die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Zwischen Rosen und Romantik => Thema gestartet von: gummibaum am Dezember 18, 2020, 19:03:18
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Heute küssen wir uns wieder
nur an den intimsten Stellen,
und es ziehen durch die Glieder
immer wieder sanfte Wellen.
Heute kreisen unsre Hände
auf den heißen Feuchtgebieten,
und ein Seufzen ohne Ende
betet mit bei diesen Riten.
Heut entfalten wir die reichen
Seelen gänzlich und verweilen
so, bis letzte Knicke weichen
und im Knick die Risse heilen…
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Hi Gum!
Sehr lyrisch geschrieben! :)
Detail: Dass das wiederholte "Heute" eingangs von S3 verkürzt ist, stört mE. den feinen Klangrhythmus, der so generiert wurde. Bedenkenswert wäre ein anderes Verb wie zB "öffnen", das eine metrische Verkürzung in der Zeile überflüssig macht.
Was ich nicht verstehe: Von welchem "Knick", respektive "Knicken", ist in S3 die Rede?
Sehr gern gelesen! :)
LG, eKy
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Danke, lieber Erich,
die dritte Strophe muss ich überarbeiten.
Grüße von gummibaum
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Aber Knicke ist doch ganz und gar leicht verständlich - wo ist da das Problem? Die Knicke sind eben seelische Eselsohren - eine Metapher. Und im Vergessenheitsspiel der wechselseitigen Liebe werden Knicke wieder glatt und Risse wieder - ben zi bena, wie ich andernorts schrieb - zusammengefügt. Die Tiefenheilwirkung des Liebens und Geliebtwerden. :)
Und die Schlussfügungen "Knicke weichen" - "Risse heilen" finde ich ganz besonders schön gelungen, weil die beiden letzten Zeilen (obwohl sie ja nicht die Endreimzeilen sind) fast so klingen, als wären sie mit einer Art Doppelreim verknüpft.
Wenn ich bei der letzten Strophe überhaupt etwas ändern würde, dann das zweite Knick (letzte Zeile) durch das Reimwort Glück zu ersetzen. Die Knicke in der vorletzten Zeile sind eine so schöne Wendung, dass ich ihnen den Raum lassen würde, nur einmal im Gedicht anzuklingen. :)
Wo ich persönlich noch nicht ganz hin-und-weg bin, das ist die erste Strophe, die mir im Vergleich zu S2 und S3 in ihrer offenherzigen Art etwas gröber gestrickt vorkommt. "Intimste Stelle" ist mir ein wenig zu direkt formuliert und "Glieder" ist mir ein bisschen zu nah am männlichen Glied, diesem hilflosen Versuch ein Wort für des Mannes Zierde (??) zu finden.
Schon Goethe hat sich darüber beklagt, dass das Deutsche für den Penis nur unpoetische Wörter bereit hält und die alten Römer um den hübschen Ausdruck "mentula" beneidet. Später hat der Geheimrat dann die Umschreibung "Meister Iste" gefunden. Durchgesetzt hat die sich aber nicht.
LG!
S.
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Danke, lieber Sufnus,
für die gründliche Besprechung des Gedichts und die Vorschläge. Ich werde mich mit meinem Text nochmals beschäftigen.
Liebe Grüße von gummibaum