Autor Thema: Was vom Leben übrig bleibt  (Gelesen 589 mal)

Erich Kykal

Was vom Leben übrig bleibt
« am: Juli 11, 2019, 16:03:31 »
Woraus wir uns verschenken und behalten,
erwächst uns neu aus jeden Tages Reise,
und jeder wächst danach auf seine Weise,
und birgt es sanft in seiner Züge Falten.

Ein ewiges Erhitzen und Erkalten,
daran sich unser Leben müdeschleift,
bis der verebbende Verstand begreift:
Vergessen ist zuletzt sein treues Walten.

Der Ruhm ist kurz, gemessen an Äonen,
und keine Seele bleibt in der Geschichte,
die man in Ewigkeiten sich erzählt.

Der gute Ruf, den wir bedächtig schonen,
ist nur Dressur der angepassten Wichte,
von denen keiner eine Seite wählt.
« Letzte Änderung: Juli 11, 2019, 16:07:42 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Martin Römer

  • Gast
Re: Was vom Leben übrig bleibt
« Antwort #1 am: Juli 11, 2019, 16:44:54 »
Du bist ja in den letzten Tagen richtig im Rausch! Gleich meinen Bösen, sozusagen....

Auch ist interessant, dass wir vielleicht quasi im Wind ebenfalls miteinander kommunizieren.
"Von denen keiner eine Seite wählt" - ich nenn sie "Flätterschäflein" in meinem Vernichtungsgesang, an dem ich gerade arbeite bei Schäfchenwolken und bei Mondenschein.

Bis der verebbende Verstand begreift: Vergessen ist zuletzt sein treues Walten

Aber nein! Vielleicht wird irgendwann mein Verstand dahindämmern oder alles wird im Nichts aufgehn. Bis dahin - halb glücklich, halb natürlich todunglücklich darüber - hab ich fast alles um mich herum, was in meinem Leben je geschah.



Ja, das geht ja schon ins Prassen mit deinem - und sogar philosophisch angehauchtem - Virtuosensein. Aber ich habe ja schon manchmal erwähnt, dass ich nicht so oberflächlich eingestellt bin: paar Tage leuchtet das Gedicht und dann verschwindet es auf Nimmerwiedersehen.


Und unser Gespräch - hauptsächlich wurde Menschtümmelei angesprochen - werd ich auch noch weiterführen, heute Abend vielleicht.


Ob mir jemals Ruhm wird und ein gutes Treiben, tja, das steht in den Sternen. So viele scheußliche Begebenheiten......  Ich komm da in letzter Zeit auf mystische Gedanken: wenn die Bösen es so einfach hatten,......


"Dressur der angepassten Wichte" ...... auch wieder vielleicht ungewöhnlich streng für dich.......


So, das möge fürs erste genügen. Und natürlich sind die makellosen Strophen eine Erlabung.


Bis dann, bis später, viele Grüße:

das Geschöpfelein mit schlechtem oder mit gar keinem Rufe.....

Erich Kykal

Re: Was vom Leben übrig bleibt
« Antwort #2 am: Juli 11, 2019, 17:04:15 »
Hi Martin!

Bei dem, was man heutzutage allzu leicht als "Ruf" ausfasst (siehe Shitstorms in den social media usw ...), wäre es vielleicht ohnehin besser, anonym zu bleiben ...  ::) >:D

Vielen Dank für deine ausführlichen Gedanken! - Und ich kann "streng" eben auch, wenn's muss ...  ;) ;D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Was vom Leben übrig bleibt
« Antwort #3 am: Juli 13, 2019, 13:09:41 »
so ist es, lieber Erich. Darum sage ich ja immer: Ist der Ruf erst ruiniert, lbest du völlig ungeniert.
In der Tat sind diese gesellschaftlichen Maßlatten nicht wirklich wichtig.
LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Was vom Leben übrig bleibt
« Antwort #4 am: Juli 13, 2019, 15:13:35 »
Hi Agneta!

Vielleicht mache ich mir als Kinderloser mehr Gedanken über das, was von mir bleiben wird, als manch andere, wer weiß. Ich sehe gern meine Bücher, meine Werke als meine Kinder und stelle mir vor, wie sie irgendwann vielleicht, lange nach meinem Ableben, "neu entdeckt" werden und endlich viele Leser gewinnen, eine breite Öffentlichkeit erobern.

Eitle Träume von der eigenen Bedeutung - letztlich bleibt nichts von uns übrig, egal, ob man seine Gene weitergibt oder nicht. Selbst so geschichtsträchtige Individuen wie Einstein, Hitler oder Napoleon gerinnen nach Jahrhunderten zu bloßen Klischeevorstellungen, reduziert auf ein paar Jahreszahlen oder Zitate.
Bei vielen wird man, ist genug Zeit verstrichen, nicht mal mehr wissen, ob sie tatsächlich existiert haben, wie zB König Arthur, Robin Hood, William Shakespeare oder Marco Polo!

Die Erinnerung der Menschen spielt seltsame Streiche, und unsere heutigen Möglichkeiten der Speicherung von Informationen sind komplex und anfällig (niemand schreibt noch auf Tontafeln oder graviert in Stein) - nach einem möglichen Kataklysmus wird kaum etwas davon übrig bleiben, das späteren Generationen, so es sie gibt, unsere Zeit beschreibt.

Und genetische Unsterblichkeit ist eine Illusion: Nach ein paar Jahrtausenden spätestens hat sich dein Beitrag dazu mit höchster Wahrscheinlichkeit gänzlich herausgemittelt! Abgesehen davon haben deine Gene nichts mit deiner aktuellen Persönlichkeit zu tun, all deinem Wissen, deiner Erfahrung - sie sind nur die Hälfte eines Grundrisses für ein mögliches neues Geistesgebäude: ein gezeugtes Leben. Wieviele Väter waren wohl zutiefst enttäuscht von dem, was ihre Lenden hervorbrachten? Nein, das ist bestenfalls eine Lotterie.

Was also bleibt übrig? Nur das, was du bist, was es dir bedeutet und was du selbst damit beginnst.

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juli 13, 2019, 15:25:07 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.