die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Verbrannte Erde => Thema gestartet von: Erich Kykal am Juni 22, 2016, 15:50:50
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Ein armer Geist bin ich, der noch auf Erden
wohl wandelt wie ein trunkener Geselle,
dem alle fluchen, wenn sie nüchtern werden
nach regellos mit ihm durchwachten Nächten,
und reuig fliehen seine klamme Schwelle,
als fiele ihnen ein, mit wem sie zechten.
Ein armer Narr bin ich, der unter Toren
wohl bettelt noch um Liebe und Gefallen
und weiß dabei: er war zutiefst verloren,
als er versagte, da es wirklich zählte!
Seit jener dunklen Stunde muss er fallen,
gequält von Augenblicken, die er quälte.
Ein armer Mensch bin ich, der unter jenen,
die gleiches heißen, nimmer traulich wandeln
und aufrecht sich an ihre Herzen lehnen
und würdig kann in ihre Augen schauen!
Mit Unrat darf ich weiter mich verhandeln
und Demut lernen vor dem eignen Grauen.
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Lieber Erich,
den Titel assoziiere ich sponatan mit Luzifer, dem gefallenen Engel, gleichzeitig Lichtbringer, was eigentlich ein Widerspruch in sich ist - wie jede Religion auch.
Aber ich assoziiere natürlich gleichzeitig mit einem größenwahnsinnigen Dichter, der womöglich an sich selbst leidet und an der Welt verzweifelt.
Kein Sonett - dennoch ein Kunstwerk; Dein Duktus ist unverwechselbar.
Chapeau!
Lieben Gruß
von
Cypi
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Hi Cypi!
Ich lese gerade mal wieder "Les fleurs du mal" (hoffe, ich hab's richtig geschrieben) in deutscher Übersetzung. Da geht es ähnlich zu im Duktus ... ;) ;D Der Baudelaire war schon ein traurig-kluger Geselle ...
Ich sah einen gebrochenen Menschen vor mir, der irgendwie zutiefst versagte und von der Gesellschaft ausgestoßen lebt, oder zumindest verdammt und gepeinigt vom eigenen Gewissen.
Vielen Dank für das Lob!
eKy, der Unverwechselbare (wer's glaubt ;))