die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Im Gras wispert Hoffnung => Thema gestartet von: Erich Kykal am Juli 18, 2021, 11:37:19
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These
Lang nicht in der Welt gewesen.
Will ich da noch wirklich hin?
Sinnen, schreiben, Bücher lesen
ist schon lang, was ich noch bin.
Alle Kreise sind Spiralen
nach der letzten Mitte hin.
Keine Lust mehr auf die Qualen
für die Suche nach dem Sinn.
Habe gut mich eingemottet
für ein Dauern bis zum Tag,
da man mich zuletzt verschrottet,
weil ich endlich nicht mehr mag.
Antithese
Heute lockt der Sommer wieder
in die schönen, hellen Tage,
und ich komm mit Hoffnung nieder,
dass ich mich nach draußen wage.
Heute will ich Gegend schauen,
rege Stadt und ferne Hügel,
mich erheben am Vertrauen,
galoppieren ohne Zügel!
Heute Abend darf ich rasten,
voll von frischen Lebensbildern,
um die besten, wo sie passten,
in erwähltem Reim zu schildern.
Synthese
Soll ich bleiben? Soll ich fliehen?
Brütend in der Stube harren?
Einfach um die Häuser ziehen
wie die jugendlichen Narren?
Ach, wie lähmt mich diese Frage,
und die schöne Zeit verfliegt,
während ich noch zweifelnd zage,
welches Stimmungsbild obsiegt.
Ich vertage die Optionen -
irgendwann wird alles gut.
Um bis dahin mich zu schonen,
reicht mir noch der Lebensmut.
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Lieber Erich,
ein Schwanken zwischen dem Kreisen um sich und dem Ausgreifen auf Neues, das bereichern könnte, führt letztlich zum Aufschub der Entscheidung. Diese "Synthese" liegt nahe, wenn selbst die Schönheit der Natur den "Lebensmut" im Moment nicht ausreichend weckt.
Eine Dialektik, die einer bestimmten Lebensphase entspricht.
Sehr gern gelesen.
Grüße von gummibaum
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Hi Gum!
Vielen Dank für die weisen Worte! Ja, man hat sich irgendwann vielleicht tatsächlich sattgeschaut, satterlebt an der Welt, an der Vielfalt des Menschlichen, an den Schönheiten der Natur. Irgendwann mag man den Eindruck gewinnen, dass da nichts Neues mehr kommen kann, nichts, was man in der einen oder anderen Form nicht schon durchlebt oder durchlitten hat. Und irgendwann könnte man denken, dass es die Mühe nicht mehr wert ist, vor allem, wenn es dank Alter und Krankheit immer größere Mühe macht.
LG, eKy
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ich kann diese Stimmung gut nachvollziehen. habe mich wochenlang gesehnt, mal wieder alleine rauszugehen, konnte aber nicht weil ich so Schmerzen im Rücken hatte. Gestern dann bin ich in die Stadt gefahren. Habe mich ich ins Eiscafe gesetzt ( draußen), gequalmt und die Leute angeschaut. Menschen setzten sich neben mich an die Tische. Ihr Reden, so aufgeblasene Vorstandsfuzzis in Mittagspause gingen mir auf den Keks. Ich überlegte weshalb Menschen das nötig haben. Eine Gruppe Omas setzte sich. Die eine keifte die andere an, sie solle sich beim Hinsetzen mehr beeilen. Da dachte ich: Gut, dass ich keine Omagruppe habe, mit der ich in die Stadt muss. Irgendwann ging ich und als ich zubhause war, war ich irgendwie froh...
Ich denke, es trifft genau die Aussage deiner feinen Verse, Erich.
LG von Agneta
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Hi Agneta!
Ja, die Tücke liegt im Detail. Wenn man denkt: "Kenn ich eh alles schon!" oder "Da seh und hör ich eh nur wieder denselben Mist!", dann sinkt die Motivation, mal wieder rauszugehen, ohnehin gewaltig!
LG, eKy