die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Verbrannte Erde => Thema gestartet von: Erich Kykal am April 18, 2017, 15:37:15

Titel: Ungedenken
Beitrag von: Erich Kykal am April 18, 2017, 15:37:15
Wie leise doch die Stunden mir verstreichen
in diesem Wechselspiel verschenkter Tage,
wo zärtlich der Verlust und seine Klage
mich himmelsacht umwerben ohnegleichen.

Wär da ein Ziel, ich würde es erreichen,
mich strecken nach dem Licht aus jeder Lage,
doch meine Träume werfen keine Frage
in ihre Möglichkeit, die sie umschleichen.

Was bleibt von mir, wenn sich die Jahre schließen,
wer denkt dereinst an mich und meine Kreise?
Ach, wie so viele, die ihr Sein verließen

und nichts zuwege brachten, werd ich enden,
und niemand wird sich fragen, welcher Weise
ich gerne lauschte, um mich zu verschwenden.
Titel: Re: Ungedenken
Beitrag von: gummibaum am April 22, 2017, 15:58:15
Lieber Erich,

genieße das immerhin Erreichte, und wenn du Ruhm und Andenken vermisst, so huldige dir selbst, die anderen stimmen sicher irgendwann ein.

Sehr gern gelesen.

LG g
Titel: Re: Ungedenken
Beitrag von: Erich Kykal am April 22, 2017, 17:30:25
Hi Gum!

Keine Sorge - ich meinte dies inhaltlich eher im philosophischen Sinne - das Lamento dieses LyrIch steht versinnbildlichend für das grundsätzliche Menschenheitsbedürfnis, Bleibendes zu schaffen, sich zu "verewigen", um die eigene Sterblichkeit so zu sublimieren.

Ich persönlich habe mich mit der Unausweichlichkeit des Vergessenwerdens längst abgefunden. Und erweitert man den Rahmen nur weit genug, so wird auch von der Menschheit und letztlich von der Erde nichts bleiben. Und selbst wenn die Menschen sich weiterentwickeln und irgendwann vielleicht sogar (relative) Unsterblichkeit erlangen, so wird das so weit in einer möglichen Zukunft liegen, dass man dann nichts mehr von den "urzeitlichen" Menschenwerken wissen wird, schon gar nichts von dann längst toten und vergessenen Sprachen in ferner Vergangenheit.
Oder weiß man heute noch von Onolja dem Weisen, der den Clan der Raben im Tal von Ungujeje vor 50.000 Jahren das Feuermachen lehrte? Oder dass der größte der Künstler, die die Wände europäischer Höhlen vor über 20.000 Jahren bemalten, N'metebe hieß? - Siehst du? Es spielt keine Rolle, was man tut. Letztlich vergeht alles.

LG, eKy
Titel: Re: Ungedenken
Beitrag von: gummibaum am April 23, 2017, 01:05:08
Ein wahres Wort, lieber Erich.

Die beiden Vergessen könnten ja die Gründer unserer Familien sein. Feuereifer und malerische Seelenlandschaft fänden hier ihre Erklärung.

Danke und LG
g

Titel: Re: Ungedenken
Beitrag von: cyparis am April 26, 2017, 19:02:07
Lieber Erich,

Deine Antwort auf den Kommentar habe ich mindestens so gerne gelesen wie das Gedicht, bei dessen Lektüre der vierten Strophe mir beinahe das Lachen kam:
Auch wenn in Äonen nichts vonDir überdauern wird - Du kannst es dann auch nicht mehr bedauern.
Laßt uns das Hier und Heute besingen und bedichtern, vor allem aber leben! :-*

Cypi
Titel: Re: Ungedenken
Beitrag von: Erich Kykal am Juli 06, 2020, 10:01:18
Ein guter Rat ...