die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Wo Enzian und Freiheit ist => Thema gestartet von: Jana am Juni 14, 2019, 10:46:12
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Europa ist uns allen nicht mehr wichtig
der populismus zieht in seinen bann
man lehnt es ab, weil jeder nicht mehr kann
das friedensziel von damals - heute nichtig
doch eines abends brennt die kirche nieder
und ganz Europa steht sekundenstill
und das, was keiner eigentlich mehr will
zeigt sich in tagen drauf doch immer wieder
was längst verloren scheint, lebt durch die flammen
die einigkeit ist endlich zu erkennen
vielleicht lässt sich das rechte bald verdammen
die kirche musste brennen, musste brennen
wenn wir uns wissend weiterhin verrennen
dann müssen kirchen brennen, kirchen brennen
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Europa ist uns allen nicht mehr wichtig
der populismus zieht in seinen bann
man lehnt es ab, weil jeder nicht mehr kann
das friedensziel von damals - heute nichtig
doch eines abends brennt die kirche nieder
und ganz Europa steht sekundenstill
und das, was keiner eigentlich mehr will
zeigt sich in tagen drauf doch immer wieder
was längst verloren scheint, lebt durch die flammen
die einigkeit ist endlich zu erkennen
vielleicht lässt sich das rechte bald verdammen
die kirche musste brennen, musste brennen
wenn wir uns wissend weiterhin verrennen
dann müssen kirchen brennen, kirchen brennen
Hi Jana!
Der Verzicht auf Großschreibung (konsequenterweise hätte dann auch der Anfang klein sein müssen ...) und Satzzeichen macht das Werk schwierig zu lesen - oft weiß man kaum, wo wein Satz endet und ein anderer beginnt, oder wo eine dramatische Pause angesagt wäre. Zum Vergleich:
Europa ist uns allen nicht mehr wichtig,
der Populismus zieht in seinen Bann!
Man lehnt es ab, weil jeder nicht mehr kann,
das Friedensziel von damals - heute nichtig.
Doch eines Abends brennt die Kirche nieder,
und ganz Europa steht sekundenstill,
und das, was keiner eigentlich mehr will,
zeigt sich in Tagen drauf doch immer wieder:
Was längst verloren scheint, lebt durch die Flammen,
die Einigkeit ist endlich zu erkennen!
Vielleicht lässt sich das Rechte bald verdammen -
die Kirche musste brennen, musste brennen!
Wenn wir uns wissend weiterhin verrennen,
dann müssen Kirchen brennen, Kirchen brennen.
So läse es sich wesentlich übersichtlicher und müheloser. Solche "modernen" Sprachmanierismen wie das Ignorieren von Teilbereichen deutscher Rechtschreibung halte ich für überflüssig, und irgendwie wirkt es für mich bemüht und angeberisch, als wollte man dem Text so mehr "künstlerische Bedeutung" verleihen, oder so als befürchte man, er wäre ohne solche Kniffe nicht intensiv genug. Blödsinn! Dein schönes Sonett wirkt auf jeden Fall aus sich selbst, seinem Inhalt und seiner Sprachhabung heraus genug!
Sehr gern gelesen (in letzterer Version! ;))!
LG, eKy
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Da hast du mich durchschaut ;D
Tatsächlich dachte ich, ich katapultiere mich durch fehlende Interpunktion und sonst noch alles, was zur vernünftigen Grammatik gehört, in die Moderne.
Ich hätte es lassen sollen, deine Version ist tatsächlich schöner zu lesen. Grundsätzlich ist der Anspruch der Modernität vielleicht auch banal, denn ein Gedicht ist vermutlich zu seinem Entstehungszeiten immer aktuell.
Danke fürs Zurückholen, Lesen und Mögen,
Jana
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ich schließe mich Erichs Kritik an, liebe Jana, zumal du ja klassisch schreibst und es da seltsam wirkt...
Zum Thema: Politik und Kirche zu vermischen, ist ein Blickwinkel, den ich nicht teile. Es war kein Rechtsterror, der Notre Dame in Flammen aufgehen ließ. Zudem:
Wenn Kirchen brennen, regen die Menschen sich auf, wenn ein türkischer Laden in der keupstraße in Köln brennt, wird das unter" Kanakenstreit" abgetan.
Gerade die Moral der Gläibigen jeglicher Couleur lässt doch sehr zu wünschen übrig.
Ein Thema zum nachdenken also. Gerne gelesen mit lG von Agneta
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Hi Agneta, Jana!
George schrieb klassisch und dachte auch, er müsste seine Texte durch solch quasikünstlerische Effekte aufhübschen. Nun, bei ihm war es wohl auch nötig - kaum einer hätte sich den verquasten, selbstverliebten Schmus des ollen "Sektendichters" sonst angetan ... ;) ::)
Ich habe einst sein Werk gelesen - und damit war auch gut. Nochmal tu ich mir das nicht an ...
LG, eKy
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Ein interessantes (und nebenbei formal sehr sauber "verarbeitetes") Sonett. :)
Zwar vermeidest Du die Höchstschwierigkeit, in S2 die gleichen Reimendungen zu verwenden wie in S1, aber das ist ja nicht unbedingt zwingende Bedingung um Sonett-Status zu erlangen (ich persönlich bin da eh nicht sehr penibel, alles was 14 Zeilen, ein Mindestmaß an gebundener Sprache hat und vielleicht auch noch ein bisschen mit Reimen spielt, ist für mich ein Sonett... und wenns nur 13 Zeilen sind, isses halt ein kaputtes Sonett... ) :)
Was die fast durchgängige Kleinschreibung, abgesehen vom Wort Europa, angeht, bin ich auch nicht besonders empfindlich. :) Ehrlich gesagt, ist es mir ziemlich egal, wie in einem Gedicht geschrieben wird, ob nun alles klein oder mit Duden-konformer Groß- und Kleinschreibung, mit oder ohne Großschreibung am Zeilenanfang, mit Zeichensetzung oder ohne... ich finde, das spielt grundsätzlich eigentlich keine große Rolle - allerdings mag ich es, wenn ich das Gefühl habe, der Dichter hat sich bei seiner Wahl der Schreibweise etwas gedacht.
In Deinem Fall beinhaltet die Großschreibung von Europa schon eine gewisse Botschaft. Warum also nicht? :)
Woran ich noch etwas herumkritisieren möchte, ist, dass das Gedicht so geschrieben ist, als enthalte es eine eindeutige Lehre (was erstmal keineswegs negativ ist), aber wenn man darüber nachdenkt, was die Lehre nun eigentlich genau sein soll, wird es recht diffus.
Am Ende bleibt bei mir hängen: "wenn wir uns weiterhin verrennen, dann müssen Kirchen brennen". Und da weiß ich jetzt nicht so genau, was ich damit anfangen soll.
Persönlich hab ich schon mal überhaupt nicht vor, mich zu verrennen (wohin eigentlich? in die Rechtspopulistische, Europa-kritische Ecke?), von daher sehe ich etwas gegen das "wir" an. Und dann, wenn ich mich aus dem "wir" einfach mal ausnehme: Was soll dann diese Prognose (oder ist es eine Empfehlung)? Wenn die Europa-Feindlichkeit und/oder der Populismus weiter um sich greifen, dann müssen (= sollen?) Kirchen brennen?
Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass hier der Reim die Regie übernommen und den Inhalt etwas vergewaltigt hat. Aber vielleicht blick ich auch einfach nicht durch, was "die Botschaft" ist... von daher nix für Ungut! :)
Mag gerne mehr von Dir lesen, ob nun gereimt oder ungereimt und groß oder kleingeschrieben! :) Das ist doch das schöne an Lyrik: Fast alles ist möglich und wenn's dem einen nicht gefällt, findet's vielleicht der andere ganz wonniglich... eine große, bunte Wiese des Pluralismus! :)