die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Verbrannte Erde => Thema gestartet von: norbert am Dezember 15, 2009, 21:46:48
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Same meiner Träume
Als ich die Samenkörner fand,
die an den Wegen lagen,
da griff ich sie mit kleiner Hand
und grub sie in den warmen Sand
in meinen Lebenswagen.
Weil mir mein Herz noch offen stand
mit all den Kinderfragen,
durchstreifte ich mein kleines Land,
auf jeden neuen Weg gespannt -
an milden, hellen Tagen.
Verschlossen ist mein Herz - und alt
geworden mit den Jahren.
Die frohen Lieder sind verhallt,
der Sand im Wagen wurde kalt,
die Räder festgefahren.
Der Same ging nicht auf, er starb
bei zu viel Lebensmühen.
Den Samen, den ich leicht erwarb,
erfror die Zeit und er verdarb,
er durfte nicht erblühen.
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hallo norbert,
welch melancholisches resümee!
stimmt mich wehmütig und erinnert an eigene, nicht aufgegangene samen.
andererseits: so ist wohl der lauf der natur- nicht alles kann sich entwickeln.
sehen wir doch am ende unserer zeit lieber auf das hin, was sich entwickelt hat: hier zum beispiel ein wunderschönes gedicht!
diese saat hat doch gefruchtet,meint
larin
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Lieber norbert,
eine sehr düstre und traurig stimmende Lebensmetapher.
Wunderschön gestaltet, metrisch sofort eingängig, reimgekonnt wie immer und zudem sehr viel tiefgründiger als viel Gejammer von Nichtwissenden.
In S3V5 stimmt es nicht ganz (mein Eindruck), denn Sand ist Singular, Räder sind Plural - da klappt es mit dem "wurde" nicht so ganz. Ein Leichtes für Dich, das evtl. zu ändern.
Du hast tiefen Eindruck auf mich gemacht.
Lieben Gruß
von
cyparis
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Lieber norbert,
ein sehr düster stimmendes Gedicht und doch nur allzu wahr.
Ich habe es mehrmals gelesen und mein Leben (denn Dein Gedicht i s t ja eine Metapher) Revue passieren lassen.
Als Same, der einst aufging, reckte man noch den Kopf, voller Unschuld und Unbedarftheit.
Eine geglaubte Ewigkeit vor Augen und nur allzu bereit, Samen zu streuen und später zu ernten.
Das Wachsen (an den Aufgaben) gab Kraft und Mut.
Das Verdorren an Unglück, Ungerechtigkeit und wirklicher Feindseligkeit des Lebens ließ welken und verdorren.
Kein Same, der Frucht gebracht hätte statt Bitterkeit und Essig.
Insofern ist Deine letzte Strophe leider nur allzu gerechtfertigt.
Noch einmal:
Erschütternd. Und wahrlich auch die Kindheit nicht verklärend sondern erfassend.
Nochmals lieben Gruß
von
cyparis
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Hallo Norbert,
ich habe zufällig dieses Werk von dir gefunden. Ich habe entschieden,
es ist es wert noch einmal an die Oberfläche zu kommen. Es sind nämlich
wundervolle Zeilen.
Der Knacki
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danke für eure kommentare!
na ja - vielleicht sammelt man auch einfach zu viele
samen ein - vllt sollte man die pflänzchen, die dann doch gewachsen sind, mehr wertschätzen...
lieber gruß
norbert
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Hallo Norbert,
manchmal spielt das Leben mit uns ganz komischen Spielchen...
Manchmal denkt man, man hat leere Hände ... und wie oft passiert es gerade in diesen Augeblicken,
dass gerade dann, umbemerkt, die schönsten Blümchen anfangen zu wachsen und zu gedeihen...
... gerade aus diesen längst vergessenen und begrabenen Samen...
Dein Gedicht ist voller Melancholie. Und trotzdem, oder gerade deswegen(?), wunderschön stimmig.
Gute Arbeit!
Sehr gerne gelesen.
Liebe Grüße
LachTräne