die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Drum Ehrlichkeit und Edelweiß => Thema gestartet von: Erich Kykal am September 30, 2020, 10:42:56

Titel: Aschenhaupt
Beitrag von: Erich Kykal am September 30, 2020, 10:42:56
Ward Bitternis aus aller Tränensüße
mir einzig nur, der ich am Leben reifte,
so viele Bilder trank und Seelen streifte,
damit ich endlos alte Sünden büße?

Ward Jugend mir zum ewigen Verhängnis,
als ich des Spottes scharfe Klinge spürte,
doch meine Kränkungen wie Waffen führte,
und nichts begriff von anderer Bedrängnis?

Ward mir die Seele hart und ungebunden,
um sie vor den Verwundungen zu schützen,
doch andrer Wunden haltlos zu benützen?

So viele Jahre lehrten mich vergeben:
Erlösung ward für andere gefunden,
doch scheinbar nicht für mich in diesem Leben.
Titel: Re: Aschenhaupt
Beitrag von: a.c.larin am September 30, 2020, 13:02:19
hi erich,

das klingt sehr traurig .das LyrIch, das sich, um sich vor gekränktwerden zu schützen, hinter dem panzer der unnahbarkeit versteckt hat, erkennt nun, dass dieser panzer  auch empathie verunmöglicht hat.
nun bleibt es einsam zurück, mit sich selbst unversöhnt.

verzeihen zu können - vor allem sich selbst und dem eigenen scheitern - das ist eine der schwierigen aufgaben des alters.

es nützt ja nichts: letztlich bleiben wir zurückgeworfen auf uns selbst.

wohl dem, der sich selbst ein freund sein kann und glücklich der, der es wagt, sich dem leben zu öffnen, immer und immer wieder.

ein tadelloses sonett (wie immer bei dir!😉)

lg, larin


Titel: Re: Aschenhaupt
Beitrag von: Erich Kykal am September 30, 2020, 14:19:38
Hi larin!

Vielen Dank für das vollmundige Lob und die vertiefenden Gedanken!  :)
Titel: Re: Aschenhaupt
Beitrag von: gummibaum am September 30, 2020, 20:59:07
Lieber Erich,

nach erlittenen seelischen Verletzungen zu verhärten und selbst auszuteilen ist eine logische Kette. Dass man dadurch allein bleibt und leicht einsam wird und verbittert, eine weitere Folge.

Falls es dir so geht, versuch doch, die vielleicht wenig gewordenen Kontakte wieder etwas zu beleben. Ich habe dich mit warmherzigen Seiten erlebt und fände es traurig, wenn du sie verlierst.

Freundschaftliche Grüße von
gummibaum

 
Titel: Re: Aschenhaupt
Beitrag von: Erich Kykal am September 30, 2020, 23:34:58
Hi Gum!

Hab Dank für deine Besorgnis und den freundschaftlichen Rat. Mittlerweile lebe ich zumeist gut mit meiner Selbstisolation. Die Gedichte ab und zu, die das Thema berühren, sind wohl nötiges Ventil für eventuelle Anwandlungen, die mich ab und an heimsuchen. Aber damit ist auch gut, und ich komme danach wieder gut mit mir zurecht.

Ein Beispiel: Vor einigen Jahren versuchte ich eine alte Bekanntschaft zu reaktivieren. Es blieb bei dem einen Treffen. Es war, als würde ich mit einem Fremden über Menschen sprechen, die wir wohl einst gewesen waren, aber schon lang hinter uns gelassen hatten. Es gab, außer den Erinnerungen, keine sympathische Schnittmenge mehr - wir hatten und wussten uns, abgesehen von den alten Geschichten, eigentlich nichts mehr zu sagen ...

Die alten Zeiten lassen sich nicht wieder herbeizaubern, und die dazugehörigen Menschen sind längst andere geworden, so wie man selbst ja auch. Und abgesehen davon gibt es eigentlich keine Kandidaten mehr, denn der einzige andere, der mir in den Sinn kam, war ausgewandert. Ich hatte nie viele Freunde, weil ich mich wohl auch nie um viele bemüht habe.

LG, eKy
Titel: Re: Aschenhaupt
Beitrag von: gummibaum am Oktober 01, 2020, 18:31:17
Danke, Erich, für deine Antwort.

LG g
Titel: Re: Aschenhaupt
Beitrag von: Erich Kykal am Oktober 02, 2020, 00:08:41
Hi Gum!

Zu deiner Befürchtung, ich könnte meine "warmherzigen Seiten" (viele sind's wohl nicht ...  ;)) verlieren: Keine Sorge, ich bleibe, wer ich bin, ob ich das nun mit jemandem teile oder nicht.  8)

LG, eKy