die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Drum Ehrlichkeit und Edelweiß => Thema gestartet von: Erich Kykal am Oktober 30, 2020, 15:45:19
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Wir träumen uns den Orten, wo die Drachen wohnen,
so gerne zu, die kahle Welt um uns vergessend,
das eigne Sein und seine Pflichten kaum ermessend
vor Scheinkonstrukten mehr, die unsre Gier belohnen.
Das klamme Leben, das wir analog uns klonen,
ist nur noch Anker für die Flucht und Sucht nach innen,
wo wir als große Helden jeden Kampf gewinnen
und keine Haltung schuldig bleiben oder schonen.
Wo wir auf dem Erreichten wie auf Schätzen thronen,
als wirkten wir im Netz den tiefsten Sinn des Lebens
aus Bits und Bytes, als wären Likes all unsres Strebens
Bedeutung und Beding, die deinen Wert betonen.
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Gute Analyse, lieber Erich, des gegenwärtigen Lebens.
Wie du schreibst, eine Flucht aus der faden und zu Verpflichtungen nötigenden Realität (die nur noch der Anker ist) in die virtuelle Welt der Abenteuer, die uns Held sein lässt und mit Likes belohnt, aber uns gleichzeitig das echte Leben stiehlt, uns selbst virtuell macht und mit Scheingenüssen abspeist.
Ein aktuelles Thema, besonders auch für die junge Generation. Aber unser Forendasein gehört auch etwas dazu.
Sehr gern gelesen.
Gruß von gummibaum
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Hi Gum!
Vielen Dank für deine trefflich treffenden Worte! :)
LG, eKy
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Hi eKy! :)
Gummibaums punktgenauer inhaltlicher Analysenanalyse habe ich nichts recht Erhellenderes hinzuzufügen, so dass mir den Zeilen nur eine Korinthe hinterherzutragen bleibt, nämlich: müsste es nicht "das wir digital uns klonen" heißen?
Jedenfalls sehr schöne Verse mit einem eindringlichem, die Strophen überwölbendem Reim! :)
Auffällig sind für mich übrigens die Drachen in Zeile 1. Spielst Du damit ganz konkret auf virtuelle Fantasy-Welten an oder stehen die Drachen metaphorisch für die Suche nach dem Unbekannten oder gar Bedrohlichen?
LG!
S.
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Hi Suf!
Danke für die freundlichen Gedanken! :)
Zur Korinthe:
Es stimmt schon so wie oben geschrieben: Würden wir unser analoges "klammes Leben" digital klonen, wäre es ja dasselbe in Pixel, also auch nicht so erstrebenswert, zudem anstrengend und ohne Zusatzleben im Kofferraum!
Ich meinte mit dem "analog klonen unsres klammen Lebens", dass wir unser reales Leben wie Abziehbilder voneinander führen, gleichgeschaltet, systemtreu - wie Klone eben.
LG, eKy