die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Wo Enzian und Freiheit ist => Thema gestartet von: Erich Kykal am Januar 22, 2022, 12:30:15
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Aus einem Weiß, das nichts verkündigt,
nur oben ist und tagerleuchtet,
fällt Schnee, der rein und unversündigt
den alten Schmutz der Welt befeuchtet.
Das kalte Kleid macht uns vergessen,
dass er noch da ist, immerzu,
und wir beschmutzen wie besessen
das reine Bild erneut im Nu,
als könnten wir es nicht ertragen,
dass etwas an den Dreck gemahnt,
wie um uns schweigend anzuklagen,
indem man ihn nicht sieht, nur ahnt.
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Hallo Erich,
Begriffe, wie: "unversündigt" lassen an Religion denken. Insofern wird mit Dreck nicht einfach nur Abfall gemeint sein? Eher ist dann Sünde gemeint?
Der Mensch lebt sündhaft und lasterhaft. Darum beschmutzt er die Welt.
Was für einen Sinn hätte aber eine Selbstanklage?
Also ein sündiger Mensch mit Gewissen?
Die Selbstanklage scheint wenig zu bringen. Da immer wieder neuer Dreck hinzu kommt.
Vor allem: die, die Dreck machen, scheren die sich nicht einen Dreck um den Dreck?
Du wirst vielleicht mit Saulus kommen, der zum Paulus wurde...
Ja, aber wer ist schon ein Paulus?
Dir einen schönen Abend
Rocct
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Die Beschmutzung von Neuschnee dient als Bild für die Intention: Lieber den Schmutz offen zeigen, als durch Verhüllung Schande eingestehen.
Sehr gern gelesen, lieber Erich.
LG g
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Hi Roc und Gum!
Vielen Dank für eure Gedanken zu diesem Werk. Gum hat es gut interpretiert: Die Reinheit des Schnees erinnert uns daran, dass wir es nicht schaffen, sauber zu halten, was darunter ist. Die Reinheit erinnert uns an das eigene Versagen, deshalb wird der frische Schnee - so wie der Mahner gern am Scheiterhaufen verbrannt wird, um ihn zum Schweigen zu bringen - möglichst rasch auch eingesaut.
LG, eKy