die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Ach Natur Vergissmeinnicht => Thema gestartet von: cyparis am September 08, 2015, 12:47:56

Titel: 23. September
Beitrag von: cyparis am September 08, 2015, 12:47:56
Das Rauchgras zittert.
Astern blühn. Der See erschauert schwer im Grunde
und alle Blätter flüsterns leis im Wind,
daß sich der Herbst erbittert
den Weg erkämpft, er weit in alle Runde
die Farben streut, in alle Wasser rinnt
und Nebel sät.

Die Erde wittert
den nahen Frost in früher Dämmerstunde,
wenn Mond und Sonne schweigend sind.
Und selbst der Tod sieht jäh erschüttert -
ihm ist es ungewollte Kunde -
daß Sommers heißgeliebtes Rosenkind
in seine Hand gerät.

Der Herbst ist da.
Die Erde bleicht und halbzerfressen sinkt der Sommer
in sein aus rotem Laub gehobnes Grab.
Er weiß, daß übers halbe Jahr
er aufersteht als lichter, frommer
Erleuchtender, der alles gab -
und er verzeiht.

Schwarz hängt die Rah,
war gestern noch das zarte Birkensamt,
war gestern noch der Pappel dunkler Glanz.
Die schwere Traube spürt, was heut geschah:
Zu süßer Schwermut ward nur sie  verdammt,
denn selbst die Schlehe stürzt zum Totentanz -
Der Herbst gedeiht.....




Etwa 1971/1972



Titel: Re: 23. September
Beitrag von: Erich Kykal am September 08, 2015, 15:12:21
Hi, Cypi!

Ein wunderschönes Stück Lyrik!

Ein paar Winzigkeiten:

Das Rauchgras zittert.
Astern blühn. Der See erschauert schwer im Grunde
und alle Blätter flüsterns leis im Wind,
daß sich der Herbst erbittert
seinen Weg erkämpft, er weit in alle Runde Betonter Auftakt! Lösung: "den Weg erkämpft..."
seine Farben streut, in alle Wasser rinnt Betonter Auftakt! Lösung: "die Farben streut,..."
und Nebel sät.

Die Erde wittert
den nahen Frost in früher Dämmerstunde,
wenn Mond und Sonne schweigend sind.
Und selbst der Tod sieht jäh erschüttert -
ihm ist es ungewollte Kunde -
daß Sommers heißgeliebtes Rosenkind
in seine Hand gerät.

Der Herbst ist da.
Die Erde bleicht und halbzerfressen sinkt der Sommer
in sein aus rotem Laub gehobnes Grab.
Er weiß, daß übers halbe Jahr
er aufersteht als lichter, frommer
Leuchtender, der alles gab - Betonter Auftakt! Lösung: "Erleuchteter, der..."
und er verzeiht.

Schwarz hängt die Rah,
war gestern noch das zarte Birkensamt,
war gestern noch der Pappel dunkler Glanz.
Die schwere Traube spürt, was heut geschah:
Zu süßer Schwermut ward nur sie allein verdammt, "allein" würde ich streichen, für den Rhythmus.
denn selbst die Schlehe stürzt zum Todestanz - Schöner: "Totentanz".

Der Herbst gedeiht..... Wozu die Leerzeile? Ich würd's dranhängen wie in den anderen Strophen.


Sehr gern gelesen - und zu bearbeiten war nicht viel. Dein Duktus folgt wieder ganz der Wortmelodie, ein paar längere oder kürzere Zeilen fallen kaum ins Gewicht. S2 erscheint mir am trefflichsten gelungen in der Symbiose von Wortführung, Takt und Inhalt!

LG, eKy

Titel: Re: 23. September
Beitrag von: cyparis am September 08, 2015, 20:35:51
Lieber Erich,


ich habe alle Deine wertvollen Anregungen mit Dank übernommen!
Dein Lob krönt meinen Tag - jetzt mag die Nacht kommen über mich.

Ganz lieben Gruß
von
Cyparis
Titel: Re: 23. September
Beitrag von: Curd Belesos am September 12, 2015, 13:46:01
Moin moin liebe Cyparis.

wie Erich schon vortrug : Ein wunderschönes Stück Lyrik!

Mit Begeisterung gelesen und gefühlt.

Curd hat auch noch einen lieben Gruß für dich  ;)
Titel: Re: 23. September
Beitrag von: cyparis am September 12, 2015, 15:40:08
Hab ganz herzlichen Dank, lieber Curd!


Grüße in den Norden



von
Cyparis