Lieber Sufnus,
Endlich lese ich nach Stunden des Stöberns eine lyrische Offenbarung, die man so nicht an jeder Ecke trifft.
Du lebst jetzt im Nest der Winde:
Verrufen und verschallt,
zeitloses Angebinde,
entwunden solider Gestalt.
Die Hingabe an etwas Unausweichliches, verquickt mit der Wohligkeit des Werdegangs einer losgelösten Peristaltik. Das ist großes Lyrik-Tennis!
Allein schon der immense Aufschlag in S1 führt den Leser prophetisch gleich in Z1 zu dem Schlüsselbegriff "Winde" und wer hätte nicht schon die Unduldsamkeit in einem engen Fahrstuhl, zusammen mit anderen Menschen am eigenen Leib erfahren, wenn solche Naturphänomene sich olfaktorischer Aufmerksamkeit erfreuen?
Aber es kommt noch besser, denn in Z2 genügt der Hinweis "verrufen" um die Fragestellung einer Solidarität innerhalb dieser kleinen Fahrstuhlgruppe aufzuwerfen, um sie postwendend aufzulösen, in dem sie sich im Epizentrum der Gruppe mit akustischem Trotz (verschallt) entlädt, deren Aufmerksamkeit sich nun niemand mehr entziehen kann und verflüchtigt sich als bald in Z3 als "zeitloses Angebinde".
Großartig wie dieser wage Aggregatzustand es mit Mühe geschafft hat sich in Z4 an solider Gestalt vorbei zu zwängen, nicht ohne entsprechendes Odeur aufzunehmen.
Die weitere Entwicklung dieses bemerkenswerten Sonetts schickt sich an den geneigten Leser zwischen drei und Vierhebern in stochastischen Rhythmen zwischen Jamben und Daktylen zu schaukeln, bis zum folgerichtigen Schlusstakt "brichts".
Vielen Dank, lieber Dichterfreund für dieses Werk, welches fast der Aufmerksamkeit der Kollegen entgangen wäre.
Gerne und mit großem Interesse gelesen. Gruß vom Hans