Autor Thema: Klagelied  (Gelesen 754 mal)

wolfmozart

Klagelied
« am: Dezember 22, 2018, 10:39:53 »
Heute haben wir wohl zu klagen
Von sechzig Männern wird der Sarg getragen
Daß wir Dich verloren haben
Das künden fünf pechschwarze Raben

Eine der Letzten, vielleicht die Letzte
Von uns allen Gesetzte
Schwimmt den Bach hinab. -
Fünf Raben klagen am traurigen Grab

Sonne! Oh! Verdunkle dich
Daß ich so muß schämen mich
Für die Welt, so voll Verfall.
Oh! Mir fehlt so Deine Nachtigall...

Alternative Version von Erich

Heute haben wir zu klagen,
stille ward der Sarg getragen.
Daß wir Dich verloren haben,
künden fünf pechschwarze Raben.

Mit dir ging die Allerletzte!
Unser aller Vorgesetzte
trieb den kalten Bach hinab -
Raben klagen dort am Grab.

Sonne! Oh! Verdunkle dich,
daß ich so muß schämen mich
für die Welt, so voll Verfall.
Oh! Mir fehlt die Nachtigall ...
« Letzte Änderung: Dezember 29, 2018, 12:46:55 von wolfmozart »

Erich Kykal

Re: Klagelied
« Antwort #1 am: Dezember 22, 2018, 22:51:31 »
Hi WM!

"x"en wir mal den Text (die Fehlerstellen - oder Abweichungen, wenn du es lieber so nennen willst - fett gedruckt):

Heute haben wir wohl zu klagen
Von sechzig Männern wird der Sarg getragen
Daß wir Dich verloren haben
Das künden fünf pechschwarze Raben

XxXxxXxXx
xXxXxXxXxXx
XxXxXxXx
xXxXxXxXx

Eine der Letzten, vielleicht die Letzte
Von uns allen Gesetzte
Schwimmt den Bach hinab. -
Fünf Raben klagen am traurigen Grab

XxxXxxXxXx
XxXxxXx_-
XxXxX-_
xXxXxxXxxX

Sonne! Oh! Verdunkle dich
Daß ich so muß schämen mich
Für die Welt, so voll Verfall.
Oh! Mir fehlt so Deine Nachtigall...

XxXxXxX
XxXxXxX
XxXxXxX
XxXxXxXxX


Man sieht, dass es hier nicht um Metrik geht, nur um Sprachmelodie. Bei guter Lyrik (zumindest nach meiner Ansicht) sollte allerdings beides Hand in Hand gehen.
Hier eine mögliche Version mit regelmäßigem Metrum zum Vergleich (natürlich weiß ich nicht, worum (oder um wen) es im Text wirklich geht, daher bleibt manche Formulierung Mutmaßung. Es soll aber ja nur ein Beispiel zur Textgestaltung sein):

XxXxXxXx
XxXxXxXx
XxXxXxXx
XxXxXxXx

XxXxXxXx
XxXxXxXx
XxXxXxX
XxXxXxX

XxXxXxX
XxXxXxX
XxXxXxX
XxXxXxx

Heute haben wir zu klagen,
stille ward der Sarg getragen.
Daß wir Dich verloren haben,
künden fünf pechschwarze Raben.

Mit dir ging die Allerletzte!
Unser aller Vorgesetzte
trieb den kalten Bach hinab -
Raben klagen dort am Grab.

Sonne! Oh! Verdunkle dich,
daß ich so muß schämen mich
für die Welt, so voll Verfall.
Oh! Mir fehlt die Nachtigall ...

Wichtig wäre vor allem ein regelmäßig gleichbleibender Auftakt, hier ein betonter.
Die erste Hälfte des Textes hat weibliche Kadenz, die zweite männliche. Erst öffnet sich sozusagen der Text ins Weiche, zuletzt (ver)schließt er sich wieder. Das hast du ganz intuitiv sehr gut gemacht.

Gern gelesen und bearbeitet. Nimm, was dir brauchbar erscheint oder finde eine eigene Version, wenn es dich interessiert.

LG, eKy
« Letzte Änderung: Dezember 22, 2018, 22:54:49 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

wolfmozart

Re: Klagelied
« Antwort #2 am: Dezember 29, 2018, 12:45:58 »
Hallo Erich,

dank fürs ausführliche Auseinandersetzen mit meinem Text.

Hier geht es um eine langjährige Freundin, die im Leben abgestürzt ist.
Da hab ich symbolisch ein Begräbnisgedicht geschrieben.

Ich hab deine alternative Version als ganzer genommen und an meine Urversion angefügt.
Die erste und letzte Strophe gefällt mir gut von dir, die zweite weicht schon ein bißchen viel von meiner beabsichtigten Aussage ab.
Möge der Leser vergleichen und gustieren.

Lieben Gruß und ein gutes neues Jahr

wolfmozart