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Nachrichten - Sufnus

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Verbrannte Erde / Re: Blick zurück - ohne Zorn
« am: Mai 26, 2021, 10:31:01 »
Hi AL!
eKys Hoffnung schließe ich mich sehr an! :)
Spannend finde ich dann den Vergleich zwischen Deiner relativ frei gestalteten Originalfassung und eKys metrisch aufgeräumter Version. :) Ich finde dabei auch das Nebeneinander beider Varianten sehr schön. :)

Insgesamt würde ich übrigens sowohl beim Originaltext wie auch bei der geglätteten Fassung (die sicher absichtsvoll ganz nah am Original entlang formuliert ist) noch etwas Mut vermissen, konventionelle Sprachpfade zu verlassen. Der Sprung aus der Konventionalität gelingt für mich erst (dann aber ganz "schön") in der allerletzten Zeile - man könnte sagen: immerhin.

Dementsprechend ließe sich dieser Umschwung ganz zum Schluss als gewollter Knall-Effekt verkaufen, für mich wirkt es aber ein bisschen so, als sei das Ziel eines inspririerten Schreibens nur  mit Müh und Not "auf den letzten Drücker" erreicht worden. Etwas mehr Artistik oder Unkonventionalität in den vorangehenden Versen hätten daher die Zeilen für mich noch etwas überzeugender gestaltet.

Ad-hoc-Vorschlag (nur mal um eine grobe Richtung anzuedueten, was ich meine):

Ich fühlte mich bei euch weit mehr gefesselt als geborgen,
und jeder Weckruf am Morgen
ist nur ein Reim auf die Angst von Gestern.
Meine Wehmut besteht aus Überresten
namens Argwohn und ...
Klagegezeiten umnachtet - 
Anmutung: Ich laufe verkehrt
herum. Der Tag schon ganz ausgezehrt
vor lauter Kunst. Die Inszenierung,
dass ich kostbar sei.

LG!

S.

467
Eulenspiegeleien / Re: Anmut sparet nicht....
« am: Mai 26, 2021, 10:09:39 »
Hi, Ihr Lieben!
Dankeschön fürs Kommentieren! :) Ja... die Zeilen sind ein leiser Tadel der Schlichtlyrik und bedienen sich dabei des Mittels der Parodie. In Teil 1 wurde an Mühe gespart, was der Form zuungute kam und in Teil 2 hapert es an Verstand, was sich in einer gewissen Anfechtbarkeit der Bildgestaltung niederschlägt - das Eichenholzmöbel, in welches der Lesende sich betten soll dürfte eher dem Bereich des Sepulkralen als dem der Kunst zuzuordnen sein. ;)
Nur für den zweigeteilten Titel, der eKy fehlerhaft erschien, möchte ich ein gutes Wort einlegen. Es handelt sich nicht um einen (unvollständigen) indikativischen Satz mit "Anmut" als Subjekt, sondern um eine imperativische Konstruktion, bei der Anmut, Mühe, Leidenschaft und Verstand gleichrangige Objekte sind. Das ganze ist ein Zitat aus der Kinderhymne von Brecht.
Und ja, Agneta, wir machen weiter!!! :)
LG!
S.

468
Das Blöken der Lämmer / Re: Kriminalgedicht
« am: Mai 26, 2021, 09:43:59 »
Hi eKy... (sorry fürs doppelposten) ... ich hab weiter oben vergessen, auf Deine Frage bzgl. ppa einzugehen: das steht für "per procura autoritate" und meint soviel wie "stellvertretend"; die Abk. kann also in Geschäftskorrespondenz gebraucht werden, wenn der Signierende stellvetretend für den eigentlichen Obermufti unterzeichnet.
Im Kontext des Kriminalgedichts ist das natürlich ironisch gemeint, weil ja der reale Autor und das fiktive Ich gewissermaßen ein und die selbe Person sind - der fiktive Untäter muss also stellvetretend für sein nicht-fiktives Alter Ego büßen. Und da das Postulat eines realen Bösewichts, genannt "Autor", selbst wieder fiktional ist, haben wir eine Spiegel-im-Spiegel-Situation. :)
LG!
S.



469
Verbrannte Erde / Re: An Katerchen und Brüderchen
« am: Mai 26, 2021, 09:26:20 »
Hi Jen!
Auch von mir alles Liebe für Deine zwei bepelzten Freunde! :)
Da ich jetzt mal davon ausgehe, dass der Text nicht fiktional ist: Wurde bei Deinem stark abgemagerten Kätzchen eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) ausgeschlossen? Das ist, soweit ich weiß (allerdings kein Experte - also ohne Gewähr), bei mageren, älteren Katzen eher häufiger als ein Diabetes mellitus. Und Gewichtsverlust, vermehrter Durst und gesteigerte Harnausscheidung (typische Diabetessymptome) sind auch bei der Hyperthyreose die klassischen Leitsymptome. Hinzu kommt, dass unter einer Hyperthyreose auch der Blutglukose-Spiegel stressbedingt erhöht sein kann.

Zur Differenzierung ist daher die Bestimmung des Fruktosamin-Spiegels sinnvoll (bei Diabetes typischerweise erhöht, bei Hyperthyreose eher normal bis niedrig-normal). Ganz knifflig wird es dabei, wenn sowohl Diabetes als auch Hyperthyreose vorliegen. Daher sollte im Zweifelsfall bei der obigen Symptomkonstellation (Gewichtsabnahme, vermehrter Durst, vermehrtes Wasserlassen) zusätzlich zur Diabetes-Diagnostik immer auch eine Schilddrüsendiagnostik erfolgen (und zus. auch eine Überprüfung der Nierenfunktion). Idealerweise Abklärung der Schilddrüse durch Bestimmung von freiem T4 und TSH, zur Not auch durch Gesamt-T4 und TSH.

Soweit mein felines Halbwissen zur Sache... ;)
LG!
S.

470
Das Blöken der Lämmer / Re: Kriminalgedicht
« am: Mai 24, 2021, 21:40:31 »
Lieben Dank, Ihr Lieben! :)
eKys Korrekturen werde ich morgen allergernst nachtragen ... heute ... wird das nix mehr ...
Und nach gums Kommentar fühle ich mich total Blues Brothers-mäßig ... unterwegs im Auftrag des Herrn (der Poesie) ...
Peace! :)
S.

471
Drum Ehrlichkeit und Edelweiß / Re: Mein Anderssein
« am: Mai 24, 2021, 21:37:14 »
Lieber eKy!
Danke für das kleine s - wurde pflichtschuldig und "wie das Gesetz es befahl" nachgetragen. :)
LG!
S.
P.S.:
Mildernde Umstände: Bin ganz schön beschickert... ein sehr agreabler österreichischer Tropfen by the way...

472
Drum Ehrlichkeit und Edelweiß / Re: Mein Anderssein
« am: Mai 24, 2021, 20:50:35 »
Hi eKy,
das ist nach heutigen Maßstäben mit 8 Strophen a 4 Versen schon ein Gedicht der längeren Art. In früheren Zeit - als alles was längenmäßig unterhalb des Schillerschen Glockenlieds (fest gemauert in der Erden... ) rangierte als prägnant gelten durfte - hätte man das ganz anders wahrgenommen. Nunja... the times they are a changin'.... und allen Unkenrufen zum Trotz noch nicht einhellig zum Schlechteren. :)
Mir gefällt jedenfalls dieses trotzige Bekenntnis zum Anderssein. Jede Zeit - nennt sie sich auch noch so liberal - hat eine gewisse Tendenz, das Anderssein negativ zu sanktionieren. In unserer heutigen Zeit bildeten demnach nicht-gendernde, Fleischessende Skeptiker mit einer Neigung zur Lyrik die Gegen-den-Strom-Schwimmer. :)
Wie dem auch sei: Was formal bei Deinem schönen Werk besonders hervorgehoben sein will, ist die völlig regelhafte Folge der Kadenzen (weiblich-männlich) über alle Strophen hinweg und die Wiederholung der Reimendungen der ersten Strophe in der letzten, um so das Werk gebührend abzurunden. Diese Detailarbeit ist es, die ein Gedicht auf ein höheres Niveau erhebt... leider sind viele "Gedicht"-Schreiber einfach zu faul und hudeln schnell was Halbgares hin... eine freche Missachtung des Lesepublikums! Gut, dass Du Dich auch hier des Andersseins befleißigst! :)
LG!
S.

:)



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Wo Enzian und Freiheit ist / Re: Pfingstwunder
« am: Mai 24, 2021, 20:34:59 »
Hi eKy!
Bei hiesigen Tiefenbohrungen auf der (erfolglosen) Suche nach etwas völlig anderem wehte es mich in eigener Sache pfingstlich an...
In Verbindung mit Deinem unbeantworteten Kommentar, lieber eKy, war das Anlass genug, diesen Beitrag zu lüpfen, nicht ohne dies mit schönen Pfingstwünschen an die Wiesengemeinde zu verschränken! :)
...
Was also Deine Anmerkung angeht: -klünglen führt auf jeden Fall ins Saloppe, nicht ganz unvorbereitet allerdings, den das Lungengeflügel in Z2/3 ist ja bereits mehr als nur salopp schon an der Schwelle zum Kalauern. :)
Diese sprachlichen Mixta compostia aus hoher und niederer Rede haben es mir ja immer besonders angetan... da bin ich ein Epigone (der schlichteren Art) von Brecht, Benn, Rühmkorf und der ernsthaften Lyrik von Gernhardt. :)
LG!
S.

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Das Blöken der Lämmer / Re: Der Kunstfurzer
« am: Mai 23, 2021, 16:36:26 »
Freut mich, eKy & Hans, dass (jetzt aber!) mein Kommentar euch erfreute Ersprießlichkeit beschor. Ich hatte jedenfalls Spaß an meiner Anal-yse! Und dank auch, eKy, fürs Erspähen der Fehlerteufelsdreckhinterlassenschaft! Diese nachlässigen Lässlichkeiten auszumerzen will ich mir allergernst angelegen sein lassen! :)
LG!
S.

475
Das Blöken der Lämmer / Kriminalgedicht
« am: Mai 23, 2021, 16:29:16 »
Kriminalgedicht

Eine Hand wird sichtbar, fahl
ist des Mondes Szenerie.
Messerklinge! Schrei der Qual!
Sherlock, übernehmen Sie!

Pfeifenqualm und Stirn gefaltet:
Dieser Kasus ist verzwickt,
wer die Untat hier gestaltet,
der agierte sehr geschickt!

Denn kein Gärtner und kein Diener
bieten sich als Täter an,
lieber Watson, nur ein kühner
Schluss bleibt uns noch übrig dann:

Diesen Mord beging ein Dichter
ruchlos mittels Poesie,
dieser Sorte Nachtgelichter
schreibt sich selbst ein Alibi!

Sherlock, Sherlock, sehr betroffen
steh ich vor Dir ganz enthüllt,
ach, wie konnte ich nur hoffen,
dass nicht eines Tags erfüllt,

dank des Meisters klugem Schließen,
sich Gerechtigkeit an mir.
Doch muss ich die Tat nur büßen
ppa auf dem Papier!

Darum werd ich weitermachen
und ich weiß noch viele Tricks!
Flucht im Nebel. Irres Lachen.
Dammit, Watson, das war nix.





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Eulenspiegeleien / Anmut sparet nicht....
« am: Mai 23, 2021, 15:14:50 »
Anmut sparet nicht noch Mühe...

Rudi rotzt aus Kraut und Rüben
ein Poem hin (schlichter Machart),
ist an Kunst zurückgeblieben
und an Anmut wurd gespart.

Will nicht klingen, ist irgendwie schlicht
und rumpelt auch und ist nicht rund.
Nicht alles, was sich reimt, ist gleich
ein Gedicht. Das meiste ist Schund.


... Leidenschaft nicht, noch Verstand!

Heiner schreinert seinem Engel
ein Gedicht aus Eichenholz,
doch des Engelchens Gequengel
perforiert den Künstlerstolz.

Hab ich nicht die dicken Bretter
mit viel Mühe fest verleimt?
Was soll Liebeleins Gewetter?
Ist doch alles durchgereimt,

und des Metrums Hobel glättet
die Idee gemäß der Norm,
dass der Lesende sich bettet
in das Möbelstück konform.




477
Drum Ehrlichkeit und Edelweiß / Re: Der Golem
« am: Mai 22, 2021, 12:14:43 »
Hi eKy!

Der Golem, der aus Lehm geformte, willenlose Diener seines Schöpfers: Der bekannteste Vertreter ist wohl das Wesen, das der Sage nach der Hohe Rabbi Loew im Prag der frühen Neuzeit, wenige Jahrzehnte vor den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges, erschaffen hat.

Die Herstellungspraxis des Golem ist dabei durchaus anspielungsreich - aus Lehm soll ja vor Urzeiten auch ein anderes Geschöpf geknetet worden sein. Steckt also in jedem Golem auch ein bisschen Adam? Oder sollte es gar umgekehrt sein?

Dein Gedicht, lieber eKy, scheint letzterer Deutung anzuhängen, auch ohne dass es explizit ausgesprochen wird. Der besungene Golem ist in seiner hingebungsvollen Adhärenz an die Gesetze der Mächtigen eine interessante Mischung aus einem willenlosen Auftragsmörder, einem duckmäuserischen Biedermann und einem ins transzendente strebendem Gläubigen. Am Ende ist er wohl so etwas wie ein kurioses Haustier im Käfig seines Herren - ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.

Bei der ersten Strophe habe ich übrigens noch etwas gefremdelt - die Bilder sind in dieser Strophe gewissermaßen stärker als die Worte, in die sie sich kleiden; so klingt die zweite Zeile fast etwas nach Soziologensprech und erzeugt für mich auf diese Weise doch einige sprachliche Unwucht. Und auch die "Segel" in Zeile 3 sind für mich auf halbem Weg zu einer dem Reimzwang geschuldeten Formulierung, assoziiert man Segel doch eher nicht mit Frischhaltefolie oder Butterbrotpapier, in die etwas zur feuchten Aufbewahrung eingeschlagen wird. Braucht es diese Strophe wirklich?

Ab Strophe 2 glitt ich jedoch äußerst lesefreudig durch die Zeilen und landete dann durchaus unerwarteterweise (aber keineswegs zu meinem Missfallen!) bei Herrn Rilke. :)

LG!

S.




478
Das Blöken der Lämmer / Re: Der Kunstfurzer
« am: Mai 22, 2021, 10:34:01 »
Hi Hans!
Ein Thema, das luftige Leichtigkeit, ja sogar feuriges Temperament, mit  einer gewissen erdigen Note verbindet.
Zur technischen Seite der Flatulophonie sei nur ganz nebenbei angemerkt, dass Flatulisten, die längere Werke in ihrem Repertoire besitzen, ein wenig anders vorgehen als etwa Louis mit seiner interstellaren Kohlsuppe. Da die Erzeugung der für längere Spieldauern nötigen Gasmengen im Körperinneren eine etwas schmerzhafte Angelegenheit für den Interpreten wäre, besitzen geübte Flatulisten die Fähigkeit, Umgebungsluft per "Schließmuskelatmung" anzuziehen und wieder auszustoßen. Le Pet würde also - zumindest bei zeitumfänglicheren Darbietungen - keine allzugroße, auf den üblichen Verdauungsprozessen beruhende, olfaktorische Komponente generieren.
Womöglich lässt aber Dein schönes Werk, lieber Hans, diese Sphäre konventioneller Furzvirtuosität weit hinter sich und bei Le Pet handelt es sich um einen ganz neuartigen Artisten, der sich mehr der Riech- als der Tonkunst verschrieben hat: Ein Grenouille der Analparfümerie.
Nachdenklich gelesen.
LG!
S.



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Verbrannte Erde / Re: Vergebliche Fragen
« am: Mai 20, 2021, 12:30:08 »
Hi eKy!

Vierzehn Zeilen. Sonett-Alarm! :)

Nun gehört das Sonett zu den Gedichten, die häufig als verhältnismäßig formstreng verkauft werden: Es müsse ein Gedicht, um Sonett heißen zu dürfen, partout 14 Zeilen umfassen, arrangiert in zwei Quartetten und zwei Terzetten. Ausnahmsweise dürfen, nämlich beim elisabethanischen Sonett, auch mal 14 Zeilen in drei Quartetten und einem Zweizeiler (Couplet) verwendet werden. Aber damit nicht genug: Es müsse, jedenfalls beim Sonett im engeren Sinne, die Silbenzahl pro Zeile 11 Silben umfassen (oder in umarmender  Abfolge entsprechend dem Reimschema auch mal 11 oder 10 Silben). Damit immer noch nicht genug - das Reimschema wurde ja schon erwähnt: Ein Sonett habe demnach unbedingt dem Reimschema A-B-B-A / A-B-B-A / C-D-C / D - C- D zu gehorchen, mithin seien also nur zwei Reimendungen in den ersten 8 Zeilen erlaubt. Weil das den meisten Dichtern deutscher Zunge dann doch etwas zu mühsam war, waren ganz ausnahmsweise auch Sonette nach dem Schema A-B-B-A / C-D-D-C / E-E-F / G-G-F gestattet. Und die Regularien gehen munter weiter: Metrisch war nur der Jambus akzeptabel.
Eine einzige Regelquälerei.

Der mit eigenem Willen und denkendem Hirn gesegnete Leser fragt sich hier: Warum nur diese starren Vorschriften? Und die Antwort heißt ganz klar: Ei, um sie zu umgehen, zu dehnen und ganz und gar auf den Kopf zu stellen.

Es stimmt also schon: Kaum eine Gedichtform pocht so stark auf formale Regeln und in kaum einer Form werden diese so systematisch gebrochen - das ist Teil des Spiels und um das Spiel geht es ja in der Lyrik nicht zuletzt! :)
So gibt es also Sonette, die in Zeile 13 einfach abbbrechen oder nach Zeile 14 noch weitergehen, es gibt Spiele mit Metrum und Silbenzahl, es gibt Sonette, bei denen in jeder Zeile nur ein Wort vorkommt und es gibt sogar ungereimte Sonette, z. B. den berühmten "Giersch" von Jan Wagner, der als Ersatz für den Reim durchaus kunstvolle Ähnlichkeiten in Klang oder Silbenstruktur an jedem Zeilenende benutzt, so dass das Wort "Giersch" mit dem Wort "keusch" korrespondiert (klingt zumindest ähnlich - fast ein Reim) oder das Wort "darum" mit dem Wort "Tyrannentraum" (hier ist es nicht der Klang, sondern das nur sicht- aber nicht hörbare Enden der Wörter auf -um).

Wie dem auch sei - derartig weit von der Sonettform wegbewegt hast Du Dich, lieber eKy, hier zwar nicht, aber ein paar bemerkenswerte Ausnahmen hast Du Dir und uns schon gegönnt. Und das ist auch sehr gut so! :)

Erst einmal hast Du die Form des Sonetts ein kleines bisschen durch das Zusammenschreiben der beiden Terzette verschleiert - das ist aber keine ganz seltene Praxis und noch nicht gleich als Umsturzversuch zu werten. Dann sind statt der umarmenden Reime Kreuzreime am Start - der Sonett-Pharisäer mag da schon bedenklich die Stirne runzeln, aber jeder normaldenkende Leser freut sich einfach am schönen Klang und bleibt friedlich. Und dann kommt die letzte kleine Extravaganz und über die habe ich mich ganz besonders gefreut und sie trägt entscheidend zum Kunstgenuss bei: In den durch den Reim verknüpften Zeilen 12 und 13 ist nicht - wie sonst überall - ein 5-hebiger Jambus realisiert, sondern stattdessen ein 4-hebiger! Solche asymmetrischen Abweichungen in der Heberzahl gönnst Du uns sonst ja nicht, lieber eKy, aber hier finde ich das absolut stimmig und formschön, weil es - sozusagen zum Finale hin - noch einmal kurz den Lesefluss beschleunigt (das wird durch die korrespondierenden Reime der Z. 12 und 13 noch untersützt), bevor das Gedicht dann in der letzten Zeile mit wieder etwas beruhigterem Atem ausläuft. Man achte auch darauf, dass sich in Z.12 und 13 durch das fast als Schock auftauchende Signalwort "Grab" der Ton des Gedichts deutlich ändert. Vorher war es ein von sinnender Melancholie durchflochtener Habitus, jetzt wird in der Erwähnung des Grabes die Haltung viel härter und die grimmige Entschlossenheit des lyrischen Ichs, dem Anblick des Grabes stand zu halten, lässt den Leser ergriffen zurück. Auch inhaltlich also ein Wechsel der Perspektive, der den formalen Wechsel völlig nachvollziehbar macht.

Diese langen Ausführungen von mir sind ein Plädoyer, sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen von Gedichten, sehr bewusst auf die Form zu achten, sie aber auch bei Gelegenheit einmal zu durchbrechen. Letzteres kann man aber nur dann, wenn man vorher achtgegeben hat - sonst ist es kein Durchbrechen von Regeln, sondern einfach nur ein Unfall oder Versehen. Mancher Dichter versucht solche Unfälle im Nachhinein listig als schiere Absicht zu verschleiern, wenn man freundlich auf den Mishap aufmerksam macht, aber wirklich überzeugend ist das fast nie. Hier aber, in diesem schönen Sonett (ich bestehe auf der Bezeichnung, trotz der Abweichung) von Dir, lieber eKy, gibt es eben ästhetisch überzeugende Gründe für die Abweichung. Und das ist, was Kunst von Handwerk unterscheidet! :)

Sehr gerne gelesen also! :)

S.

480
Ach Natur Vergissmeinnicht / Re: Im Maiwald
« am: Mai 19, 2021, 20:44:09 »
Mein lieber gum!
Der Dank gebührt Dir für Dein wunderbares Gedicht! Der Lesegenuss hallt in mir immer noch nach! :)
LG!
S.

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