Autor Thema: Aufdringlich  (Gelesen 852 mal)

cyparis

Aufdringlich
« am: April 24, 2014, 19:11:28 »


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Sie sprang mich an, sie, die nach Liebe gierte.
Ihr quoll der Liebeswunsch schier aus den Augen.
Als ich sie nicht als Herzen-Königin hofierte -
warum auch? Priesterinnen können mir nicht taugen -
fand sie sich, tränenschwer, zurückgestoßen.

Sie hat dann andre Dichter angesprungen.
"Du, Du bist der Lebensfreund, der Wahre!
Warum hast Du mein Lied nicht heiß besungen?
ICH bin die Schöne, Zarte, Klare!
Die schönste aller Stambul-Rosen!

Mir gehts ja nicht so um die Leute.
Die finde ich auch dort und da.
Mir gehts um mich und hier und heute!
Mir selbst bin ich  - Dir nicht? - so unersetzlich nah!

Hab ich  mich heut umsonst geworfen
an Deine welkend alte Brust,
an Deinen nicht mehr schönen Greisenbauch?
Ich besah auf Deiner Stirn die Schorfen
(die neue Crème rieb ich bewußt!),
und riet: Schluß mit dem eklen Tabakrauch?"

Unermüdlich flitzte sie umher
in allerhübschster Sandalette.
Sah als Engel sich, als Amorette.
Verletzte meinen müden Fuß recht nebenher.

Sie wollte Irrwisch sein durch ihre Possen.
Drei Begleiter? Nicht genug! Fast hatte sie vergessen
minütlich mündlich zu lobpreisen .
Stundenlang wurd scharf geschossen.


Das hat bis heute sie mir nicht verziehen.
Istanbul war wirklich fad und leer.
Hilfe wollt sie nicht, nicht unsre Mühen.
Sie wollt' - vergebens! - dichtrisch blühen.
Zumindest tränenreich erglühen.

Bis heut hat sie uns nicht verziehen.
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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