die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Wo Enzian und Freiheit ist => Thema gestartet von: Erich Kykal am September 19, 2016, 17:19:38

Titel: Rom
Beitrag von: Erich Kykal am September 19, 2016, 17:19:38
Du alte Stadt, die sich aus Untergang erneute,
du tiefer Brückenschlag der Zeit aus blondem Stein!
Cäsarenlettern deiner Flanken scheint bis heute
ein wie aus Weltenkern geschnitzter Widerschein

in den Verlauf der schrittpolierten Marmorgassen,
wie ein Gewicht, das aus Erinnern und Zerfall
wir Nachgeborenen in uns entgleiten lassen
wie Tagesglut in überstirntes Weltenall.

Du Stadt des Märchenmöglichen, was du berührtest
in großen Seelen, es verwob sich dem Gefühl
mediterraner Nachmittage, und du führtest
ihr sinnenschweres Schauen an dein Brunnenspiel,

aus dessen Tropfenklang sich leicht und immer lichter
ihr Blick in sommerwarme Abendhimmel schwang,
wenn die das Äthergold bespiegelnden Gesichter
sich lächelnd öffneten zu deinem Lobgesang!



(Frühes Werk, ca. 9 Jahre alt, leicht überarbeitet)
Titel: Re: Rom
Beitrag von: gummibaum am September 20, 2016, 11:15:03
hallo erich,

ich habe das gedicht mehrmals lesen müssen, da es sich ausgiebig im abstrakten entfaltet. die nachwirkung der historischen ablagerungen in der weltstadt, die anregungen, die manch einer durch sie empfing sind ebenso gut in bilder übersetzt, wie die austrahlung, die sie zu verschiedenen tageszeiten besitzt und die im lichtwechsel und in den spiegelungen an den brunnen ihren besonderen reiz entfaltet.

sehr gern gelesen   

lg g
Titel: Re: Rom
Beitrag von: Erich Kykal am September 20, 2016, 16:44:30
Hi Gum!

Ein sog. "oida Hadern", wie man hierzulande sagt. Im Original metrisch noch hier und da unwuchtig, nun überarbeitet und in Gleichtakt gebracht.

Vielen Dank - deine Vergleiche und Definitionen runden sich zu einem schönen, positiven Bild!  :)

LG, eKy
Titel: Re: Rom
Beitrag von: cyparis am Oktober 14, 2016, 11:38:56
Lieber Erich,

ohne je dagewesen zu sein, habe ich jetzt ein ideales Bild Roms vor Augen.
Deine schöne Sprache ist wieder verführerisch; so lese ich das Gedicht wieder und wieder, um jeder Deiner wundersamen Wendungen nachzulauschen.
Die erste Strophe ist besonders hinreißend.

Anregung für Strophe zwei:

Das "entgleiten" durch ein andres Verb auszutauschen.
Der Ausdruck ist mir seit Anamolie verhaßt.
Wie wäre es mit versickern oder etwas ähnlichem?


Noch wie berauscht:
Cypi
Titel: Re: Rom
Beitrag von: Aspasia am Oktober 14, 2016, 12:39:07
ohne je dagewesen zu sein, habe ich jetzt ein ideales Bild Roms vor Augen.

Vielleicht kann ich dich damit entschädigen und gleichzeitig Erich ein kleines Geschenk damit machen (alles eigene Fotos):
https://youtu.be/crVpdMgXlzA

Sehr schönes Gedicht, Erich.

Lieben Gruß
Aspasia
Titel: Re: Rom
Beitrag von: Erich Kykal am Oktober 14, 2016, 15:57:58
Hi Aspasia!

Und Dank dir für die schönen Bilder!  :)


Hi Cypi!

Da ich "entgleiten" nicht mit einem verhassten User verbinde, habe ich kein Problem damit, und es klingt satzmelodisch besser als "versickern" an dieser Stelle. Auch für das Kopfkino ist es so eleganter. "Versickern" klingt so armselig irgendwie.


LG, eKy