Autor Thema: Der Macho  (Gelesen 831 mal)

Erich Kykal

Der Macho
« am: September 02, 2020, 10:20:53 »
Du niedlichstes von allen süßen Kitzen,
du scheues, zartes Rehlein auf der Aue,
ich fing dich ein und drang mit harter Klaue
in dich, um deine Schönheit zu besitzen.

Und hielt dich fest in meinen krummen Fängen,
und schmückte dich mit meiner wilden Gier,
und ich dressierte dich zu meinem Tier,
ganz hingegeben an mein dich Bedrängen.

Doch als du endlich gänzlich mir gehörtest,
gehorsam und entmündigt und gebrochen,
da warst du nicht mehr, was ich mir versprochen,
so wund ersehnt mir hatte – und du störtest.

So habe ich dein Leben fortgeworfen,
um mir ein neues Rehlein zu erwählen
und es wie dich bis auf das Blut zu quälen,
bis es erstickt ist unter tausend Schorfen!
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Der Macho
« Antwort #1 am: September 03, 2020, 08:50:09 »
Hi Erich,
für viele ist die große Welt des BDSM ein unbekannter Erdteil. Ich sehe dein Werk innerhalb dieser Neigungen angesiedelt. Die Handlung spielt auf das Verhältnis des DOM zu seiner SUB an, die nach Jahren, in der Tretmühle des Devotismus durch eine andere Sub ausgetauscht wird. Das soll's auch bei Normalos geben. Die Frage stellt sich unterbewußt, was mit der abgelegten Sub passiert. Muss sie sich neu orientieren oder muss der Dom künftig für zwei aufkommen? Die Affaire Fritzl hat in Österreich und auch hier viel Staub aufgewirbelt, den Leuten aber gezeigt, dass es viele Dinge gibt, die für Normalos nicht vorstellbar sind. Mit großem Interesse gelesen.
Gruß vom Hans
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Erich Kykal

Re: Der Macho
« Antwort #2 am: September 03, 2020, 13:16:53 »
Hi Hans!

Hier liegst du mal daneben - ich dachte an die unagenehme Art Macho: den kontrollsüchtigen Pascha, den brutalen Haustyrann, den selbstverliebten Womanizer, der nur ausnutzt, dressiert und dann wegwirft ...

Man darf nie verwechseln: Was beim erotischen Spiel eine regulierte Übereinkunft für ein Rollenspiel zu beiderseitgem Gewinn und/oder Vergnügen ist, wird im "echten" Leben zu einer seelischen Vergewaltigung eines wehrlosen, ausgelieferten Partners, der zu spät erkennt, worauf - und mit wem! - er sich eingelassen hat, und dem charakterlich einfach die Mittel fehlen, sich loszureißen oder adäquat zur Wehr zu setzen.

Ich habe selbst mal - als kurzzeitiger Gast bei ihnen - so eine Beziehung aufgezwungener Abhängigkeit erlebt: Er, der diktatorische "Führer" seiner Familie, cholerisch und leicht über die niedrige Hemmschwelle zu schubsen, kommandierte Frau und Ziehsohn (so ca. 14) laut und demütigend herum, ließ sich bedienen und schimpfte sofort los, wenn ihm was nur ein wenig nicht passte. Und so ein wutgetriebener Vortrag konnte schon mal eine Stunde dauern und gipfelte meist in Ohrfeigen. Die beiden gingen ständig geduckt und sagten nie eigenständig auch nur ein Wort.
Er schien das für sein selbstverständliches Recht zu halten, sich so zu benehmen, als würde er glauben, dass das jeder als Mann in Beziehungen so tun würde, deshalb hielt er sich auch vor dem Gast nie auch nur ansatzweise zurück - eher schien er sich daran aufzublasen, dass seine "Sklaven" so gut funktionierten und er mich "beeindruckte", wie er wohl glaubte. Ich absentierte mich baldmöglichst, aber ich habe diese Szenen bis heute nicht vergessen. Das waren entrechtete, getretene, kleingemachte Opfer, keine willigen Teilnehmer an einer erotisch induzierten Vorstellung!

Gegen solche "Machos" muss man anschreiben, wie, wo und wann nur immer möglich!

Ich hätte intervenieren können, aber ich habe leider die folgende Erfahrung gemacht: Man kriegt eher Prügel, als Einsicht zu verbreiten, und die "Gefangenen" sind so eingeschüchtert und ihre Machtlosigkeit gewohnt, dass sie eher für ihren Peiniger Partei ergreifen als sich auf die Seite eines "Retters" zu stellen. Zumindest bleiben sie passiv, als wagten sie nicht, die Gelegenheit zu nutzen, als hätten sie verlernt, ein anderes Leben zu führen als dieses total fremdbestimmte. Oder sie trauen sich kein eigenstängiges Leben mehr zu (oder haben es nie getan), sind emotional und psychisch tatsächlich abhängig von so einem Gewaltmenschen.
Sie wieder an ein anderes Dasein heranzuführen, ist oft ein langer, schmerzvoller Prozess mit vielen Rückschlägen.

LG, eKy
« Letzte Änderung: M?RZ 22, 2021, 20:43:08 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Der Macho
« Antwort #3 am: September 03, 2020, 14:58:03 »
Hi Erich, wenn du meinst ... mir erscheint die Inszenierung eindeutig aber du bist der Autor und solltest es wissen. Gruß vom Hans
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

wolfmozart

Re: Der Macho
« Antwort #4 am: September 03, 2020, 17:05:47 »
Hallo Erich,

sehr fein ausgeführte gleichnishafte Be- und Umschreibung des unguten und wahrlich schon grsausamen Machotums.

Ich bedien mich auch gern Umschreibungen in meinen Gedichten weil der Leser angeregt wird nachzudenken und zu "übersetzen"

Gruß wolfmozart

Erich Kykal

Re: Der Macho
« Antwort #5 am: September 03, 2020, 23:44:12 »
Hi WM!

Danke für das freundliche Echo.  :)

Ein Gleichnis in dem "umschreibenden" Sinne, wie du hier andenkst, sind meine Verse allerdings nicht: Ein eindeutig machohaftes männliches Ekel-LyrIch beschreibt den Genuss, mit dem es seine Opfer benutzt und dressiert, ihren Willen bricht und sie nach Gebrauch fortwirft. Wo ist da das Gleichnis, die Umschreibung? Nur "Beschreibung" käme da hin. Was du meinst, ist vielleicht das "Beispiel".


Hi Hans!

Du darfst gern bei der "Inszenierung" bleiben, wenn dir das lieber ist. Stimmt ja auch in meinem Sinne irgendwie, da solche Typen sich ja ständig inszenieren - erst, um ihr Opfer einzuwickeln und zu verführen, dann als Alphatierchen, das seinen Fang langsam dressiert, und endlich als herrischer Kontrollpedant, der sein Geschöpf herumscheucht und sich daran hochzieht. Auch das sind Rollen, die ein jämmerliches Ego mimt, um sich bedeutsam und wichtig fühlen zu können.


LG, eKy



Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Der Macho
« Antwort #6 am: September 04, 2020, 18:01:37 »
ich schlie0e mich da Hans an, Für den Begriff Macho ist diese Beschreibung zu harmlos. Ich könnte sogar ein Kind sehen, das in einer pädophilen Abhängigkeit benutzt wird ( Kitz).
Abscheulich. Was ich da lese.
LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Der Macho
« Antwort #7 am: September 04, 2020, 23:53:31 »
Hi Agneta!

Die Lyrik soll und muss eben auch sozialkritisch sein können, und all die menschlichen Abscheulichkeiten müssen auch aufgezeigt und angeprangert werden können. Hier ging es mir um die selbstgefällig-selbstverliebte Geisteshaltung bestimmter Männer (und es sind meistens Männer, die so denken ...) im Umgang mit anderen Menschen, vor allem dem anderen Geschlecht, dem sie sich offenbar "natürlich überlegen" fühlen und sich daraus das Recht zusprechen, zu herrschen und nach Belieben zu benutzen. Oder sie ziehen sogar innere und/oder erotische Befriedigung daraus, andere in Abhängigkeit zu dressieren, zu brechen und zu quälen. Im Grunde eigentlich Frauenhasser, und das leben sie täglich aus. Ob das Opfer nun eine 35-jährige Sekretärin ist oder ein minderjähriges Mädchen - die Geisteshaltung ist dieselbe, und sie ist immer gleich verwerflich, grausam und extrem böse.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.