Autor Thema: Die Wartende  (Gelesen 838 mal)

Agneta

  • Gast
Die Wartende
« am: Februar 09, 2020, 10:42:12 »
Die Wartende

Ein Lächeln spielt um ihren vollen Mund,
als wäre sie vor langer Zeit verstummt.
Ihr Teint strahlt porzellanig, adelsbleich,
ihr Blick geht in ein Nichts, erstarrt, doch weich,

als horche sie auf einen Sehnsuchtsruf,
die Göttergleiche, die sich niemals regte.
Wenn unbarmherzig Eiswind um sie fegte,
dann stand sie stolz, als wär sie so reich

durch etwas, das der eine in sie legte,
der sie in warmer Sinnlichkeit erschuf.
« Letzte Änderung: Februar 27, 2020, 12:10:10 von Agneta »

Erich Kykal

Re: Die Wartende
« Antwort #1 am: Februar 09, 2020, 23:19:35 »
Hi Agneta!

Ein intensiv verdichtetes Bild webst du da, dem Leser steht die unnahbare Gestalt geradezu vor Augen!

S1Z1/2 - Der Reim "Mund/verstummt" ist unrein.
S1Z2 - "pozellanig" erscheint mir als Neologismus etwas unbeholfen.
S2Z4 - Die Verkürzung "wär" müsste nicht sein.

Ein interessantes Reimschema hier: AABB - CDDB - DC

Zwei doppelte und zwei dreifache Reime, unkonventionell gestaffelt. Ist das eine spezielle Form oder hat es sich so ergeben? Liest sich gut.

Vorschläge:

Ein Lächeln spielt um ihren vollen Mund,
und tat doch niemals ein Geheimnis kund.
Ihr Teint strahlt porzellanhaft, adelsbleich,
ihr Blick zergeht im Nichts, erstarrt, doch weich,

als horche sie auf einen Sehnsuchtsruf,
die Göttergleiche, die sich niemals regte.
Wenn unbarmherzig Eiswind um sie fegte,
dann stand sie stolz, als wäre sie so reich

durch etwas, das der eine in sie legte,
der sie in warmer Sinnlichkeit erschuf.


Ich sehe eine Marmorstatue oder eine Eisskulptur, die in einer Winterlandschaft vor sich hin schweigt.

Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Die Wartende
« Antwort #2 am: Februar 27, 2020, 12:13:16 »
Lieber Erich,

danke für deine intensive Befassung mit dem Werk. Es ist keine spezielle Form, es ergab sich so und ich fand es ganz apart.
 Zeile 8 habe ich deinem Vorschlag gemäss verändert, hört sich glatter an.
ja, es geht um eine Eisskulptur, die ja schnell vergeht. Oder als Symbol eben um eine Frau...
Entschuldige die späte Antwort, aber Babydienst, krank, Karneval...
LG von Agneta

wolfmozart

Re: Die Wartende
« Antwort #3 am: M?RZ 07, 2020, 12:55:51 »
Sehr ansprechende Lyrik, Agneta.

Gern gelesen

wolfmozart

Agneta

  • Gast
Re: Die Wartende
« Antwort #4 am: M?RZ 10, 2020, 12:11:55 »
Lieben Dank, lieber Wolf. LG von Agneta

AlteLyrikerin

Re: Die Wartende
« Antwort #5 am: Mai 28, 2020, 18:04:34 »
Ich sah die Statue förmlich vor mir, liebe Agneta, allerdings war sie für mich aus Marmor, im Stil des großen Michelangelo.

Sehr gerne gelesen, AlteLyrikerin.

Agneta

  • Gast
Re: Die Wartende
« Antwort #6 am: Mai 28, 2020, 18:25:27 »
ja, das könnte sie sein, liebe AL. Lächeln mangels Smilie.
Wie auch bei deinem Gedicht mit dem Gebet kann es aber auh ganz anders sein.
Manchmal gibt es seltsame, ungesunde Partnerverbindungen, die eine Frau so manipulieren, dass sie ohne den anderen nicht eigenständig leben kann. Als hätte er sie erschaffen...
Ich bedanke mich für deinen wohlwollenden Kommentar. LG von Agneta