Auch mich erinnert - genau wie Agneta - der Anfang des Gedichts an das Tischgebet "Komm, Herr Jesu, sei unser Gast", weitere christliche Assoziationen kann ich allerdings nicht erkennen. Oder sollte das "erlöse" in Z5 in diese Richtung gehen? Wohl eher nicht. Vogel und Springquell (Geysir?) bleiben in ihrer Bedeutung somit rätselhaft (was nichts Schlechtes ist!).
Eine seltsame Sache ist das aber schon mit diesem Vogel: er ist "sanft" und "erlöst" und nimmt den "Welten Schmerz", andererseits schwingt er sich "bleiern" vom Ast und, wenn er dem LI das Gefieder ins Gesicht "drücken" und die Lieder "ersticken" soll, erinnert er eher an ein Kissen, das dem siechen, aber noch lästig langlebigen Erbopa ins Gesicht gedrückt wird.
Diese Zwielichtigkeit des Vogels ist eigentlich ein ganz interessanter Aspekt, aber für mich überwiegt hier eher die Verwirrung und ich kann mich weder in das LI noch in den Vogel so richtig einfühlen. Es läuft m. E. auf ein vom LI herbeigesehntes "Gefühl der Gefühllosigkeit" an der Schwelle vom Weltschmerz zur manifesten Depression hinaus, aber ich mag mich da grandios täuschen.
Vielleicht ist mit dem nicht weiter ausgeführten Springquell, der Anspielung auf ein Gebet, dem Vogel und dem etwas abstrakt leidenden LI einfach ein bisschen zu viel in ein dafür etwas zu kurzes Gedicht gepackt worden? Wenn nach "der Tränen Lieder" schon Schluss wäre und auch der Springquell rausflöge, bliebe das Gedicht immer noch vieldeutig und leicht abgründig, würde für mich persönlich aber gewinnen.
Trotz einer gewissen Unsicherheit im Hinblick auf die Interpretation gern gelesen "habende" Zeilen!

Liebe Grüße!
S.