die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Zwischen Rosen und Romantik => Thema gestartet von: Sufnus am August 03, 2019, 20:49:41

Titel: Zusammenschweigen
Beitrag von: Sufnus am August 03, 2019, 20:49:41
Zusammenschweigen

Wie sich dein Mund mit schöner Stille schmückt!
Ein Schweigeschrein, höchstwohlbestückt:
Der ganze Lärm der Welt,

der alles, was unsäglich ist, befällt,
bleibt heut im Stummsein gut verstaut:
Was zählt, ist niemals laut.

Die stumpfen Sinne reichen nicht zum Sinn,
Der Weg führt fern der Rede hin,
läuft über Freud und Leid

von Dir zu mir durch die geteilte Zeit,
durchs hier und jetzt - Zusammensein,
wir sind allein zu zwein.
Titel: Re: Zusammenschweigen
Beitrag von: Erich Kykal am August 04, 2019, 00:01:48
Hi Suf!

Höchst akzelerierte Sprachhabung - Chapeau! Sehr interessant auch das Hebungsschema 5-4-3 der Strophenzeilen!

S1Z2 - Ist "höchstwohlbestückt" absichtlich zusammengeschrieben. Als Steigerung von "hochwohlgeboren" ginge das noch an, aber von "wohlbestückt" gibt es keine solche blaublütige Version.

S4Z2 - Da "durchs" eine Kurzform von "durch das" ist, weist die Anwendung des Artikerls auf einen hauptwörtlichen Gebrauch der folgenden Worte hin, also: "durchs Hier und Jetzt" groß geschrieben. Oder ist dies eine der Phrasen mit (nach wie vor) Ausnahmeregulierung?

Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Titel: Re: Zusammenschweigen
Beitrag von: Agneta am August 06, 2019, 11:49:01
ein Schweigeschrein...stark, Sufnus.
Zusammenschweigen , eigentlich gibt es das Wort nicht, es erinnert an zusammenraufen. Harte Arbeit also in einer Beziehung. Sehr gerne gelesen von Agneta
Titel: Re: Zusammenschweigen
Beitrag von: wolfmozart am August 10, 2019, 11:59:03
Hi Sufnus,

das ist gute Lyrik mit philosophischem Tiefgang kombiniert.
Die Aussage macht auch etwas betroffen.

Gern gelsen

wolfmozart
Titel: Re: Zusammenschweigen
Beitrag von: Sufnus am August 12, 2019, 20:28:51
Ganz lieben Dank für die lobenden Worte! :)
"Höchstwohlbestückt" war tatsächlich der Versuch einer (ganz leicht ironisch angehauchten) Wortneuschöpfung auf der Linie von hochwohlgeboren, lieber eKy! :) Und froh bin ich auch, dass Dir der (das) Schweigeschrein positiv aufgefallen ist, Agneta... keine Ahnung, ob dieses Wortspiel aus dem Schrein und dem Geschrei schon sonstwo in der Literatur zu finden ist (wahrscheinlich schon... ), aber ich bin ein bisschen Stolz auf den Einfall... (oje... Eigenlob... )...
Formal wollte ich versuchen, den naiven Klang des Paarreims etwas aufzurauen, indem ich optisch durch die Terzett-Struktur den Paarreim verschleiert habe... :)
Lg!
S.