunkne Flotten kreuzten wieder
dem Herzen zu, die stolzen Segel bauschend.

Umarme mich, versprach der süße Schatten,
und wachse in die Dinge, die entschwunden!
Erwache in den Träumen, die wir hatten,

da wir noch bluteten aus lichten Wunden,
wo selbst im tiefsten, innersten Ermatten
dein Leben du gefühlt hast und empfunden.
Titel: Re: Die umarmte Erinnerung
Beitrag von: charis am Mai 14, 2015, 18:52:52
Lieber Eky,

Es ist einfach wundervoll!! Zum darin Versinken und Schwelgen schön...einfach Musik!

Die S2 ist ein ein Erlebnis, das Flottenbild unübertrefflich.

Nur im letzte Trezett stört mich einen Hauch: "bluteten" nicht nur wegen der unnatürlichen Betonung der letzten Silbe sondern wegen des t-t-Pralls, es ist zwar ein starkes, leidenschafltiches Wort, aber es stört hier irgendwie die Musik. ev.: wo Blut floß ungestillt aus lichten Wunden,
 
Die Inversion in der letzten Zeile mag ich nach mehrmaligen Lesen doch, weil hier irgendwie unbedingt  am Anfang "das Leben" und am Ende:  "- und gefunden" stehen müssen.

Danke für diesen Genuss!

Lieben Gruß
charis
Titel: Re: Die umarmte Erinnerung
Beitrag von: Erich Kykal am Mai 14, 2015, 19:36:38
Hi, Charis!

Vielen Dank für die aufrichtigen Lobesworte! :)

Ich betone die von dir monierte Zeile übrigens so:

wo wir noch bluteten aus lichten Wunden

Hierbei lese ich die fragliche, hier unterstrichene Silbe ohne besondere Betonung. Rein technisch ist es ein Heber, da hast du recht, aber ich lass ihn beim Lesen einfach aus - dafür streiche ich die Betonung der 1. Silbe stärker hervor. Man ist nicht verpflichtet, beim Vortrag jede Hebung zu betonen - da würde die Sprachmelodie wohl auch sehr drunter leiden! ;)

Zur letzten Zeile: Nicht JEDE Inversion muss von Übel sein - richtig eingesetzt ist sie ein durchaus lyrisches Element. Leider überstrapazieren so manche "Dichter" dieses Werkzeug und setzen es falsch oder übertrieben ein, um ihren Texten einen - wie sie meinen - poetischen Touch zu verleihen! Das ist dann wahrlich zum Davonlaufen!!! ;D

LG, eKy
Titel: Re: Die umarmte Erinnerung
Beitrag von: gummibaum am Mai 15, 2015, 23:57:54
Tolles Gedicht, Erich.

Die Nacht schenkt mit der Tiefe der Ruhe den Rahmen, große innere Gesänge wiederzubeleben. Sehr schön, wie sich in der zweiten Strophe die Türen öffnen und wie danach die Erscheinung zum Umarmen in Form eines Erwachen in den Träumen auffordert. Höchste Sprachkunst.

Chapeau!
gummibaum
Titel: Re: Die umarmte Erinnerung
Beitrag von: Erich Kykal am Mai 16, 2015, 07:31:18
Hi, Gum!

Vielen Dank für die lobenden Worte - das ist Seelennahrung für mich! :)

LG, eKy
Titel: Re: Die umarmte Erinnerung
Beitrag von: cyparis am Mai 28, 2015, 18:18:25
Lieber Erich,


ich betone wie Du.
Im Übrigen:
Ich kann wieder einmal nicht mehr tun als in Bewunderung zu verharren.
Großartig!


Lieben Gruß
von
Cyparis
Titel: Re: Die umarmte Erinnerung
Beitrag von: Erich Kykal am Mai 28, 2015, 19:05:14
Hi, Cypi!

Ich schmelze unter deinen lobenden Worten wie Butter in der Backröhre! :-*

LG, eKy