die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Drum Ehrlichkeit und Edelweiß => Thema gestartet von: Erich Kykal am August 12, 2017, 14:31:32

Titel: Bücherwürmer
Beitrag von: Erich Kykal am August 12, 2017, 14:31:32
Die Bücher stehn geordnet in Regalen -
ein jedes ist uns Angelpunkt und Flucht.
Mit seinem Traum und seiner ganzen Wucht
erlöst es unser Trachten aus dem Schalen,

das uns umgibt, wenn wir an Welt bewohnen,
was uns erträglich ist und keine Last -
denn was je tiefer geht in großer Hast,
verdrängen wir, um unser Sein zu schonen.

Wir blühen erst in unsrer Bücher Seiten
so richtig auf, als wollten wir dort leben -
aus zweiter Hand vielleicht, doch ohne Achten,

was uns die raue Wirklichkeit bereiten
und antun mag, wenn wir den Vorhang heben,
den wir uns aus erzähltem Leben machten.
Titel: Re: Bücherwürmer
Beitrag von: gummibaum am August 12, 2017, 14:49:06
Lieber Erich,

schönes Gedicht über die Bücher und ihre Gaben. Die fiktiven Welten wählt mancher auch aus Langeweile und Ekel an der Banalität seines Daseins besonders schrecklich. Hauptsache, es passiert mal was. Aber dadurch passiert real eben wieder nichts.

Sehr gern gelesen.

LG g

 
Titel: Re: Bücherwürmer
Beitrag von: Agneta am August 13, 2017, 10:08:13
Diese Art von Rückzug  ist vielleicht gar nicht mal so selten, lieber Erich.
Wenn man nur "erbauliche" Bücher liest und sich in diese Welt flüchtet, dann kann das sicherlich eine Art Schutzschild gegen die raue Welt sein.
Letztlich aber wird sie einen doch einholen...
Wehmut schwingt deshalb m Werk mit.
Sehr gerne gelesen mit lG von Agneta
Titel: Re: Bücherwürmer
Beitrag von: Erich Kykal am August 13, 2017, 14:38:20
Hi Gum, Agneta!

Der österr. Künstler André Heller hat mal gesagt: "Die wahren Abenteuer sind im Kopf!"

Damit meinte er nicht nur die Fantasie und Geschichten aus Büchern, sondern: Alles, was du erlebst, findet letztlich nur im Kopf statt: Es ist deine Entscheidung, was ein Abenteuer sein kann!

Mein Gedicht beschreibt jene Bücherwürmer, die lieber auf ein "echtes" Leben verzichten, vielleicht, weil sie dessen Lastwechsel nicht vertragen, und ganz in ihren geliebten Erzählungen leben. Heutzutage gibt es auch solche, die ihre Erlebnisse praktisch nur aus dem Fernseher haben, weil sie ihr Leben lieber davor verbringen, als die wirkliche Welt zu riskieren. Gleiches gilt für die Nerds von Computerspielen, die mehr Zeit in ihren Spielwelten verbringen als in der Realität und ihren Avatar dort für ihren wahren Körper halten, weil ihnen die Fantasywelt dort schon realer erscheint als die Ebene, auf der ihr Körper weilt ...

Einerseits zeigt dies, wie unglaublich anpassungsfähig der menschliche Geist ist, andererseits aber leider auch, wie sehr er sich einzuschränken und zu verrennen vermag.
Ich habe immer versucht, ein verträgliches Gleichgewicht herzustellen zwischen meinem Bücher"leben" und dem in der stofflichen Welt, in der man zwar verletzt werden, Schmerzen leiden und wirklich sterben kann - wo die Erlebnisse aber, die zu anderen Ergebnissen führen, umso intensiver sein können!

Fantasie und Realität - die gesunde Mischung macht's!  ;D

LG, eKy