die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Ach Natur Vergissmeinnicht => Thema gestartet von: Erich Kykal am September 11, 2017, 18:38:22

Titel: Regentag im Donautal
Beitrag von: Erich Kykal am September 11, 2017, 18:38:22
Das Grün wirkt dunkler an den grauen Tagen,
die Blätter halten inne, wie es scheint,
und wenn der triste Himmel endlich weint,
dann scheint es so, als ob sie mit ihm klagen.

Wer wollte wohl ein Übergroßes wagen,
auch wenn er noch so frei zu sein vermeint,
wenn ihn der finstergrüne Wald verneint
und schwere Wolken ihm dasselbe sagen?

Der Tag behält uns ein, macht alle Pläne
bescheidener, die gestriges Erwachen
in hellen Stunden aufgeregt erdachte.

Die Flüsse führen Blei, und ihre Kähne,
die sonst die Welt so groß und offen machen,
verschweigen düster das Weithergebrachte.
Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: Agneta am September 11, 2017, 18:48:29
was für eine zauberhaft melancholische Atmosphäre, lieber Erich. Ja, die Kähne, die das Weit Hergebrachte verschwiegen, weil sich letztlich herausstellt, dass es auch nicht viel anders wäre als das Uns- Nahe.
Philosophisch die Frage nach der Freiheit und ob es sie überhaupt gibt, ein weiter und schwungvoller Bogen vom Regental. Und ein starkes Bild am Schluss, das den Kreis vollendet.
Ein wirklich sehr gut gelungenes Sonett, das mich heute besonders anspricht, vielleicht, weil ich wieder mal dem Ruf der Freiheit nachhorche...

"Der Tag behält uns ein"- stark! Fegt die Pläne, die wir machten, einfach weg.
Im Moment überlegen wir, ob wir nach Leverkusen umziehen, um es zu erleichtern, dass wir uns um den Enkel kümmern. Ausserdem wird uns das Haus hier zu groß und der Garten ebenso.Große Freude bei Töchterchen, zig schöne Immobilien im Angebot, zwar zu teuer, aber doch nach Hausverkauf für uns erschwinglich. Aber: und jetzt kommt der Bleikahn: alle erlauben keinen Hund!!!!!!!!!
Damit ist die Sache gegessen. Wie sind denn die Leute drauf, die meinen, die Elite zu bilden, nur, weil sie eine pieselige Eigentumswohnung haben?

In meiner eigenen Eigentumswohnung, die ich in Leverkusen mal gekauft habe fürs Alter und seitdem vermietet, wäre ein Hund erlaubt. Hatte ich damals extra gefragt, weil ich mir dachte, dass ich immer Hunde haben werde. Aber soll ich dem alten Opa kündigen, der dort treu und brav seit zwanzig Jahren seine Miete an mich bezahlt? Wo soll der denn hin, der alte Mann? Bei Mietwohnungen in Leverkusen stehen 80 Leute für jede Wohnung auf der Warteliste im sozialen Wohnungsbau...und eine andere kann er sich nicht leisen. ich habe ihm eine preiswerte Miete gemacht damals, weil ich ihn  so nett fand und er aus demselben Ort kam wie mein Vater in Polen.

Ich habe den Sonett schon mehrfach gelesen und werde es mir, wenn es dir recht ist, mal auf meinen Desktop legen. Es passt im Moment so gut, es noch öfters zu lesen. ***** Sterne- danke dafür, Erich.
Begeisterte Grüße von Agneta
Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: Erich Kykal am September 11, 2017, 22:34:39
Hi Agneta!

Es freut mich, dich so begeistert haben zu können!  :) Das schönste Kompliment für einen Poeten!

Für deine Umzugspläne alles Gute, vielleicht findet sich ja noch etwas Geeignetes!

LG, eKy
Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: Laie am September 14, 2017, 15:00:49
Hi eKy,

auch hier möchte ich kurz meine Bewunderung mitteilen!


Verneigender Gruß,
Laie
Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: Erich Kykal am September 14, 2017, 18:43:31
Hi Laie!

Das freut mich!  :) Vielen Dank!

LG, eKy
Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: Curd Belesos am September 14, 2017, 22:29:06
moin moin Erich,

Agneta hat recht, man muss es öfter lesen um es zu genießen und tief in sich wirken zu lassen.
Die erste Strophe ist für mich ein Abgesang an den Sommer und gleichzeitig die schwere, melancholische Ankündigung des kommenden Herbstes.

Sehr gerne und mit Freuden gelesen.

CB


Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: Erich Kykal am September 14, 2017, 23:00:44
Hi Curd!

Ich dachte, dass hier die Terzette das lyrisch Wertvolle darstellen, aber deine Erwähnung der ersten Str. freut mich, weil es zeigt, dass auch die Quartette mithalten können.

LG, eKy
Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: gummibaum am September 16, 2017, 11:24:12
Rundum gelungen, lieber Erich, die Beschreibung dieser regenwetterbedingten  Stimmung der Schwere, die alle Bestrebungen kürzt.

LG gummibasum
Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: Erich Kykal am September 16, 2017, 14:15:39
Hi Gum!

Danke für die positive Zeile!  :)

LG, eKy
Titel: Qu
Beitrag von: cyparis am Oktober 05, 2017, 16:49:26
Lieber Erich,

Dein unheilschwangeres Gedicht spricht überaus deutlich zu mir - in den Quartetten wie in den Terzetten.
Hoffentlich entspricht das nicht Deiner Gemütslage.
Solange noch nicht alle Blätter gefallen sind, stehen neue Tage auf und auch die Glücksmomente.
Es stimmt beileibe nicht fröhlich, Dein Gedicht - aber es spricht eine deutliche Sprache zu mir.

*****
von mir
und liebe Grüße!

Cypi
Titel: Re: Regentag im Donautal
Beitrag von: Erich Kykal am Oktober 05, 2017, 17:12:48
Hi Cypi!

Man kann natürlich philosophische Metaebenen hineingeheimsen, wenn man möchte, aber glaube mir, wenn ich sage, dass es mir hier vornehmlich nur um die Darstellung einer trüb-tristen Wetterstimmung ging.

Dennoch danke für deine Gedanken - sie haben mir gezeigt, dass man immer darauf achten muss, wie etwas beim Leser ankommen KÖNNTE. Und es hätte ja auch so sein können!

LG, eKy