Autor Thema: Entfremdung  (Gelesen 1019 mal)

gummibaum

Entfremdung
« am: Februar 24, 2019, 00:35:53 »
Es dunkelte, als ich den Fluss
entlang ging mit den Kindern,
das Ätzende des Unglücks Kuss
in meiner Brust zu lindern.

Ein Schatten, wie ein böser Mann,
kam flüchtend uns entgegen.
Ich sah die blassen Kinder an,
ihn nur nicht aufzuregen.

Der Kinder Blicke wie gebannt
und dann nach einer Pause:
„Wo ist denn Mama hingerannt?“
Ich stotterte: „Nach Hause“…

« Letzte Änderung: Februar 24, 2019, 00:46:00 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Entfremdung
« Antwort #1 am: Februar 24, 2019, 01:40:47 »
Hi Gum!

Schön gedichtet, aber leider bekomme ich die Geschichte inhaltlich nicht auf die Reihe. Was passiert da?

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Entfremdung
« Antwort #2 am: Februar 24, 2019, 02:27:11 »
Hallo, Erich,

ich schreibe offenbar immer unverständlicher. Zu "Erlösung" hab ich dir noch eine Erklärung angehängt, und hier geht das LI  mit seinen kleinen Kindern traurig spazieren, nachdem es sich mit seiner Frau wieder gestritten hat.  Diese ist so aufgewühlt, dass sie dem LI wie eine vor sich Flüchtende folgt, doch das LI erkennt die ihm Entgegenkommende gar nicht und hält sie in der Dämmerung für einen fremden, bedrohlich wirkenden Mann. Aber die Kinder erkennen ihre Mutter natürlich und machen sich Sorgen, weil sie wie ziellos an ihnen vorbeiläuft.

LG g

         
« Letzte Änderung: Februar 24, 2019, 02:31:22 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Entfremdung
« Antwort #3 am: Februar 24, 2019, 08:45:58 »
HI Gum!

Aha, vielen Dank. Ich hab schon fast in die richtige Richtung gedacht, aber die Erwähnung des "bösen Mannes", also eindeutig männlich, hinderte mich daran, diese Gestalt mit der dem Vater entfremdeten Mutter gleichzusetzen.

Etwas Geschlechtsneutrales wie zB. ein "böser Geist" oder so, würde die richtigen Schlüsse erleichtern.

Auch die Erwähnung des Streits oder des tieferen Zerwürfnisses in einer vorgestzten weiteren Strophe würde zum besseren Verständnis beitragen und die Entfremdung erklären. So hat man nur den Titel als Anhaltspunkt, denkt beim Lesen aber erst mal an eine Entfremdung der Kinder vom Vater, weil diese Figuren bis zur vorletzten Zeile die einzigen mit persönlichem Bezug zueinander sind.
Ich weiß, du wolltest mit dem Überraschungsmoment spielen, aber hier führt zu vieles in die Irre ...

LG, eKy
« Letzte Änderung: Februar 24, 2019, 08:50:51 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Entfremdung
« Antwort #4 am: Februar 24, 2019, 12:23:16 »
Danke, lieber Erich. Ich muss das Gedicht umschreiben.

LG gummibaum

Sufnus

Re: Entfremdung
« Antwort #5 am: Februar 24, 2019, 18:50:07 »
Hey gum! :)
Auch ich habe beim ersten Lesen etwas Schwierigkeiten gehabt, dieses Gedicht zu verstehen... und ich verstehe es immer noch nicht 100%ig... aber das halte ich durchaus nicht für einen Kritikpunkt, eher gefällt mir die "Inkommensurabilität" hier ganz gut. Vielleicht solltest Du einfach im Nachhinein das "Programm" dieses Gedichts, die Entfremdung zwischen Eheleuten, über Bord schmeißen? Hier geht es um weit Unheimlicheres als bloße Entfremdung. Hier ist das Momentum des Wahnsinns am wirken. Den Schatten des "bösen Manns" würde ich drinlassen... das ist nicht die unerkannt gebliebene Frau, es ist der Doppelgänger der deutschen Romantik, dieses Schreckgespenst, das so nachhaltig an die Tiefenängste des Menschen rührte, das es als Fremdwort zum deutschen Exportschlager wurde (Dobbeltgænger, Доппельгангер, Dubbelganger, Doppelganger usw.)...

LG!

S.
« Letzte Änderung: Februar 24, 2019, 19:06:32 von Sufnus »

gummibaum

Re: Entfremdung
« Antwort #6 am: Februar 25, 2019, 19:25:29 »
Danke, lieber Sufnus. In die Romantik und zum Doppelgängermotiv wollte nicht. Es ging mir darum, dass Entfremdung, Gewalt und Einsamkeit in einer Beziehung dazu führen, dass man den anderen nicht einmal mehr erkennt. Ich werde es gelegentlich umarbeiten.

LG gummibaum


Sufnus

Re: Entfremdung
« Antwort #7 am: Februar 25, 2019, 19:54:57 »
Hi gum!
Ich weiß genau, was Du mit Deinen Zeilen wolltest - aber unter Deinen Händen sind die Verse in seltsamem Eigenleben zu etwas (das meine ich jetzt sehr subjektiv und bitte gar nicht verletztend!) viel Interessanterem gewuchert... nochmal: ich würde empfehlen, zu dem sehr wichtigen Thema von Verletzungen und Gewalt in einer Beziehung, gar einer Ehe, ein komplett neues Gedicht zu schreiben,  aber dieses Gedicht hier, das so famos zu etwas ganz anderem ausgewachsen ist (natürlich nicht als autonomer Vorgang, sondern durch die schöpferische Kraft Deines Unterbewusstseins), dieses Gedicht würde ich ungefähr so lassen, wie es ist. Womöglich könnte man die letzte Strophe etwas anpassen - aber sonst solltest Du Dir nicht mit allzugroßer Treue zum ursprünglichen Konzept selbst ins Wort fallen... :)
Ich finde diese Zeilen wirklich hochspannend und fände es schade, fast eine Profanisierung, wenn sie zu einem Gedicht über eine schrecklich gescheiterte Beziehung "zurückformuliert" würden.
Lg!
S.

Agneta

  • Gast
Re: Entfremdung
« Antwort #8 am: M?RZ 12, 2019, 17:34:04 »
irgendwie geht es mir wie Sufnus, lieber Gum, das Werk hat ein erschreckends Eigenleben entwickelt. Ein Böses, das quasi eigenständig agiert als würde es die Protagonisten manipulieren.Etwas Höheres oder Tiefergehendes wie Sufnus sagt, denn die große Frage ist doch, mit der sich das Gedicht befasst: Wie kann man sich in einer Bezehung so entfremden, was ist da geschehen?
Da dies manchmal gar nicht so fassbar ist bei getrennten Eheleuten, kommen sie nach der Scheidung besser miteinander aus als vorher.
Das Böse, das sie gefangen hielt, hat keine Macht mehr.
Allein das Unglück ist irreführend. Man denkt an einen Unfall oder gar Mord.
LG und gerne gegruselt von Agneta