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Themen - Sokrafisch

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Ach Natur Vergissmeinnicht / Waldspaziergang
« am: Dezember 31, 2019, 18:57:52 »
Ein Strahl, vom Morgen ausgestreckt,
der in die Tannentunnel ragt,
berührt ein Kind, das halb versteckt
mit Honiggläsern Hummeln jagt.

In moosgedämpfte Schritte fallen
die Flüsterfüße eines Rehs,
und muntre Amselrufe hallen
hinaus ans offne Ohr des Sees.

Mit ausgeworfnen Efeuangeln
verbeugt ein Baum sich vor dem See,
durchs grüne Haar ihm Hörnchen hangeln,
ins Wasser streckt er einen Zeh.

Da steht ein Hirsch am Wasserrand,
vergräbt, vom dichten Schilf umhüllt,
die Hufe sanft im Ufersand
und trinkt von seinem Spiegelbild.

Mir warst du, frischer Morgenwald,
zeitlebens eine Spiegelung
und war ich mal vor Sorgen alt,
dann machtest du mich wieder jung.

2
Drum Ehrlichkeit und Edelweiß / Ich bin in meinem Fleisch gefangen
« am: November 25, 2017, 16:52:22 »
Ich bin in meinem Fleisch gefangen
und in der Zelle meiner Zeit;
und lange bangend an die Stangen
der eignen engen Endlichkeit.

Mein Ahnen und mein vages Wittern,
mein klares Wissen und Kalkül
begrenzt mein Geist mit seinen Gittern,
mit seinen Fesseln mein Gefühl.

Auch meine Augen sind ein Kerker -
ich sehe nicht, was sie nicht sehn;
ich kann nur an dem einen Erker,
der Aussicht meiner Augen stehn.

So will ich manchmal fast erblinden,
die Wand nicht sehn von Geist und Sinn.
Wie soll ich nur zur Freiheit finden,
wenn ich selbst das Gefängnis bin?

Und diese Haft ist lebenslänglich,
die Todesstrafe steht am Schluss,
ich spür so stark - ich bin vergänglich
und dass ich damit leben muss.

Und einsam trag ich diese Steine,
denn jeder stirbt für sich allein
und letztlich lebt man auch alleine...
doch nein:

Wir fühlen uns als kleine Scherben,
doch sind ein unteilbarer Krug,
so fürchten wir uns vor dem Sterben,
doch Trennung, das ist Traum und Trug.




3
Wie magisch ists, wenn man im Licht
des frisch erwachten Sichvertrauens,
dem sanften eines Morgengrauens,
ganz heimlich miteinander spricht,

wenn man mit den Gedanken dicht
zusammenrückt, in sichren Wänden,
und spürt, in ausgestreckten Händen,
des andern Wärme und Gewicht,

wenn man sich Ängste sagt und zeigt
und Mut in ihrer Beichte findet
und immer tiefer sich verbindet,
wenn man danach gemeinsam schweigt.

4
Erzählungen von Tausend und einem Halm / Bachnacht
« am: Mai 25, 2017, 13:18:38 »
Um mich dehnte sich der nächtliche neuseeländische Urwald. Meine Schienbeine schnitten durch das gelassen strömende Bachwasser, dessen Boden mit Algen eingeölte und aquatisch geschmirgelte, wacklige Steine bildeten.
Eine Stirnlampe und ein stützender Wanderstock, den ich zur Stabilisierung in Steinspalten steckte, schützten mich vor Stürzen.
Ab und an schlängelten, in Kolkvertiefungen, anakondaartige Aale an meinen Waden vorbei. Exemplare der neuseeländischen Langflossenart, die bis zu 100 Jahre alt werden kann, und von den Ausmaßen ausgehend, will ich nicht ausschließen einigen Aal-Zentenaren begegnet zu sein.
Wenn ich meine Lampe auf ein Rascheln im Dickichttunnel richtete, der mich umschloss, glühten mir stets zwei oder drei aufgerissene Augenpaare entgegen, als würde ich von Urwalddämonen beschattet. In der Netzhaut der neuseeländischen Opossums hat sich, durch ihre Nachtaktivität, eine schimmernde Schicht entwickelt, die den Lichtreiz intensiviert und dadurch das nokturnale Sehvermögen steigert (das uns von der Hauskatze bekannte Tapetum Lucidum). 
Irgendwann hörte ich, mit jedem Schritt lauter werdendes Rauschen und erreichte bald ein breites Wasserfallbecken. Für einige Momente setzte ich mich auf das knirschende Kissen des Kieselufers. Und empfand dieses dröhnende, stürmische Stürzen in der kilometerweiten Stille des nächtlichen Waldes als eindringlichen Kontrast. 
Trotz der von Wald und Wasserfall gekühlten Luft, zog ich mich aus, legte die ausgeschaltete Kopflampe auf meine Kleider und watete in die prasselnde Prallzone des Wasserfalls. Und bis zum Brustkorb eingetaucht stellte ich mich, in vollkommener Dunkelheit, unter die kalte, donnernde Dusche.
Wieder bekleidet kletterte ich seitlich der steilen Kaskaden des krachenden Katarrhakts hinauf und setzte meine Wanderung fort. 
Manchmal löschte ich mein Stirnlicht und schaute - In den Erdhöhlungen am Wasserrand funkelten an Seidenfäden hunderte hellblaue Tröpfchen; Biolumineszenz betreibende Mückenlarven, die in winzigen Schleimkapseln an klebrigen Fangschnüren entlangglitten. Heller schimmernd, je hungriger sie waren. Gegen den dunklen Hintergrund der Bachmulden mimten die leuchtenden Mückenlarven einen sternenträchtigen Nachthimmel. Neben einer solchen Nische baute ich mir ein Uferbett aus welken Farnblättern und schlief ein zum gleichmäßigen Babbeln des Baches, zu dem Gurgeln der Gumpen und dem Glimmern der Arachnocampa.

5
Ach Natur Vergissmeinnicht / Im Stadtpark
« am: Mai 05, 2017, 10:54:41 »
Im Stadtpark sieht er Amseln angeln,
nach Würmern, die am Schnabelhaken,
wie die Tentakel kleiner Kraken,
zu mehreren verärgert rangeln;

und Enten, die sich schmausend bücken,
an dem zur abendlichen Feier
mit rotem Licht bezognen Weiher,
den weiße Wasserrosen schmücken.

Er hört am Teich, aus tiefster Lunge,
den Frosch mit großer Klappe quaken:
"Quak, quak, schau her, ich schnappe Schnaken
mit meiner zielgenauen Zunge."

Und keine Wolken stehn wie Wärter
am Himmelstor, die´s ihm verleiden;
Und durch die weiten Lüfte schneiden
die Schwalben wie geschwungne Schwerter.

Durchs Fernglas späht ein Falkenbiest;
und die Harpune spannt ein Reiher
am Bach und schießt durch dessen Schleier,
den schnell die Strömung wieder schließt.

Da sitzt auf einer Baumstammbank
ein Opa, die Natur genießend,
die alte Herzensblume gießend
und atmet sanft und voller Dank.

6
Ach Natur Vergissmeinnicht / Ich hör den Wald
« am: November 19, 2016, 21:32:39 »
Ich hör das Scheit im Feuer knacken
und den Gefährten Brennholz hacken,
das Schweinefleisch im Schmalze schmurgeln
und wie die nahen Gumpen gurgeln.

Ich hör die Brut des Uhus brabbeln,
den Igel durch die Kräuter krabbeln,
im Wurzelloch nach Futter kramen,
nach Würmern, Schnecken, Pflanzensamen.

Ich hör den Wind mit Wipfeln witzeln,
die Kronen kosen, kraulen, kitzeln
und säuselnd, so als würd er schmeicheln,
die Sträucher und Gestrüppe streicheln.

Ich hör den späten Vogel flattern,
um einen Falter zu ergattern
und dann ein Blatt hinunterpurzeln,
vom Ast zurück zu seinen Wurzeln.

Ich hör den Laut von tausend Dingen
aus dieser großen Stille dringen
und möchte mich vor ihr verneigen
mit tiefem, innerlichem Schweigen.

7
Erzählungen von Tausend und einem Halm / Johanniskraut
« am: Juli 22, 2015, 14:33:00 »
eine Gartenbetrachtung

Über einem Miniatur-Urwald dichten Johanniskrauts, in der entlegensten Ecke meines Gartens, fliegen Schwärme von Libellen, Käfern, Wespen und Hummeln wie exotische Vögel.
Allein die Vielfalt der Bombi (wie der treffende lateinische Titel der Hummeln lautet) gemahnt an urwaldlichen Artenüberfluss. Dort schwirrt eine schwarzpelzige Steinhummel, deren Nest vielleicht in der Felswüste der nachbarlichen Baustelle zu finden ist. Nahebei kämmt eine Erdhummel sich betulich den letzten Sandbrösel aus dem Haar. Auch sieht man mehrere Ackerhummeln, deren schwarzblonde Hinterleibsstreifung und zierlichere Gestalt an den Habitus einer Honigbiene erinnern. Und sogar eine dicke Dufthummel, die größte der europäischen,
hat sich tief dröhnend hinzugesellt.
Von den grellgelben Blütenkronen hypnotisiert hüpfen sie von Kelch zu Kelch, lassen sich den Nektar schmecken und ziehen sich, in ihrer herrlich hummeligen Behäbigkeit, die Pollen wie Pantoffeln an, um darauf in ihr Nest zurückzuschlurfen.
Sie alle summen vergnüglich und brummen noch inbrünstiger, wenn sie in den Blüten verschwinden, um durch ihr Flügelrütteln von den Staubblättern die Pollen herunterpurzeln zu lassen.
Auch eine Bande Bienen bedient sich an den Nektarien und Karpellen des Johanniskrauts. Wobei Hummeln, der Familienzugehörigkeit nach, ja ebenfalls Bienen sind, und so will ich präzisieren, dass es sich bei den nun gemeinten um Honigbienen handelt.
Und wie sie in die Kelche kriechen, stelle ich mir unwillkürlich die Blütenhüllen als Minen vor, in denen die Bienen das Gold des Nektars und der Pollen sich ergraben. Mit Stecknadelspitzhacken in den Krallen und Goldgräberhüten auf den blonden Köpfchen, halb über die Facettenaugen gezogen um nicht von der Sonne geblendet zu werden. (Ob Bienen in die Sonne schauen können?)
Doch im Gegensatz zu echtem Gold sind diese Schätze nützlich.
Denn der nährstoffreiche Nektar wird, nach seiner Verwahrung im Honigmagen der Biene, der als Frachtraum dient, im Nest vomiert und zum Teil dem Nachwuchs als Nahrung übergeben, zum Teil als Vorrat angelegt. Zu einem weiteren, geringeren Anteil wird die fruchtige Fracht aus dem Honigmagen in den wirklichen Magen weitergeschleust und von der Sammlerin selbst als Energielieferant verwendet.
Ich stelle es mir herrlich vor, als Biene in den prachtvollen Kelch zu sinken und darin genießerisch am Nektar zu nippen. Nebenbei vielleicht in ein Pollenklümpchen hineinzubeißen, die mich immer an einen Laib süßen Brotes denken lassen.

Am Rande des Krautwalds ragen drei gigantische Gänsedisteln wie tropische Übersteher hervor. In ihren Kronen patrouillieren Gartenameisen um Blattlauskolonien und schützen diese vor Marienkäfern und anderen Monstern. Im Gegenzug lassen sich die Läuse den Honigtau aus dem Hintern saugen.
Dadurch können sie gelassen an den Distelblättern knabbern und sich ihrer Selbstklonung widmen. Denn interessanterweise bestehen die meisten Blattlausgenerationen aus Klonen ihrer Mütter, sodass Männchen gewissermaßen überflüssig sind und kaum vorkommen. Vermutlich erweckt diese Tatsache den Neid vieler Feministinnen und den Wunsch als Blattlaus geboren worden zu sein.

Mitten aus den Tiefen dieses Gartendschungels schwingt sich nun, wie eine Harpyie, eine Wespe empor, die sich in ihrer Schnittigkeit und Haarlosigkeit von den flauschigen und pummeligen Hummeln und Honigbienen abhebt. Sie wirkt bedrohlich, wie eine geborene Jägerin, doch will ich anmerken, dass die erwachsene Wespe größtenteils eine Vegetariern ist und in der Regel nur tötet, um ihre Brut zu versorgen. Für ihre Beute ist das freilich kein Trost.
Doch können die Dschungelbewohner vorerst aufatmen, denn ihr Flug führt sie jenseits des Johanniskrauts, wo die offene Weite der Gartenwiesensavanne beginnt, auf welche dieser Tage gnadenlos die Sonne schlägt. Einzig ein Trampolin bietet hier eine Schattenoase. Und dort liege ich bäuchlings, genieße den Ausblick und hoffe, dass sie es nicht auf meine saftbenetzten Lippen abgesehen hat.

8
Sprüche, Gedanken, Gescheites / Beulen
« am: Oktober 01, 2014, 20:30:05 »
Gestern war ich kurz perplex,
als plötzlich mich die Einsicht traf:
Menschenbeulen sind konvex
und Autobeulen sind konkav.

9
Ach Natur Vergissmeinnicht / Nachtnomade
« am: September 26, 2014, 21:20:57 »
Ihr Mondgemälde malt die Nacht
hin auf die Firmamentfassade.
Sie schwingt den Silberpinsel sacht
zum sanften Zirpen der Zikade.

Auf kieselweichem Pfade wacht
im Einsamsein ein Nachtnomade
und singt der Nacht in Träumertracht
und barfuß eine Mondballade.

10
Wo Enzian und Freiheit ist / Kaminkind
« am: Juni 15, 2014, 16:56:01 »
 Das Kaminholz spreizt die Flammen,
hascht mit heißen Flimmerhänden
durch das Rost des Ofenrands.
Schatten tanzen sanft zusammen
an den weißen Zimmerwänden,
einen heimlich leisen Tanz.

Vor den Abendofenbränden,
unter braunen Kinderbrauen,
ein Pupillenpärchen glüht.
Und das Kind, mit warmen Händen,
wird im Staunen und im Schauen
langsam und zufrieden müd.

11
Verbrannte Erde / Regen und Wind
« am: M?RZ 22, 2014, 15:24:30 »
Manchmal muss ich feige vor mir selber fliehen
und mich wie ein Kind vor den Gedanken ducken,
die im Einsamsein durch mein Zerebrum zucken,
und vor meinem eignen Kopf den Kopf einziehen.

Manchmal will ich taub sein hinter schweren Toren,
wenn die langen Abende an Angst erkranken,
meinen Geist verschließen vor den Nachtgedanken,
die sich laut in meine innren Ohren bohren.

Eines doch erlaubt mir dann noch Trost zu finden:
wenn die grauen Schleier groß vorüberschleichen
und mir ihre ruhigen Geräusche reichen,
will ich lauschen nur, dem Regen und den Winden.

12
Das Blöken der Lämmer / Glühwurmfunke
« am: Januar 08, 2014, 20:29:34 »
Aus Wasserlinsen lugt bedeckt,
im Tümpelquell, die Rotbauchunke;
im Röhricht gaukelt, angesteckt
vom Abend, grün ein Glühwurmfunke.

Doch plötzlich löscht ein Frosch gefräßig
ihn mit gezieltem Zungenschuss -
der zähe Kopf schmeckt eher mäßig,
doch das Gesäßlicht! Ein Genuss.

13
Drum Ehrlichkeit und Edelweiß / Morgen und Abend
« am: Dezember 28, 2013, 12:55:03 »
Der Abend öffnet still die Tür.
Nun bete du, wie es dich dieser lehrt:
Sehr leise; sprich aus dem Gespür
und werde klein und in dich eingekehrt.

Wenn dann der Morgen aus den Bergen steigt,
tritt weich aus deinem tiefen Haus
und streck dein junges Staunen aus
nach allem Zauber, den die Welt dir zeigt.

14
Ach Natur Vergissmeinnicht / Neues Unbekannt
« am: Dezember 07, 2013, 00:45:56 »
Gabelgäste singen von Geästpodesten,
locken junges Licht in das verschlafne Land.
Rauchruinen weitversprengter Luftpaläste
bröckeln in der Morgensonne mildem Brand.
Spiegelungen sprießen in den Regenresten,
die vom Himmel auf den Erdengrund verbannt.
Autos, lampenfiebrig, haben schweißbenässte
Stirnen, sitzen, blitzen blau am Straßenrand.
Wie zuvor, zu all den andern Morgenfesten,
freue ich mich auf das neue Unbekannt.

15
Ach Natur Vergissmeinnicht / Morgendlich
« am: November 23, 2013, 17:04:21 »
An Blätter, die im Frühwind in den Bäumen baumeln
und Halme, die verschlafen aus den Träumen taumeln,
verteilt der junge Tag den Tau mit zarter Hand.

Und erste Sonnenstrahlen, die die Nacht verneinen,
die dunkle Welt wie einen tiefen Schacht durchscheinen,
entschlüpfen Seidenschleiern an der Erde Rand;

Ein warmes Schimmern schenken sie den kühlen Wiesen,
berühren sanft die Flügel düstrer Mühlenriesen
und spülen fort die Finsternis aus ihrem Land.

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