Autor Thema: Querdenker  (Gelesen 1322 mal)

hans beislschmidt

Re: Querdenker
« Antwort #15 am: Dezember 03, 2020, 12:04:52 »
Hmmm....

Die unpolitische Kalenderspruchlyrik erlebt heute bestenfalls eine intubierte Reanimation der Biedermeierzeit als Folge einer auf Angst basierenden faschistoiden Polikdominanz.
Brecht, wie Adorno haben die Nachwirkungen der Untaten des "Anstreichers aus Braunau" und seiner Vernichtungslager als nach-wie-vor existierende, fast schon genetische Anomalie im heutigen Deutschland prognostiziert.

In wie weit das "Adornozitat" [■]Ich habe keine Angst vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten."[■] 2020 Relevanz besitzt, lässt sich an zwei Ebenen festmachen.

Da wäre einmal die Fliegenschissvariante des AfD Vorsitzenden mitsamt den unteren Chargen, die sich Parlamenten und Gremien festgebissen haben aber andererseits auch die Etablierten, die im Zuge des Durchregierens bemerkt haben wie effizient die faschistische Vorgehensweise funktioniert. Beide Varianten stehen sich im unerbittlichen Kampf gegenüber und bringen sehenden Auges spalterisches Unheil über das Land.

Das ist es, was uns heute an die Belastungsgrenze führt, wobei man dem Brechstangenprinzip eher die kleinere Rolle zuschreiben sollte. Die andere Seite, die das Gros der Menschen im und um den Staatsdienst auf der Mannschaftsliste hat, ist im investigativen Werdegang schon in einer Weise fortgeschritten, dass selbst sogenannte Bildungsbürger nicht begreifen wie sie hinters Licht geführt werden. Da ist die staatsfinanzierte Presse und öffentliche Medienlandschaft, die mit Falschmeldungen und inszenierten Talkformaten ein ständiges Fluidum von Angst und Ausgrenzung verbreiten und damit fast jeden Arbeitnehmer gefügig machen, ganz so wie es vor ihnen die Nazidiktatur gemacht hat. Das führt bei vielen Menschen zum Rückzug ins Private und dem Auslassen jeglicher politischen Bewertung.

Ist es das, was wir wollen? Eine Hasenexistenz unter autokratischer oder parteikaderhaften Fuchtel und Bevormundung? Wenn in einem Aufwasch der komplette Renovierungsstau eines Staates mittels eines (IfGS) Gesetzes bereinigt wird und die meisten Menschen applaudieren oder die Benachteiligten fügen sich zumindest widerspruchslos?

Wie unpolitisch die Kunst ist in solchen Zeiten, die sich auf Anprangern und Jammern versteift hat, als wäre dies das einzige Ventil dem Existenzverlust zu entgehen, zeigt den Fehler im administrativen deutschen Kunstverständnis, im Gegensatz zu den USA. Freiwillig und ohne Not behält dieses Verständnis seinen Wirkungsgrad seit Kaisers Zeiten, drittem Reich und BRD. Wer macht Kunst und ist in der Geberposition? Es sind dies ausschließlich die öffentlich bestellten Organe, als da wären: - der allmächtige Kultusminister, gefolgt vom Staatstheaterintendanten, Museumsdirektor, Landesmediendirektor usw bis runter zum kleinen Kulturamtsleiter.

Will ein Musiker. Schauspieler, Kabarettist, Kunstmaler, Bildhauer, Regisseur, Filmemacher, Journalist etc. einen Auftrag, um seine Miete zu bezahlen, braucht der Künstler das Jawort von diesen Leuten, die alle auf Linie gebürstet sind. Das heißt: - Deutsche Kunst funktioniert seit über hundert Jahren nach diesem administrativen Fördermodell. Und wer nicht spurt, ist ganz schnell weg vom Fenster. Das Kuriose dabei ist, dass die meisten Künstler von diesem repressiven Umstand nichts wissen wollen und gar nicht daran denken etwas zu ändern. Lieber greift man Fördergelder ab und stellt eine drittklassiges Filmchen bei einem Provinzfestival vor. An dieser Logik wird sich wohl nichts ändern.

Was tun in solchen Zeiten? Nein, Luthers Apfelbäumchen zu pflanzen oder sprichtwörtlich ein Gedichtlein zu schreiben, kommt nicht in Frage, denn mein Ärger ist immens. Wird sich was ändern? Eher nicht, wir nähern uns der Dysoptie von Murray.

Schöne Woche, Gruß vom Hans
« Letzte Änderung: Dezember 03, 2020, 12:08:45 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Agneta

  • Gast
Re: Querdenker
« Antwort #16 am: Dezember 03, 2020, 21:21:50 »
Ich stimme dir grundsätzlich zu, lieber Erich. es ist erschreckend, mit welchen Argumenten und auf welche Weise diese Menschen auftreten.
Querdenker- das wär etwas Positives. kritisch sein. ja. Gegen alles und alle, ja.
Die Probleme entstehen, weil die Politik zu lau ist, immer an allen Ecken offen.  Demokratie heipt nicht, mal ein offenes Wort auszusprechen und daraus auch politische Konsequenzen zu beziehen. Politiker aber sprechen keine offenen Worte mehr. Sie sprechen so, dass sie möglichst alle befriedigen, weil sie an ihren Posten kleben.
Daraus entstehen dann so abstruse Situationen, dass Impfgegner mit Nazis zusammen und anderen Welt-und Menschenverächtern auf die Straße gehen. Und neuerdings ausdrücklich proklamieren, dass sie nicht antisemitisch sind.
Und klick, Schalter gedrückt, alle Medien spielen mit, Alle Politiker spielen mit, Anstatt diese Leute einfach zu ignorieren.
Ich selbst bin sicherlich ein Querdenkender. Aber da würde ich niemals mitmachen. denn Querdenken heißt vorausschauender, vernünftiger, klüger zu denken als die anderen.
Was diese Querdenker jedoch tun, ist eine Beleidung für die richtigen Querdenkenden. Sie sind nur Opportunisten. Nichts weiter. Sie machen sich lächerlich. Und gefährden mit ihren Demos alle anderen.
LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Querdenker
« Antwort #17 am: Dezember 04, 2020, 11:28:12 »
Hi Hans!

Was soll ich dazu sagen, was nicht in den falschen Hals gerät bei soviel Wut? Vielleicht, dass es genau diese Wut sein mag, die deinen Blickwinkel einengt und verzerrt, sodass du nur noch das Negative wahrnimmst? Und belegende Fakten dafür gibt es sicher genug, keine Frage, denn keine Gesellschaft ist je perfekt, und in manchen läuft mehr falsch als in anderen, und das verschiebt sich auch noch jederzeit!
Was ich nicht verstehe: Du kannst dich immer noch und jederzeit auf jeden Marktplatz stellen und laut deine abweichlerische Meinung kundtun, ohne dass du verhaftet, verprügelt und in Folterkeller gesperrst wirst, oder dass du jahrelang in politischen Knästen verschwindest - und dennoch unterstellst du deinem Staat alles nur erdenklich Gewaltherrschaftliche und Selbstherrliche. Für mich passt das nicht zusammen.
So lang bei uns Meinungsfreiheit herrscht, gewählt werden kann, man Minderheiten nicht hetzt oder interniert, nehme ich so manchen Missstand in Kauf. Okay, sagt sich leicht als Beamter - aber ich erinnere mich noch an meine Jugendzeit im "schönen Österreich", als manche Linzer Testosteronopfer nach dem Vorbild ihrer Naziväter nach dem Tanz- oder Saufabend in der Altstadt noch "Schwule jagen" gingen, und jeder fand es okay (oder, wie in meinem Fall, tat feige so), und die verprügelten Opfer, die es anzeigten, wurden oft genug auch noch von der Polizei schikaniert. Aber es kümmerte keinen - warn ja bloß Schwule, die hatten das verdient, so damals die gängige katholische Volksmeinung.
War auch Demokratie, in der wir damals lebten ...


Hi Agneta!

Vielen Dank für dein Beipflichten. Ja richtig - ich war auch immer stolz auf mein Querdenkertum, aber dieses freiwillig bildungsferne Brüllgesocks auf den Demos hat den Begriff nachhaltig für mich kontaminiert!


LG, eKy
« Letzte Änderung: Januar 28, 2021, 23:37:15 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Querdenker
« Antwort #18 am: Dezember 05, 2020, 18:03:55 »
Hi Erich,
noch ... noch wird freie Meinung nicht mit Kerker und Folter belegt in Deutschland aber die weiße Fahne ist längst gehisst. In Saabrücken wurden 5 .... in Worten fünf Menschen mit Kerzen und Plakaten vor der Ludwigskirche von der Polizei aufgebracht und die Minidemo aufgelöst, da sie nicht im Rahmen des neuen IfSG gestattet ist. Wenn fünf Menschen das Gewaltmonopol auf den Plan rufen, lässt das eine Ahnung zu, wie es weitergeht mit unserer Polizei. Menschen werden am Arbeitsplatz gekündigt, Fußballspieler aus dem Verein  geworfen und der Innenminister von BWB hat im Interview aufgerufen Gesundheitsgefährder in medizinischeLager zwangseinzuweisen. Die Polizei Berlin ruft die Bürger auf Verstöße gegen das IfGS anzuzeigen und stellt sogar Geldbelohnungen in Aussicht.
Mag sein, dass einzelne Beteiligte leicht überreagieren aber zu übersehen sind solche Signale nicht.
Das Halali zur Impfung, die NOCH empfohlen ist, hat begonnen, denn man will bei dem Impfbeginn der Russen nächste Woche nicht ins Hintertreffen geraten.

Du hast sicher Recht damit,  dass mich die augenblicklichliche Lage einseitig dominiert aber von Scheuklappen zu sprechen, trifft nicht ganz die Sachlage. Im Gegenteil, ich habe versucht mir von der anstehenden Massenimpfung ein Bild zu machen, bin aber nicht recht weitergekommen. In Ö sieht der Lock Down ähnlich aus, in wie weit dort das staatliche Gewaltmonopol ausgeschöpft wird, weiß ich nicht.
Noch in diesem Jahr will D die ersten Menschen impfen ....

■ Halbbildung und folgenreiche Entscheidungen ■

Adornos abfällige Bezeichnung der Halbbildung, ist eine Herausforderung über die momentane Situation der Pandemie, ihren Auswirkungen und Repressalien, wie letztlich über die anstehende Entscheidung eine Impfung zu befürworten, nachzudenken.
[●]Nach Adorno wird „Halbbildung“ als eine je nach Perspektive des Urteilenden lückenhafte, oberflächliche Bildung bezeichnet, da diese nur als Selbstzweck oder zur Anpassung erworben wird.[●]

Wenn es so ist, dass ein Urteilender täglich arbeiten muss und gar keine Zeit zur Bildung haben kann, wie soll es dann möglich sein, sich zu so einem komplexen Thema überhaupt zu äußern? Die Dümmsten sind doch gerade diejenigen, die ihre Meinung ohne Rücksicht auf Orthografie am lautesten hinausposaunen. Motto:-  "Seht her - ich weiß Bescheid. Der Rest kann mich mal".
Es ist so, dass sogar das sogenannte Fachpublikum in Talkrunden gravierende Wissenslücken hat, so dass ich mich regelmäßig frage, wie es so eine Person in die erste Reihe der Politik geschafft hat. Wenn Adorno mit seinem Halbwissen Recht hat, ist dieses Beispiel der beste Beweis dafür. Ich denke dabei nicht im geringsten wie schlau oder blöd ich selber bin - im Gegenteil und das ist versöhnlich. Das Zusammentreffen von Naturwissenschaften und Soziologie, wie auch Ethik und Kunst ist so umfangreich, dass kaum jemand eine "Vollbildung" (gibts das übérhaupt?) haben kann - trotz dem Begriff Vollakademiker.

Wer - Hand aufs Herz, kann von sich angesichts einer Informationslawine von epidemologischen Sprachlabyrinthen behaupten, er hätte sich umfassend informiert, um einer Impfung vorbehaltlos zuzustimmen? Wer kann schon die täglich gequälten Begriffe des Pandemie- Szenarios wissen und definieren? ••••••

[●]Gamaleya Institut, John Hopkins Institut, Robert Koch Institut, WHO, Tegnell, Wieler, Drosten, Streek, Bhakdi, Wodarg.......
Mers-CoV, Sars-CoV-2, Covid 19, DNA basiert, RNA basiert, RNA Transskription, Inzidenz, R-Wert, Manifestationsindex, Inkubation, Aerosole, Tröpfcheninfektion, Partikelausstoß, Influenza, Wuhan, intratracheal, Perisistenz, Sputnik V, Cluster, Virunenz ..........
Basisreproduktionszahl 2,2, interquartilabstand,Superspreading, Superspreading-Event, Hot Spot, shut down, lock down, AHA Regel, Durchseuchung, aproximiertes Muster, serielles Intervall, pneumologisches Symptom, Spätfolgen, Kawasaki Syndrom, Narkolepsie.[●]

Kaum jemand, vermute ich und trotzdem haben die meisten eine klare Meinung dazu, weil sie sich, wie im Fußball alle taktischen Trainerverstand attestieren. Das ist falsch und dummdreist dazu. Worin besteht nun der genaue Unterschied zwischen dem russischen und dem westlichen Impfstoff? Wir wissen gar nichts und nehmen trotzdem freiwillig an einem Lotteriespiel teil, genau wie vor ein paar Jahren die skandischen Länder bei der Schweinegrippenimpfung. Mit dem Resultat von ein paar tausend Nakrolepsie-Patienten ( Schlafkrankheit). Die Annahme, dass eine Impfung mit einem im Schnelldurchlauf entwickelten Serum alle Probleme lösen könnte, ist sehr naiv. Es könnte ebenso sein, dass eine Nebenwirkung mit einer einhergehenden Mortalität von 1% oder mehr die aktuellen Coronatodesfälle um ein Vielfaches übertreffen könnte. Die Frage ist - wollen wir das? Oder haben wir keine Alternative und derartige Kolateralschäden sind tolerierbar, um wieder in die Normalität zurückzukommen? Ich bin eher bei der Rattentechnik. Eine Ratte frisst z.B. einen unbekannten Köder. Überlebt die Ratte, fressen ihn nach eine Weile die übrigen Ratten auch. Mit dem Kurzzeitgedächtnis können sich die Ratten nach einer Woche aber nicht mehr erinnern, welches Futter vergiftet war. Das heißt, man sollte bei Menschen erst mal ein Jahr abwarten, und Erfahrungen sammeln. Das ist sicherer als den Lauterbachs blind zu vertrauen, sogar sicherer als Adornos Vollbildung.

Schönes Wochenende .... Gruß vom Hans

Nachtrag ... das katholische Selbstverständnis war ein Teufelskreis. Gerade weil so viele Priester auch schwul waren. Die Schwulenhatz erlebt gerade einen Aufwind in Russland, wo Schwule keinen Führerschein machen dürfen. Es hat sich zwar viel geändert aber unter der dünnen Decke des Fortschritts lauert immer noch das Tier. In D verschwinden täglich Kinder und pädophile Untaten werden sogar von Jugenämtern gedeckt. Ein schmutziger Sumpf ist das... immer noch.
« Letzte Änderung: Dezember 05, 2020, 18:32:05 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)