die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Verbrannte Erde => Thema gestartet von: Erich Kykal am Juli 09, 2018, 20:55:53
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Sind wir nicht alle glücklich dieser Tage,
so unbeschwert darin und voller Hoffen?
Hat Unglück oft auch andere getroffen,
wir hatten unser Teil, ganz ohne Frage!
Betraf es auch die Eltern einst, noch ehe
das Licht der Welt wir unbedarft erblickten -
wir schweigen zu entlegenen Konflikten,
erörtern nur das eigen Wohl und Wehe.
Was scheren uns die Leidenden aus Kriegen,
den letzten haben wir doch selbst verloren!
Ein Glück - wir wurden später erst geboren
und kannten Fülle nur und weiches Liegen.
Wie können diese Fliehenden es wagen,
den Haushalt uns womöglich zu belasten!?
Es kommt noch so weit, dass wir wirklich fasten
und fürchten müssen um den engen Kragen!
Es dürfen die, die nicht ertrinken wollen,
sich eben nicht auf weite Wasser wagen!
Mag sein, sie haben Opfer zu beklagen -
sie hätten halt zu Hause bleiben sollen!
Wir sind hier alle glücklich dieser Tage,
bequem versichert, und die Kinder spielen
und lachen unbelastet unter vielen,
die auch nicht wissen von Verlust und Klage.
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Gutes Gedicht, aber ein schwieriges Thema für mich.
Westeuropa und Nordamerika haben viele Gebiete (bes. in Afrika, aber auch in Asien, Mittel- und Südamerika), in denen jetzt ständig Krisen und Krieg sind, über Jahrhunderte destabilisiert und sie dann, oft in wenig sinnvolle Landesgrenzen gepresst, verlassen und ihrem Schicksal überlassen müssen. An den Weltmarkt, dessen Gesetze sie weiter schwächen, finden sie keinen Anschluss, und so sind Armut, Krminalität und religiöser und politischer Fanatismus programmiert. Es gibt also von gewissen, auch auf Kosten der armen Länder so wohlhabenden und sicheren Staaten eine überfällige Bringschuld.
Aber dieses Bewusstsein ist, wie das Gedicht zeigt, wenig verbreitet, und wäre bei der ignoranten Mentalität, die satte und gesunde Lebensweise entstehen lässt, nur zu erlangen, wenn man Bürger unserer Länder mindestens vier Wochen in die Krisengebiete oder Flüchtlingslager steckt.
Andernfalls ist, wie geschehen, ein Umschwung von wenig belastbarer Nächstenliebe in Angst und Fremdenhass sicher, und den können wir uns ebensowenig leisten wie einen weiteren politischen Rechtsdrall.
Daher bin ich eigentlich für momentane Härten und langfristige Änderungen weltweiter Politik und der wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zu diesen armen Ländern. Aber genau das letztere ist natürlich eine Illusion, denn es bewegt sich leider nie etwas nur aus Vernunft und Moral, es sei unmittelbar nach einem Schock (persönlichem Schicksalsschlag, wirtschaftlicher Katatrophe, Epidemie, verlorenem Krieg...).
Ich selbst habe ja auch keine Flüchtlinge in meinem Haus aufgenommen und mich entsprechend eingeschränkt.
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Hi Gum!
Ich pflichte bei! Europa hat über Generationen seine "Kolonien" ausgebeutet und die Bevölkerung "zivilisiert", sodass sie in weiten Teilen von der Wirtschaft der "Herrenländer" abhängig wurden und sich nicht mehr selbst versorgen konnten! Jetzt zahlen die Nachkommen der Kolonialisten den Preis dafür.
LG, eKy
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moin moin Erich,
deinem sehr gelungenen Gedicht und den Kommentaren habe ich nichts hinzuzufügen, außer:
Indianer sind mehr Tier als Mensch, sagte der Missionar - Muslime stehen in der Rangfolge der "Religionen" hinter einem "Guten Christen". .......über Juden, die den Christenheiland kreuzigten, sollte man nicht richten. .....................SATT IST DIE GESELLSCHAFT >:D
Manchmal ist es unerträglich, ein Mitglied eines .......... zu sein, doch wir wurden hineingeboren.
CB
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Hi Curd!
Genau! Warum heißt es überhaupt "KulturKREIS", wenn es doch eh nie eine runde Sache sein kann!? >:D
Menschen haben die Welt eben gern einfach und überschaubar. Das hält Ängste in Schach. Sie verallgemeinern gern, um sich Aufwand zu sparen, an Denkarbeit wie an individueller Anpassung. Schablonen erleichtern das Leben ...
LG, eKy
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Lieber Erich,
hier
Es kommt noch so weit, dass wir wirklich fasten
bin ich über das "noch" gestolpert. Ließe man es weg, klänge es für mich flüssiger, lieber Erich.
Allen Kommentaren kann ich nur hinzufügen:
Es gibt keine Gnade der späten Geburt. Unsre Sünden der Väter werden uns folgen bis ins siebte Glied.
Allein die Sünden von Deutschen an den Hottentotten lassen mich frieren.
Liebe Grüße
von
Cypi
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Hi Cypi!
Bis ins siebte Glied? Ich komm schon mit einem kaum zurecht! ;) ;D (Männerwitz! ::))
Das "noch" ist leider unumgänglich für den Takt, und auch wichtig für die inhaltliche Aussage der aufgeplusterten Empörtheit jener, die nie wirklich darben mussten.
Zum Kolonialtrauma: alle Kolonialstaaten des 19. Jhdts haben in Afrika (aber auch überall sonst ...) gehaust wie die letzten Barbaren, sogar die Niederländer und die Belgier! Die Deutschen waren da eigentlich zu spät dran. Das soll keine Entschuldigung für ihre Untaten sein. Aber dank des verlorenen 1. Weltkriegs, wo Deutschland zu Unrecht alle Schuld auf sich nehmen musste, war es überall gesellschaftsfähig, die Deutschen (auch dank der unüberlegten Reden Kaiser Wilhelms davor) als "Hunnen" zu bezeichnen und auch so zu sehen. ::)
Wir können heute von Glück sagen, dass wir diesen Scheiß-Militarismus hinter uns gelassen haben! Zumindest für unsere Zeit ...
LG, eKy
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Wie wahr!
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Ein wirklich beeindruckendes, ja ergreifendes Gedicht!!!
Die Strophen 4 und 5, im Ton etwas an manche Brecht-Gedichte oder vielleicht auch etwas an Andreas Reimann erinnernd, packen mich ganz besonders (ohne dass das auf Kosten der anderen Strophen ginge!).
Sehr sehr sehr gelungene und wichtige Zeilen.
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Hi Sufnus!
Europa hat Afrika jahrhundertelang rücksichtslos ausgebeutet, und heute tut es so, als gingen die Folgen von Kolonialismus, Ausbeutung und Unterdrückung uns nichts mehr an. Was für eine Verlogenheit und Heuchelei!
Wenn wir keine Flüchtlinge wollen, dann wäre es an der Zeit, diesen bettelarmen Ländern endlich aus der fremdverschuldeten Misere zu helfen, anstatt ihnen einfach sozusagen die Tür vor der Nase zuzuknallen.
Vielen Dank für deine geneigten Worte! :)
LG, eKy
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Hi Sufnus!
Europa hat Afrika jahrhundertelang rücksichtslos ausgebeutet, und heute tut es so, als gingen die Folgen von Kolonialismus und Unterdrückung uns nichts mehr an. Was für eine Verlogenheit und Heuchelei!
Wenn wir keine Flüchtlinge wollen, dann wäre es an der Zeit, diesen bettelarmen Ländern endlich aus der fremdverschuldeten Misere zu helfen, anstatt ihnen einfach sozusagen die Tür vor der Nase zuzuknallen.
LG, eKy
Danke, lieber Erich
von
Cypi!