Autor Thema: Gegenwart  (Gelesen 1396 mal)

cyparis

Gegenwart
« am: Dezember 26, 2014, 19:15:12 »
Zeiten und Bilder




Ich will an meine Bilder rühren!
Was sonst bleibt mir denn an Gestalt?
Ich will sie sehen, die Gesichter spüren.
Die Blicke dieser Bilder -
die Blicke, die mich führten, führen:
sie machen kostbar mir mein "Alt!".

Wer will, der raube mir die Bilder.
Er sei gegrüßt als letzter Gast.
Er macht die Sehnsucht milder
und langsamer der Schritte Hast.


Schilde sind mir meine Bilder.
Oriflamme schmilzt in Kanellüren,
- Träume verführen nicht -
und ohne die leiseste Hast
hast Du meine Zeit erfaßt.

Ohne daß mein  Bild zerbricht!


adhoc fiebrig
26. Dezmeber 2014


********

Nach Bearbeitung durch Aspasia:





Ich will an deine Bilder rühren,
was sonst ist mir geblieben?
Will daraus deine Blicke spüren,
wie sie mich führten und noch führen
und selbst im Bild noch lieben,
wie sie mein Altsein kostbar machen,
im Herzen Freude mir entfachen.

Und kommt der Räuber meiner Bilder,
sei er gegrüßt als letzter Gast:
Durch ihn wird meine Sehnsucht milder,
das Herzweh vager und gestillter
und langsamer der Schritte Hast.
Bis dahin sind sie Schutz und Schilde,
der Dornenkranz um mein Gefilde.

Einst sehe ich das letzte Licht,
doch niemals, dass dein Bild zerbricht.

« Letzte Änderung: Januar 03, 2015, 08:23:01 von cyparis »
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

cyparis

Re:Gegenwart
« Antwort #1 am: Januar 02, 2015, 22:00:46 »
Zumindest von gummibaum,

der mich inspirierte,
hätte ich ein Kommentarchen erwartet. :)

Vielleicht liest ja noch wer?
Der Schönheit treu ergeben
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Aspasia

  • Gast
Re:Gegenwart
« Antwort #2 am: Januar 03, 2015, 08:01:15 »
Vielleicht liest ja noch wer?

Ja ... und da habe ich erst einmal eine Menge zu meckern.

In dem Gedicht ist zweimal von Hast die Rede, und so scheint es auch entstanden zu sein: hastig. Das wirkt kontrapunktisch zu seinem Inhalt, der eigentlich ein stilles Abfinden mit dem Unabänderlichen erzählen will, wo nur noch die Bilder zurückbleiben.

Dem Leser - zumindest mir - fällt es schwer, sich mit dem Lyrischen Ich zu identifizieren, die Distanz ist zu groß. Es fehlt der direkte Blick auf die Bilder, der nur dem LI vorbehalten ist. Besser wäre meiner Ansicht nach gewesen, ein Zwiegespräch zwischen dem LI und der Person auf dem Bild zu schildern, um den Leser stärker in den Text hineinzuziehen.

Die letzte Strophe verstehe ich nicht, weder vom Inhalt noch von der Wortwahl her. Ich weiß nicht, was eine Kriegsflagge wie die Oriflamme hier bedeuten soll, das Wort "Kanellüren" kenne ich nicht und konnte ich auch nirgendwo finden.

Die Form: Da die Reime ohnehin nicht durchgehalten wurden, stellt sich die Frage, ob in diesem Falle nicht der freie Rhythmus vorteilhafter gewesen wäre. Ich habe es aber trotzdem mal versucht, das Gedicht in Reimform umzuarbeiten (war nicht ganz einfach und könnte sicher noch besser gemacht werden). Hier also das Ergebnis, wobei ich das Zwiegespräch zwischen LI und LD gewählt habe:

Ich will an deine Bilder rühren,
was sonst ist mir geblieben?
Will daraus deine Blicke spüren,
wie sie mich führten und noch führen
und selbst im Bild noch lieben,
wie sie mein Altsein kostbar machen,
im Herzen Freude mir entfachen.

Und kommt der Räuber meiner Bilder,
sei er gegrüßt als letzter Gast:
Durch ihn wird meine Sehnsucht milder,
das Herzweh vager und gestillter
und langsamer der Schritte Hast.
Bis dahin sind sie Schutz und Schilde,
der Dornenkranz um mein Gefilde.

Einst sehe ich das letzte Licht,
doch niemals, dass dein Bild zerbricht.


Lieben Gruß
Aspasia
« Letzte Änderung: Januar 03, 2015, 08:33:15 von Aspasia »

cyparis

Re:Gegenwart
« Antwort #3 am: Januar 03, 2015, 08:21:42 »
Liebe Aspasia -

ich gebe Dir von A - Z recht;
das war ein Fieberausbruch, ein Herausbrechen von Erinnerungs- und Gefühlsfetzen.
Eigentlich hatte der Text, wenn ich ehrlich bin, gar keinen Kommentar verdient.

Hab Dank für Deine Bearbeitung, die ein einigermaßen harmonisches und schlüssiges Gebilde schuf.

Ich erlaube mir, dieses Gebilde unter die Originalwirrnis zu stellen.
Der Unterschied ist eklatant.


Herzlichen Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
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