die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Ach Natur Vergissmeinnicht => Thema gestartet von: Eisenvorhang am Februar 17, 2020, 17:51:31

Titel: Ich trage diesen Augenblick
Beitrag von: Eisenvorhang am Februar 17, 2020, 17:51:31
Endfassung

Betrachte ich die Gipfel als die Enden dieser Welt,
dann fällt der Schnee nur einen Meter, bis ihn jemand hält:
Die Flocken springen auf den Gipfel, er trägt auch einen Hut,
und wer auf ihm nicht landen will, der hat wohl keinen Mut.

Die Diskretion kann nur der Baum mit seinem Röckchen sein,
der Wald wirkt wie ein Bart des Bergs im Anbeginn der Welt;
er trägt den Schal aus Stille, wie der Mond den Sehnsuchtsschein,
die Sterne sind ein Muttermal im weiten Himmelszelt.

Auch baut der Schnee mit seinen Kindern die Burgen auf die Sterne,
die fern im Horizont entstehn, ich will sie wiedersehn!
Ich bin ein kleiner Teil davon, verwachse mit der Ferne,
ich stell mir vor, weit fort zu sein, nie wieder will ich gehn.

Ich trage diesen Augenblick respektvoll in der Hand
und lege ihn ins Licht der Welt als Stern in dieses Land.
Titel: Re: Wo die Engel Bücher lesen
Beitrag von: gummibaum am Februar 17, 2020, 18:11:07
als wär dort niemand, der mit großen Händen
ihn liebevoll und innig hält, diskreter
Titel: Re: Wo die Engel Bücher lesen
Beitrag von: Eisenvorhang am Februar 17, 2020, 19:01:33
Perfekt, danke lieber gummibaum! :) :)
An dem Gedicht muss noch viel geschraubt werden, ich kam leider nicht weiter ...
Ich schnitze mich zu der Idee hin.  ;D
Titel: Re: Ich trage diesen Augenblick
Beitrag von: Sufnus am Februar 25, 2020, 13:21:14
Hi EV!
Ich habe mal noch ein bisschen mit den Zeilen gespielt... die Z3, die etwas unmotiviert völlig aus der gebundenen Sprache fällt, habe ich ganz vorsichtig geglättet, dabei aber extra die Hebungszahl nicht angeglichen, weil ich annehme, dass Du hier eine gewisse Rauigkeit erzeugen willst. Um dann wieder ins Sprachgleis zurück zu führen, habe ich dann die Hebungszahl in der nächsten Zeile reduziert, so dass wir im Mittelwert der Strophe wieder bei der Siebenhebigkeit rauskommen.
In der Folge habe ich die Zeilen dann so umgruppiert, dass der kindliche Paarreim der S1 durchgängig erhalten bleibt, weil mir der gut zum Tonfall dieser Zeilen zu passen scheint. Dabei habe ich noch ein paar behutsame metrische und inhaltliche Polituren vorgenommen, aber ohne dem Gedicht seine formale "Struppigkeit" ganz nehmen zu wollen. :)
Ist ein Experiment mit Deinem anregenden Sprachmaterial. :)
LG!
S.

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Ich trage diesen Augenblick

Betrachte ich die Gipfel als die Enden dieser Welt,
dann fällt der Schnee nur einen Meter, bis ihn jemand hält:
Die Flocken springen auf den Gipfel (und der trägt auch einen Hut!),
wer da nicht landen will, dem fehlt es wohl an Mut.

Die Diskretion kann nur der Baum mit seinem Röckchen sein,
er trägt den Schal aus Stille, wie der Mond den vollen Schein.
Der Wald gleicht einem Bart des Bergs im Anbeginn der Welt;
mein Sternenblick zählt Muttermale hoch ins Himmelszelt.

Auch baut der Schnee mit seinen Kindern Burgen auf die Sterne,
Ich bin ein kleiner Teil davon, verwachse mit der Ferne,
die aus dem Horizont entsteht, ich will sie wiedersehn!
ich stell mir vor, weit fort zu sein, nie wieder will ich gehn.

Ich trage diesen Augenblick respektvoll in der Hand
und lege ihn ins Licht der Welt als Stern in dieses Land.
Titel: Re: Ich trage diesen Augenblick
Beitrag von: Eisenvorhang am Februar 25, 2020, 16:02:06
Hi Sufnus,

darf ich diese Zeile übernehmen?

"er trägt den Schal aus Stille, wie der Mond den vollen Schein."

Würde aber das daraus formen:

"er trägt den Schal aus Stille, wie der Mond den Sehnsuchtsschein."

Ich finde es sehr interessant, wenn Fremdeinflüsse in das eigene Werk fließen. Wie zwei Farben, die sich treffen und sich mischen.

Ich danke Dir!

vlg

EV
Titel: Re: Ich trage diesen Augenblick
Beitrag von: Sufnus am Februar 25, 2020, 16:53:35
Übernimm gerne, was immer Dir gefällt :) Und Sehnsuchtsschein mag ich gern! :)