die Lyrik-Wiese

Blumenwiesen => Ach Natur Vergissmeinnicht => Thema gestartet von: Erich Kykal am Oktober 27, 2023, 20:07:27

Titel: Jahres-Rad des Lebens
Beitrag von: Erich Kykal am Oktober 27, 2023, 20:07:27
Wieder trägt ein Herbst den Vater,
dem er wuchs, zu kühlem Grabe,
lässt des Sommers Erntegabe,
sein Vermächtnis in sich reifen
und begegnet bald dem Winter,
der ihm wuchs im stillen Wissen,
dass wir alle enden müssen,
ohne jemals zu begreifen.
Titel: Re: Jahres-Rad des Lebens
Beitrag von: gummibaum am Oktober 29, 2023, 11:43:57
Lieber Erich,

das wiederkehrende Denken an den verstorbenen Vater, der im Herbst nach eigenem Lebens-Herbst zu Grabe getragen wurde, ist hier schön formuliert, da der Herbst (vielleicht Metapher für den inzwischen gealterten Sohn) der Handelnde ist, das Vermächtnis des Vaters aufnimmt, in sich reifen lässt und angesichts des Winters (nahen Todes) erkennt, dass ein wirkliches Ausreifen nicht erreicht werden kann.

Das unvollständige Reimen (Vater, Winter) spiegelt das Fragmentarische.

Sehr gut gemacht!

LG g
Titel: Re: Jahres-Rad des Lebens
Beitrag von: Erich Kykal am Oktober 29, 2023, 13:16:11
Hi Gum!

Es hat mich innere Überwindung gekostet, offene ungereimte Versenden zu belassen, aber ich fand beim besten Willen keine inhaltlich geeigneten Reime in diesem Zusammenhang.  ;)

Vielen Dank für die freundliche Replik!

Ich wollte einfach die endlose, geistlose Entropie allen Lebens beschreiben, hinter der - nach meinem Dafürhaten - kein höherer Wille oder Plan steht, und der ebenso gnadenlose Wechsel der Jahreszetien erschien mir ein passendes Gleichnis zu sein. Nichts überdauert, nichts bleibt unveränderlich, nichts hat einen tieferen Sinn als den, den ein Beobachter ihm entsprechend seines Wissens- und Wertestandes aufdrückt.


LG, eKy