Autor Thema: Kinderlied  (Gelesen 579 mal)

horstgrosse2

Kinderlied
« am: Mai 10, 2021, 05:56:10 »
Kinderlied (Grundschullied)


Guten Morgen liebe Sonne
guten Morgen neuer Tag,
ihr bekommt von mir ein Küsschen,
weil ich euch so gerne mag.



Ich werde gleich zur Schule gehen,
Mein Teddy bleibt zu Haus.
Denn heute ist das Wetter schön
und Teddy du räumst auf.



Die Schule ist zum Lernen da,
zum Rechnen und zum Schreiben,
die vielen Kinder die ich sah,
ich mag sie sehr gut leiden.



Die Lehrerin die ist sehr nett
und hilft uns immer wieder,
wir sind die schlausten in der Stadt
und singen schöne Lieder.



Und ist die Schule dann schon aus
dann gehen wir nach Hause,
wir räumen unsern Ranzen auf
und machen erst mal Pause.
...
..
.
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« Letzte Änderung: Mai 11, 2021, 14:03:02 von horstgrosse2 »

Sufnus

Re: Kinderlied
« Antwort #1 am: Mai 10, 2021, 12:08:11 »
Hi Horst!

Da hast Du uns eine höchst willkommene Knobelaufgabe vorgesetzt: Der Leser fragt sich nämlich durchaus verunsichert, ob diese knall-naiven Kinderverse womöglich das korrodierende Gedankengift der Ironie beinhalten. Mit anderen Worten: Was wird hier wohl gespielt? Ist das ein harmloser Gesang, der einer heilen Kinderwelt das Wort redet oder glaubt das LI seinen eigenen Worten nicht und macht sich über dieses Idyll lustig?

Ein paar Warnsignale, die in die letztere Richtung weisen, gibt es jedenfalls: Die Eingangszeile erinnert z. B. verdächtig an den Jürgen-von-der-Lippe-Song "Guten Morgen, liebe Sorgen". Auch scheint es dem an der harten Realität geschulten Geist kaum glaublich, dass (S3) das lyrische Ich, die vielen Mitschüler so ausnahmslos "gut leiden" mag,  dass (S4) die Lehrerin so vorbehaltlos "sehr nett" ist und (S4) die Schüler gar "die schlausten in der Stadt" sind. Gerade letzterer Fakt will nicht so recht zu dem doch eher harmlos-simplen Gedankengebäude (wenn der Begriff nicht schon zu hoch gegriffen ist) der Verse passen.

Wenn das aber alles nur blanke Ironie ist: Was will der Autor uns dann damit sagen? Dass Schule grässlich, Lehrer Unmenschen und Mitschüler eine Landplage sind? Auch diese Lesart will nicht so recht aufgehen, denn dafür enden die Verse doch zu friedlich und versöhnlich.
Ein kniffliger Fall. Wir rätseln. Und das ist auch gut so! :)

LG!
S.

P.S.:
Auch wenn zum naiven Tonfall gewisse metrische "Holperer" gar nicht schlecht passen, würde ich an ein paar Stellen vielleicht sachte das Metrum glätten - ohne dass m. E. völlige Regelhaftigkeit nötig wäre.
So würde ich z. B. den Wechsel vom Trochäus zum Jambus von S1 nach S2 vermeiden, da zusätzlich auch noch ein Heberwechsel (durchgängig 4-hebig in S1, abwechselnd 4- und 3-hebig in S2) erfolgt, was nach meinem Lesegefühl etwas zu viel der Irregularität ist.
Vorschlag daher: "Gleich werd ich zur Schule gehen / Teddy bleibt zu Haus. / Denn das Wetter ist heut schön / Teddy räumt heut auf." (durchgängig Trochäus, aber immer noch Durchbrechung der Regelhaftigkeit in der Hebungszahl, um das "naive", "ungekünstelte" Singen zu betonen).
Der Wechsel zum Jambus in S3 kann dann für mich ruhig zu bleiben, wie er ist, da dabei zumindest über die abwechselnde 4- und 3-Hebigkeit wieder eine Brücke zur S2 geschlagen wird. Es geht also darum, von einer Strophe zur nächsten nicht zu viele Konditionen abzuändern, sondern immer noch ein verbindendes Element aufrecht zu erhalten. Eine gewisse Abrundung ergäbe sich dann, wenn schließelich die letzte Strophe wieder zum vierhebigen Trochäus zurückkehrte und damit die Form von S1 wieder aufnähme. Meine 2 Cent zur Form ;)

horstgrosse2

Re: Kinderlied
« Antwort #2 am: Mai 11, 2021, 06:49:57 »


@Sufnus

Grüße.

Also, hier ist keine Parodie versteckt. Und es gibt insgesamt 5 Kinder Lieder.
Aber schön der Reihe nach.  Dieses Kinderlied hier fällt aus der Reihe.
Trochäus 4 Hebungen
Dann Jambus 4,3,4,3 Hebungen

Finde ich nicht ungewöhnlich. Danke für deinen Vorschlag, aber es wird so bleiben müssen. Das nächste Kinderlied fällt metrisch auch aus allen Angeln.
Aber daran denken, ein Kinderlied, für Kinder.

Ok?

Tschüss.




Sufnus

Re: Kinderlied
« Antwort #3 am: Mai 11, 2021, 11:03:40 »
Lieber Horst,

Du schreibst:

Und es gibt insgesamt 5 Kinder Lieder.

... aber an dem Punkt streike ich ;) - wenn es wirklich fünf distinkte Lieder sein sollen, warum heißt die Überschrift dann: "Kinderlied" und nicht "Kinderlieder"?! Davon abgesehen: Zumindest "Lied" Nr. 4 (für mich  ist das immer noch die vierte Strophe ;) ) stünde für sich allein genommen als inhaltlicher Torso da und "Lied" Nr 5 (aka Strophe 5  8) ) wird ja nun wohl nicht grundlos durch das eingangs stehende "Und" mit einem vorangegangenen Inhalt verklammert.

Also ganz klar: Als fünf einzelne Lieder ergibt das alles keinen rechten Sinn, hingegen stellt sich durchaus eine schöne Kohärenz ein, wenn wir diese Elemente als die fünf Strophen eines Liedes auffassen, wobei sich die Schilderung eines Schultags ergibt: morgendliches Aufstehen (S1), Aufbruch zur Schule (S2), Unterricht (S3), die günstige Wirkung der Schule auf die kindliche Bildung (S4), Ende des Schultags (S5).

Und wenn wir das akzeptieren - dass hier also nicht fünf unverbundene Einzelelemente stehen, sondern ein fünfstrophiges Lied, dann scheint mir auch mein formaler Einwand, dass eine größere metrische Angleichung dem Lesegenuss förderlich wäre, sehr stimmig - auch abseits subjektiver Geschmacksfragen. Warum also alles - nach Deinen Worten - "so bleiben muss" ist für mich höchst unnachvollziehbar.

Und was den Aspekt der Ironie angeht (Du schreibst von "Parodie", die es nach Deiner Ansicht ausdrücklich nicht sein soll) - nunja... in den Versen steckt schon eine gewisse Weltfremdheit (und das ist m. E. sehr vorsichtig ausgedrückt - frag mal eKy als Mann vom Fach!).

Vor allem bei: "die vielen Kinder, die ich sah / ich mag sie sehr gut leiden" taucht vor meinem inneren Auge ein typischer deutscher Schulhof mit dem allfälligen Mobbing der Außenseiter und dem Ausfechten der sozialen Hackordnung auf Kosten der Schwächeren auf.

Die Stimme Deines Liedes klingt für mich nach einem überaus wohlbehüteten Kind - und ich zittere bei dem Gedanken, es möchte einmal seinen geliebten Teddy in die Schule mitnehmen: Der Teddy wird, wenn es gut ausgeht, vom Klassenrowdy in eine Mülltonne gestopft, so dass der physikalische Schaden hinterher noch mittels liebevoller häuslicher Handwäsche behebbar ist; wenn es schlecht ausgeht, ist es um den geliebten Stoffgefährten geschehen. Ich mag es mir gar nicht im Detail vorstellen. Kinder sind (potentiell) grausam. Keine falschen Illusionen in diesem Punkt...

LG!

S.
« Letzte Änderung: Mai 11, 2021, 11:05:28 von Sufnus »

horstgrosse2

Re: Kinderlied
« Antwort #4 am: Mai 16, 2021, 09:29:48 »
@Sufnus



Grüße,

Zitat:

Du schreibst:

wenn es wirklich fünf distinkte Lieder sein sollen, warum heißt die Überschrift dann: "Kinderlied" und nicht "Kinderlieder"?!

A: Ganz, einfach. Es sind ältere Werke die damals Zeitlich unabhängig voneinander entstanden sind. Sowie deren Anzahl, (Der Werke), damals nicht feststand. Auch deren metrische Inhalt, stand niemals fest. Ich merke schon, du hast andere Vorstellungen, wie so ein Kinderlied auszusehen hat. Dann mach dich flugs an Werk. Ja, ich hatte in meiner Eigenschaft als Verkehrserzieher reichlich mit Kindern, Kindergarten, Schule Jugendliche und Erwachsene zu tun. Aber die kleinsten waren mir am liebsten. Die haben sich gefreut, wenn sie in den Mittelpunkt standen.

Ja, ich sehe an diesem Gedicht momentan nichts, was da konkret falsch wäre. Vielleicht entdecke ich etwas, was man besser rüberbringen könnte, vor allem kindgerecht. Denn Kinder sollen den Text verstehen.


Ok, das solls sein, danke dir.
Tschüss.