die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Zwischen Rosen und Romantik => Thema gestartet von: gummibaum am September 02, 2018, 15:40:12
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Ich fühlte einen stillen Rest
von alter Glut in mir.
Im Aschenhaufen hing sie fest
und sprach noch leis von dir.
Da kam auf einmal noch ein Brief,
fiel weiß aufs graue Grab,
als wüsste er, was darin schlief
und flüsterte hinab.
Er krümmte sich, und plötzlich fing
er Feuer, steckte mich
nach kurzem Schwelen an. - Ich ging
in Flammen auf für dich…
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Hi Gum!
S2Z3 - "darin" - Sonst fehlt eine Silbe.
S2Z4 - "flüsterte" - Es ist Konjunktiv im Präteritum. Präsens wäre: "als wisse er, was darin schlief // und flüstere hinab."
Einzige Frage: Wie kann sich ein Brief "krümmen"? Dass er ob brisanten Inhalts "emotional" Feuer fängt, mag als Bild angehen - aber wie "krümmt" sich ein Brief? Und wozu?
Abgesehen davon: Wie immer höchst gelungen! :)
Sehr gern gelesen!
LG, eKy
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Danke, lieber Erich. Ich dachte, das Papier krümmt sich schwelend, ehe es entflammt.
LG g
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Hi Gum!
Ah - so war das gedacht. Das stimmt allerdings physikalisch nicht, deshalb funktionierte das Bild für mich auch nicht. Papier krümmt sich erst im Feuer selbst, und schwelen tut es bestenfalls hinterher noch ein wenig. Vor dem Entzündungspunkt schwelt Papier nicht. Wenn es sich also ohne Feuer krümmt, dann nur wegen Feuchtigkeit ... ;)
LG, eKy
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Danke für den Hinweis, Erich. Ich hatte es aus der Kindheit, als wir noch einen Kohleofen hatten, so in Erinnerung.
LG g
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Hi Gum!
Ja eben - IM Ofen, von Hitze umgeben. Im Gedicht gibt es keinen Ofen, in dem der Aschehaufen des LyrIchs läge. Aber das Bild wird klar: Der Glutrest in diesem Haufen zündet das Papier. Aber auch das Folgebild ist physikalisch unmöglich: Wenn die Asche (oder die Glut darin) heiß genug ist, den Brief zu entzünden, dann müsste sie sich auch ohne Brief entzündet haben, wäre noch ausreichend brennbares Material vorhanden. Da dies also nicht der Fall sein kann, kann auch nur der Brief brennen - und nicht mehr die Asche.
Aber wie gesagt - was hat Logik in einem lyrischen Bilde zu suchen ... ;) Ich zähle nur wieder Erbsen ... ::)
LG, eKy
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Hi Gum!
Ah - so war das gedacht. Das stimmt allerdings physikalisch nicht, deshalb funktionierte das Bild für mich auch nicht. Papier krümmt sich erst im Feuer selbst, und schwelen tut es bestenfalls hinterher noch ein wenig. Vor dem Entzündungspunkt schwelt Papier nicht. Wenn es sich also ohne Feuer krümmt, dann nur wegen Feuchtigkeit ... ;)
LG, eKy
Du meine Güte, lieber Erich!
In der Poesie krümmt sich ein Liebesbrief wann und wo er will!
Außerdem kann er in die Nähe eines brennendes Herzens gelangen und von dieser Lohe bereits gekrümmt werden, bevor er in Flammen aufgeht.
Du gehst physikalisch an das Gedicht, nicht poetisch.
Lieber gummibaum,
das ist ein schmerzlich-schönes Gedicht, das mit seiner Glut ein altes Herz (meines) erwärmt!
Lieben Gruß
von
Cyparis
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Hi Cypi!
Mir geht es um die Nachvollziehbarkeit von lyrischen Bildern, und dazu sollten sie mit physikalischen Gesetzen, auf die man sich verlässt und die man sozusagen "gewohnt" ist, weitenteils konform gehen. Es ergibt sich so beim Lesen ja auch viel rascher das erwünschte Bild.
LG, eKy
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Lieber Erich,
ich zitiere (aus meinem unzulänglichen Gedächtnis):
"Ich möchte Worte schreiben, die das Papier versengen, auf dem sie geschrieben sind"
Das finde ich s e h r poetisch!
Lieben Gruß
von
Cypi
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Danke, liebe Cyparis, für poetisch. Wenn schon unrealistisch, so wenigstens das.
Herzliche Grüße
gummibaum