Autor Thema: Gedichte Archiv Beisl 22  (Gelesen 11587 mal)

hans beislschmidt

Gedichte Archiv Beisl 22
« am: M?RZ 22, 2022, 21:25:20 »
Nein, meine Zähne putz ich nicht

K.L. das Panikmännchen ist Minister,
nennt sich Doktor, doch vergisst er,
dass er jahrelang nur Quatsch erzählt
und die gestand'ne Ärzteschaft gequält.

Von den Viren, die durchs Abflussrohr
höher schweben bis zum Bad empor,
wo sie Ahnungslose infizieren
und Millionen Menschen dezimieren.

Ach, was hat der nur für Zeuch verzappt,
in jeden Fernseh Fettnapf reingetappt.
Staubsaugerbeutel auf der Nase tragen,
oder nicht mehr aus dem Haus sich wagen.

Sein Leben wird verfilmt nach Steven King,
und dank der Pharma Lobby kriegt er's hin.
Nur Verbote, Horror,  Boosterpflicht
aber nein, seine Zähne putzt er nicht.



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Zu große Auswahl

Wenn alles dich im Zweifel.ließe, was
gäb' es dann noch, um dich zu erfreuen?
Willst du leben wie der Philosoph im Faß?
Das könntest du am Ende sehr bereuen.

Man kann am reichen Tisch zugrunde gehen
und voll gefressen Hungers sterben -
dem Guten nah und in die Ferne sehen,
auch kleines Glück bringt oft Verderben.

Was auf dem Teller soll man ganz verschlingen,
zu große Auswahl ist zumeist suspekt -
die Kanibalenflucht wird nur gelingen,
wenn ausgekotzt, was nicht mehr schmeckt.

Man muss vom Ekel auch probieren, wenn man dem reinen Wort misstraut.
Vor dem Gewölle sich zu zieren, heißt doch
wer nur geschluckt, hat nicht verdaut.
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Pfarrerskinder

Von Nietzsche bis Merkel -
war Tischgebet tägliche Folter,
von Lessing bis Ensslin
Besteckgeklapper nur Fressgepolter.

Von Lessing bis Hesse -
die betenden Christen als brave Faschisten,
von Wieland bis Schlegel
sind Mahnmal für Gott und Atheisten

Von Doehring bis Gauck -
die deutsche Seele im Pfarrhaus der Pflichten,
von Leibnitz bis Schlauch,
egal was passiert - der Glaube wird's richten.

Nie wurde die Güte unbarmherziger gelebt
und nie hat Grauen das Korsett ernsthaft erbebt.
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Nichts geschnallt

Wie fremdgesteuert Anamnese
Ist, wenn sie nur Wort und Schrift entfernt,
zeigt analog Gedankenkäse -
und in zwanzig Jahren nichts erlernt.

Der Tanz in schwerer Abendschwüle,
wo ihr Proporz die Geister prellt,
ist warten auf die Morgenkühle,
wenn Tüll und Plüsch zu Boden fällt.

Wie dumm und blöde ihr auch seid -
reicht's doch für Philologengeifer
und aufgepumpter Popanz schreit
vor lauter Mandalageeifer.

Wärt ihr doch wechselwarm geblieben
und diesem Urschlamm nie entkrochen,
vom Elefant nicht sehr verschieden,
habt ihr nur Porzellan zerbrochen.
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Arschkriecher

Wenn sie an ihren Trögen schwitzen
und Fürze aus den Hirnen weichen,
dann weißt du - anstatt Geistesblitzen,
sie olfaktorisch uns erreichen.

Sie schelten sich als unsre Brüder,
so läuft das Spiel auf allen Erden.
Sing nicht die abgefuckten Lieder
vom Fressen und gefressen werden.

Nimm reichlich von dem Gleitgelee
und öffne demutsvoll die Pforten.
Selbst wenn's nicht schmeckt wie Rumparfait,
es lässt sich vom Geruch her orten.

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Pflichtpose

Du lächelst süffisant und du zeigst der Welt
ein oberfächlich grinsendes Gesicht,
das mit erhobnem Zeigefinger spricht
und nach uns verlangt - wie's dir gefällt.

Wie ist mir dieses Gutmenschsein vergällt.
Die Pose wird als Frühstücksei zur Pflicht.
Sie stülpt seziert sich aus und rührt mich nicht,
weil sie so ärmlich fratzengleich entstellt.

Vor Tagen dacht ich noch, es tät’ mir leid,
weil man als Denunziant doch nichts riskiert
und mehr durch Zufall irgendwann krepiert,
doch deine Krankheit ist mir lang wie breit.


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Niemandsknecht

Die Welt ist schlecht - bist du noch echt?
Du brichst die Wahrheit übers Knie,
drum geh voran du Niemandsknecht,
als Gernegroß und Blendgenie.

Wer so sein Schicksal selbst gewählt
und sich freiwillig eingereiht -
der war mit Freude nie vermählt,
hat sich vom Leben selbst entzweit.

Wie jede Fremdherrschaft beweist,
ist dir doch jedes Mittel recht.
Geschissen auf den freien Geist,
ist nur dein Stinkefinger echt.
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Kalinka

Noch sitzt die Uno nett beim Bankett,
doch teilt nicht zu früh das Fell des Bären.
Ein Schuss fehlt noch im russisch' Roulett,
wenn da "Schuld und Sühne" nicht wären.

Bei Gelagen mit russischen Eiern
könnte Rebroff Kalinka noch singen,
die Donkosaken mit Wodka feiern,
da darf keine Wladiorgel erklingen.

Bald stirbt ganz langsam der Kasatschok,-
die Nebretko schweigt nur am Wolgastrand,
wenn autokratische Rache ad hoc
die russische Seele als Ganzes verbannt.

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Preisrichtergespräch

Was wollen nur die Spasmus-Dichter
mit ihrem Wortgehacke sagen?
Schicken ihren Murks dem Preisgeldrichter
und nicken brav bei Jury-Fragen.

Die Avantgarde, die laut gepriesen,
ist nur beim Abschlag grinsefroh
und hat nach Jahren stets bewiesen,
sie war doch der berühmte Griff ins Klo.

In diesen wird sehr oft gegriffen,
das führt zum lyrischen Abort.
Nun tritt beiseite, ich muss schiffen
und nachher spül ich alles fort.

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Die Unerträglichkeit des Seins

Wenn er durch dunkle Nächte geistert,
fühlt er ein Mindersein, das ständig glüht,
doch niemals brennt - nur Tage meistert.

Wie ein Monolith, der übersäuert,
sich selbst ins Formalin hinunterzieht
und Taten hundertfach beteuert.

Wenn ein Besserwisser ständig frisst -
das Los von zügellosem Raffen -
er seinen Makel allzu gern vergisst.

Deshalb er niemals Sättigung erfährt
in seiner Kammer voller Waffen,
die alle das Papier nicht wert.
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Unterzahl 

Naiv sind sogenannte Träume -
von Lieblingsmenschen vorgeträumt,
als gäbs da draußen keine Zäune,
und die Gefahren lange ausgeräumt.

Selbst wenn wir stark und guten Mutes
und darauf achten, was wir einst erlernt,
ihr Grinsen heißt für uns nichts Gutes,
sie sind Jahrhunderte von uns entfernt.

Wir achten besser auf ihr falsches Spiel,
vertrauen nicht der spröden Waffenruh,
in Unterzahl verspricht man leicht zu viel,
vielleicht schnappt morgen schon die Falle zu.

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Die falschen Lehrer

Am schlimmsten sind die falschen Lehrer -
von den Jungen sträflich oft verkannt,
Geschwätzig Pack und Wortumkehrer,
die fahrn uns sehend an die Wand.

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Was ist schon Geschichte

Auf Tafeln steht es noch geschrieben,
sag, du habest uns hier liegen gesehn.
Dort, wo die Tapfersten dereinst zerrieben,
das wollen Schüler heute nicht verstehn.

Am Kahlenberg auf nackter Klippe,
bei Tours, am roten Strand der Vienne,
Im Feld der Amsel nah der Sippe
spürt mancher noch den Hauch von Benn.

Wer schon Kalkutta nicht gekannt
und Scholl Latour vom Hörensagen -
die Eulenworte scheinen heut vakant,
man braucht sie nicht nach Attika zu tragen.

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Exekution

Weil er sich ziert und nicht distanziert,
den Balkon nicht blau gelb dekoriert,
wird er von Dortmunds Fußball aussortiert
und von Altgenossen suspendiert.

Pension gestrichen - abserviert,
Hannover gibt sich echauffiert,
wer nicht parriert, wird disqualifiziert!
Hereinspaziert - Hereinspaziert -
der alte Gerd wird liquidiert.

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« Letzte Änderung: Mai 09, 2022, 17:35:36 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Rocco

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #1 am: M?RZ 22, 2022, 21:47:15 »
Hallo Hans,

eine Gedichtsammlung, deren Themen nachdenklich stimmt.

Das erste Gedicht verstehe ich nicht, vor allem die dritte Strophe ist kryptisch.

Das eine Pose, als Frühstücksei, dienen soll, halte ich für einen Stilbruch.

Mir gefällt:

Zur großen Auswahl

Preisrichtergespräch

Dein Ehrgeiz scheint der kritische Zeitkommentar zu sein, mal sehen, was davon bleibt, wenn man sie nach Jahren erneut liest.

Tippe ich richtig, dass das Texte für die Bühne sind? Wird interessant zu erfahren, wie die ankamen...

Dir einen schönen Abend!

Rocco
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #2 am: April 02, 2022, 16:44:33 »
Ein Hurz

Man schwärmt von sich gern akademisch,
doch streikt aphasisch oft der Kopf.
Ein  Misantrottel wedelt hämisch
als Leidernein und Dröppel Tropf.

Den Lapsuswürfel selbst gezimmert,
mit Sprachenhurz stellt man sich doof,
das Blendgenie nur bräsig wimmert,
als letzte Pfeife auf dem Pausenhof.

Wehe wenn sie in die Ecken stieren,
mit Aufsichtsschildchen am Revers,
dort, wo sie auf-und-ab stolzieren,
funzt Hurz hic salta lang nicht mehr.

Wenn hurzig Pack zuweilen höflich ist,
so lauert nur verdeckt die Tücke,
die klammheimlich fremde Werte frisst
und dann zerschlägt in tausend Stücke.


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Bollywood I

Die jungen Witwen geh'n in Flammen auf
und kleine Kinder wandern ins Bordell.
Ein billig' Mönchsgetue, das zuhauf
betrügt im falschen Religionskartell.

Wenn Neugebor'ne landen auf der Kippe,
ist Siddartha doch nur Hühnerklein.
Ein Staatsgewand als Bollywood-Gerippe,
ach, steckt euch eure Kasten hinten rein.

Bollywood II

Um das Nirwana wird es stiller,
trotz Brahman, Atman, Nagelbrett
und Hare Krishnas Kuttenbrüller,
auch hübsche Kühe machen das nicht wett.

Freie Menschen hab'n dort nichts zu suchen,
kein Hippiestrand und auch keinTaj Mahal.
Wie wirkungslos ist da mein Fluchen,
denn selbst dem Paria ist das egal.

Bollywood III

Sogar die Beatles im Erlauchtenschein
zupften die Sitar im Schneidersitz,
fielen auf den Maharishi Yogi rein
und sonnten sich im Geistesblitz.

Denkt all die Züge voller Frauen,
inklusive die mit Altersflecken,
die aus Wanne Eikel abgehauen,
um ihren G Punkt zu entdecken.

Im Kamasutra eng umschlungen,
eine Lust, wovon man lang geträumt,
ganz vom Gurugeist durchdrungen,
bis das volle Konto leergeräumt.
« Letzte Änderung: April 03, 2022, 00:08:21 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #3 am: April 06, 2022, 09:10:15 »
Kein Gruß

Auch wenn im Reihum man begrüßte
gab's den einen der den Gruß vermieste
der Grüßenein inlingua in Not
versagte sich dem Gruß den man entbot

Des Grüßens sinngemäß nicht mächtig
erschien so jeder Gruß verdächtig
als Ausweichgruß bot sich hic Rhodus an
weil derlei Stuss nicht Salto springen kann

So bleibt man metaphorisch lamoyant
auch weil man Ross und Reiter nie gekannt
man stellt stochastisches Gelobe ein
um wirklich sicher vor Begrüßt zu sein


■■■■■■

Yodas Zitate für sie

Im Traum nur Krieger wir sind
im Schatten der Macht du bist
Nicht sehen er kann und blind
vielleicht der Auserwählte er ist

Vorsicht du walten lassen musst
der junge Hengst keine Geduld er hat
nicht sehen er kann im Bett der Lust
kein versuchen es gibt nur die Tat

Aus Fehlern du lernst Größe nicht alles ist
danach er einschlafen wird als Gast
Geduld du haben musst bei Hinterlist
Ins Exil du gehen musst versagt du hast

■■■■

Flötenklänge konjunktivisch

Wer da schwömme durchs Krötenreich
dem säße im Anus die Flöte
und sänge er gar für den Wiesenlaich,
es küsset ihn mancherlei Kröte.

Ach höbe er an im Flatusverein
mit bläsernder Kraft in die Röhre,
verschlösse alsbald viele Löchelein,
und brächte Melodeien zu Gehöre.

Wie weiland vergäße man Karajan,
und Sinfonien hinieden im Graben,
doch mitnichten die Klänge von Blödian,
die nur sinnfrei kalfakt'rische Gaben.
« Letzte Änderung: April 06, 2022, 17:44:14 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #4 am: April 11, 2022, 16:07:52 »
Gesampelt

In drei Sekunden gesampelt for free,
bleibt Präzisionswiderstand lapidar,
die Schöpfungshöhe indes verliert nie,
wenn's auch für Mercury Strafe war.

Mit Loops wird nur die Welt verschaukelt
und Riffs klingen nach Hendrix und Moore,
exzentrisch wird ein Stück vorgegaukelt
und endet im Kaufrausch auf Tour.

Warum belügst man die Fans mit Gefühl
und glaubt am Ende der Schlaue zu sein?
Ein Showman vor gereihtem Gestühl,
geflasht vom Geschäft und dem Schein.


■■■■■

Gebrabbel

Versnobtes Gebrabbel als Marotte,
DA-DA-DA dominiert den Verstand,
ergeht sich im dümmlichen Spotte,
und versandet im Taka Tuka Land.

Jeder Spleen schiebt sich gerne ins Licht,
wie ein Dandy der glänzt im feinen Damast,
doch Wichtigkeit kommt immer von Wicht,
weshalb die Hose zu kurz und nicht passt.

■■■■

Befangen

Den Orthodoxen aufgesessen,
vergisst allzu man gern, was Toleranz
in einem freien Land bedeutet.
Das bisschen Terror lässt uns ganz
den Dreck im eignen Haus vergessen.

Wenn auch verständlich, dass  Verlangen
nach dieser schönen neuen Welt
betrifft gar nicht die Religionen,
denn wisse, unser Gott heißt Geld.
So sind wir richterlich befangen.

■■■■

Vor den Wahlen

Die Alten wühlen im Dunkeln nach Flaschen
und schleichen voll Scham zu den Tafeln.
Die Versorgten stopfen in eigene Taschen
und auf Plakaten liest man ihr Schwafeln.

Bei Wahlen geht's um eig'ne Interessen.
In Schlangen steh'n sie vor Fleischtrögen.
Ihre Slogans sind nach der Wahl vergessen,
sie grabschen auch kleinste Vermögen.

Sie spielen Krieg und drohen im blauen Kostümchen
und wieder daheim, verteilen sie Plätzchen und Blümchen.

■■■■■■

Willis schönstes Fest

Wer glaubt denn mit dem Tod ist alles aus?
Dann kommt doch erst der Leichenschmaus,
bei lecker Kaffee und Melissengeist
wird Tante Friedas Kuchen noch verspeist.

Die Anverwandten sind zutiefst betroffen,
doch bald ist die Bagage sturzbesoffen
und man erzählt ausführlich lang und breit
der Willi war kein Kind von Traurigkeit.

Wisst ihr noch wie er die Anni flachgelegt,
ganz ungeniert in dem Rhabarberbeet?
Oder wie er's mit Olga - die von drieben,
auf der Motorhaube hat getrieben?

Der Willi war ein richtig toller Hecht,
wie gerne hätt er heute mitgezecht,
doch wurde ihm der Spaß verdorben, weil
er schon steif - und nahm nur passiv teil.

■■■■■

Krematorium I

Ein Mensch liegt gut gekühlt im Keller,
der Körper ist schon säuberlich rasiert.
Bei Neonlicht betrachtet wirkt er heller,
weil er auf rostfrei Stahl plaziert.

Ein fahles Stückchen Fleisch, so teilnahmslos
wie ein Glücksspiellos, das nie gewonnen
und dort wo Lebenskraft in Adern floss,
herrscht nunmehr Stillstand, der geronnen.

Auf dem Tablett blitzt blankes Stahlgetier,
mit Zähnen und geschliffenen Kanten,
die scharfe Knochensäge steht Spalier,
zu teilen, was Glieder einst  umspannten.

Das letzte Teil vom Mensch ist nun seziert,
was einmal war, liegt da in Stücken
und wird auf einer Bahre transportiert
das Krematorium zu beschicken.

■■■■■■

Krematorium II

Und wenn sich schließt die Ofentür
mit dem gebuchten Platz am Rost -
kann doch ein Krematorium nix für,
für derlei Öfen ist ein Mensch nur Toast.

So mancher denkt, es wäre nun vorbei,
doch dann ertönt ein lautes Knallen,
vom Pathologen hört man einen Schrei
der lässt vor Schreck die Säge fallen.

Die Ofentür erzittert von der Wucht,
wenn Gas den Weg ins Freie sucht.
Ein Pathologe sollte lernen
vorher das Popcorn zu entfernen.

■■■■■ 05.05.22

Bellen vor der Tür

Kann der Papst noch bellen vor der Tür?
Er bellt, weil Lügner, Hetzer - also wir
es gar nicht mehr erwarten können
sich mit harter Kante schnell zu trennen
von den so ungeliebten Waffen,
um ihren Endsieg doch zu schaffen..

Darf der Papst noch bellen vor der Tür?
Wenn Stammtischbrüder so beim Bier
jedes Maß vom Tische fegen,
wie einst im Sportpalast die Reden.
Hört nur wie sie rünstig lachen,
nur Deppen, die sich Sorgen machen.

Muss der Papst jetzt bellen vor der Tür?
Die Wahl trifft Kanzler wie auch Kanonier,
denn für Paläste wie auch kleine Hütte,
gilt nur ein letztes Mal die Bitte -
und hört ihr nicht auf Papst und Polt
dann habt ihr Selbstgerechten es gewollt.

■■■■■

Künstler Chuzpe

Die Vollpfosten werden wieder gekürt,
es stehn ihnen die Haare zu Berge,
wenn ihre Chuzpe die Gülle verrührt,
feirern nur Kriegstreiber die Särge.

Vom Köpfeschütteln ist die Birne leer,
einmal zu viel habt ihr Balkon-Geklatscht,
den Künstler glaubt dir doch keiner mehr,
hast dich mit Stinkefinger abgewatscht.

Die Obrigkeit in deinem Spiel ist klug.
Die Eingereihten gröln im Narrenzug.

■■■■

Spontane Töne (konjunktivisch)

Erhörte ich so manch Gedanken,
der Melodei spontan entsprossen,
er täte minarettisch höher ranken
und brächte dar, was ich beschlossen.

Und zeigte sich ein Schalk erbötig
er flöge mit dem Schabernack wohlfeil,
und Töne, die blasphemisch nötig,
erklängen kunstvoll aus dem Hinterteil.

Man brächte nur das schnöde Mikrophon
gefährlich nah an die Rosette,
erklänge dann stakkatohafter Ton,
er läge nah bei der Librettokette.

Bibrrrfffhhth biprüfffhhhft fiiiiiiifffht

Nun sollten Karawanen applaudieren,
um diese Mühsal kunstvoll zu goutieren.

■■■■■
.



« Letzte Änderung: Mai 23, 2022, 16:58:06 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Sufnus

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #5 am: April 13, 2022, 16:11:32 »
Hi Hans,
ich beobachte sehr interessiert die wachsende Sammlung - bin mir aber nicht ganz sicher, ob hier Zwischenkommentare überhaupt willkommen sind oder ob Du lieber Deine Gedichte garade "am Stück" versammelt sehen möchtest. Falls Du's hier ohne Zwischenrufe magst, aber sonst schon an Feedback interessiert bist, kannst Du ja auch noch einen Kommentarfaden nebenher eröffnen. Oder ist ein Echo jetzt gar nicht so Dein Begehr? <- wenn Du die Sammlung ohne Sufnus Interruptus magst, lösch ich diesen Ruf von der Seitenlinie einfach wieder. :)
LG!
S.

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #6 am: April 14, 2022, 14:47:33 »
Lieber Sufnus,
Kommentare sind willkommen. Klar.
Da ich die Gedichte für neuerliche Veröffentlichungen brauche, habe ich sie wegen der Übersichtlichkeit in einen Faden gestellt.
Beislgrüße
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #7 am: Juni 08, 2022, 19:08:26 »
Atombunker Stammtisch I

Dieter: Hey hast du das gelesen? Der Papst bellt! So was dämliches.

Erwin: Ey, bist du blöd Mann, damit ist die Nato gemeint die vor Russlands Tür sitzt und bellt. Typisch Blöd Zeitung, immer einen drauf setzen.

Dieter: Aber die Nato kann doch auch nicht bellen.

Günter: Vergiss es, der Dieter schnallt es nicht. Das ist als ne Warnung gemeint an Russland, dass die sich wieder einkriegen sollen und die Ukrainer in Ruhe lassen sollen.
Der Papst ist nur sinnbildlich gemeint, du Eumel.

Dieter: Hey hier steht was von Lügner und Hetzer, wasn das für'n Scheiß?

Erwin: Das ist die Nato mit dem senilen Biden, der hat mit den Russen mal Klartext geredet. Klare Kante Junge, da sind wir auch dabei, verstehste? Hier in Deutschland stehn doch genug Leos und Haubitzen rum. Ab damit, rüber in die Ukraine, dort ham die ne bessere Verwendung als hier aufm Hof zu vergammeln. Alles rüber damit. Wech mit der Scheiße. Der Russe kricht jetzt ordentlich was aufn Sack, bis nach Moskau sach ich dir. Bis nach Moskau und noch weiter aber Hallo.

Dieter: Wieso nach Moskau, ich denke Kiew?

Günter: Hey, hasse nich geschnallt? Klar Moskau, warte mal, wenn unsere Leos erstma drüben sind, dann macht der Russe gar nix mehr, sach ich dir. Die Ukrainer sind so geil drauf, die treten denen dem Russen voll innen Arsch, sach ich dir. Und dann noch die Peter Maffey Haubitzen, die schießen dir auf 40km das linke Auge wech. Die geilen Ukrainer machen jetzt den Russen komplett platt, die kommt nie wieder auffe Füße. Halleluja, man muss jetzt hart sein und Linie zeigen, die Russen haben's verknackt, wart nur, wenn unsere Marder und Leos kommen.

Dieter: oh menno, kuck ma, da steht, dass der russische Außenheini mit dem totalen Krieg droht und einer Generalmobilmachung mit Reservisten und Atomrraketen und all so Sachen.

Erwin: Dem hammse wohl volle Kanne ins Hirn geschissen? Lass den Putin ruhig kommen mit seinem alten Schrott. Is doch alles mit Gaffa Band geflickt, hör ma uff.

Dieter: Abba der Russe könnte doch Berlin platt machen?

Günter: Lass ihn doch, dann machen wir Moskau platt, is doch logo. Nee, davor hat der Russe viel zu viel Schiss.

Dieter: Also bringt die Bitte von dem Rom Franz gar nix?

Günter: Nee, kanna sich schenken, bringt Null. Hey Babsi, noch ne Runde.

Babsl: Ich wollt schon sagen, pennen könnt ihr auch zuhause Jungs. Weisse Bescheid.

Günter: Hey geil Babsi, mit Fernet Branca, voll der Hammer, stillgestanden ihr Luschen, hau wech die Scheiße.

Babsi: Ja was isn nu mit dem Franz?

Erwin: Mir egal, ob der bellt oder nich, ich fahr mit dem Wohnwagen nach Portugal, wenn's knallt un lech die Fü8e hoch.

Dieter: Prost Gemeinde, sach ma, wer isn dieser Polt?

Erwin: das ist dieser bayrische Fernsehtyp. Null Humor hat der, kein Vergleich zu Mario Barth. Und die andern Schwachköppe, die auffa Liste stehen, Alice Schwarzer un Konsorten, nee, kannste alle knicken. Alles Loser, weisse Bescheid. Prost.

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Atombunker Stammtisch II

Dieter: - weiß eigentlich jemand wo hier der nächste Atombunker ist?

Erwin: - schon mal was vonna U Bahn in Köln Kalk gehört? Da passen 5000 Männekens rein. Wenn die Hütte voll ist, gehen die Stahltore runter und der Dieselgenerator springt an.

Dieter: - und die annern 200 000?

Günter: - die ham halt Pech gehabt, paar Lutscher weniger. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Dieter: - also ich glaub, da krieg ich Patzangst.

Erwin: - dann machs wie ich, bau dir den Keller aus. Ich hab schon den Generator vom Wohnmobil ausgebaut. Das reicht dicke. Fressalien und drei Paletten Dosenbier - aber Hallo.

Dieter: - und nachher, was machste dann, wenn wir überleben sollten?

Dieter:- dann ziehste die Atemmaske ein paar Tage auf du Eumel und gudd is. Gibt's grsd im Angebot bei Bauhaus. Babsi noch ne Runde.

Dieter:- also ich weiß nich, da krieg ich wieder Platzangst.

Erwin:- na hör ma, bei Corona biste doch auch zwei Jahre mit dem Lappen rumgelatscht, wo issn da der Unterschied? Friss die Jodtabletten un feddich. Also von mir aus kann der Russe ruhig kommen.

Dieter:- hasse gesehen, wie aufgedunsen der Putin is? Der is doch krank. Der schickt sicher die Bombe.

Günter:- solla doch, dann machen wir Moskau platt. Prost.

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Der Höhepunkt

Sie mieten Busse für Romantik
im Safarihemd und Sonnenhut.
Besuchen seltene Botanik,
ganz beseelt von ihrem Edelmut.

Doch legen sie die Pinkelpausen
auch gern ins Überschwemmungsland.
In Wahrheit sind sie Kunstbanausen,
als Katastrophentouris wohl bekannt.

Wenn andre um die Habe kämpfen
und Wasser pumpen auf die Straßen,
dann ist ihr Eifer nicht zu dämpfen
und bringt den flachen Puls zum Rasen.

Der Höhepunkt der Kaffeefahrt
Im Ahrtal ist der Zwischenstopp.
Für Kuckident und Studienrat
das Selfie mit dem Dödelkopp.

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Die Deutschen brauchten keinen Mauerbau
Ne rote Ampel reicht für Freiheitsstau

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Verweile doch (konjunktivisch)

Ach spräche doch der Augenblicke nur,
verweile doch, du bist so herrlich steif,
ich harrte immerdar in Epikur,
erschräke mich die Andacht vor dem Schweif.

Und schössen Erntegarben hoch hinauf,
sie brächten jugendhaft des Feuers Flor,
die Hexen säßen besenhaftig drauf
und flöchten mir das Engelshaar hervor.

Jedoch stattdessen nimmt der Jahre Lauf
und wer da sänne nach verflossner Zeit,
der spiee schlaffes Ungetüm zuhauf,
wohl wissend um vergangne Albernheit.

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Künstler Chuzpe

Die Vollpfosten werden wieder gekürt,
es stehn ihnen die Haare zu Berge,
wenn ihre Chuzpe die Gülle verrührt,
feiern nur Kriegstreiber die Särge.

Vom Köpfeschütteln ist die Birne leer,
einmal zu viel habt ihr Balkon-Geklatscht,
den Künstler glaubt dir doch keiner mehr,
hast dich mit Stinkefinger abgewatscht.

Die Obrigkeit in deinem Spiel ist klug.
Die Eingereihten gröln im Narrenzug.


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« Letzte Änderung: Juni 12, 2022, 15:29:31 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #8 am: Juni 22, 2022, 15:27:10 »
Beliebtheitsscala

Sie ist ganz oben
auf der Beliebtheitsscala
und kennt jede Gala,
ob G7 oder acht,
Auch da, wo's richtig kracht,
wo Granaten zischen,
stellt sie sich dazwischen
im Kostümchen und den Friedensblümchen.
Das kommt gut an in den Gazetten,
wo wir die Freiheit retten
und im TV prognostizieren,
dass die Bösen bald den Krieg verlieren.
Sie ist so richtig tough,
da sind selbst Pazifisten baff,
wenn sie vor Ruinen und der Welt
sich den Journalistenfragen stellt.
Klar, wenn die Haubitzen blitzen,
kommt der Feind ins Schwitzen,
wenn Granaten detonieren
und Raketen explodieren,
wird der Feind besiegt,
dass er ein für allemal am Boden liegt.
Das verkünde sie mit lockrer Miene
und auf dieser Schiene
wird man hierzulande so beliebt,
ganz wie es im Atlantikseminar
auch angekündigt war.
Politik ist nicht viel mehr als Stühlerücken,
wo zwischen Lücken
immer mal wer aussortiert
und das passiert
öfter als man denkt.
Wer sich dabei kränkt,
der gehört nicht in das Haifischbecken
und muss wem anderen die Füße lecken.
So, jetzt lassen wir's mal richtig krachen,
kaufen unsre Koboldsachen
halt bei anderen Despoten
und die Stimmidioten
halten still, ganz wie es der Robert will.
Ja, die Opfer sind es wert
und wenn sich wer beschwert,
der schaue sich Frau Albright an,
denn DIE führte in dem Tötungsplan
niemals Mitleid, Sorge im Gemüte,
war, wie Lenchen niemals müde
von dem geilen Kriegsgeschrei
und war sogar mit Aschenkreuz dabei.
Gestern hat die Welt verloren,
was die Bellizisten lang beschworen
und wenn die Dummheit angeboren,
bleibt kein Mensch mehr ungeschoren.

Slam 06.22
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #9 am: Juni 30, 2022, 20:51:39 »
Flüstern

Ich streife über Ruhestätten
und stehe lang vor Grabinschriften.
Meist les' ich "Ruh' in Frieden",
doch manchesmal bei den Gedichten

seh ich die Menschen, die ich mal gekannt,
lang bevor der Krebs gewütet.
Nun sprechen sie, als wären wir verwandt
und flüstern ihre Lieder.

Nie sagten wir beim Wein am Tresen,
"das war die letzte Nacht gewesen".

(Günther Mehdorn, Volker Alive, Anne Cyparis, Norbert Böll, Ingo Baumgartner)

######

Seltsame Vögel

Es leben Uhus, wie man weiß,
in schicken gelben Tuben.
Dort kleben sie um jeden Preis
ganz high in Schnüffelstuben.

Vom Tempelplatz mit Marmorsäule
verschickt Athen Berichte.
Der Lieblingsplatz der Schleiereule
beklagt die Eulendichte.

Ohne viel Getöse
würgt die Eule ihr Gekröse.
Im Gegensatz zum Reiher,
der kotzt in den Weiher.

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« Letzte Änderung: Juli 05, 2022, 07:23:25 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #10 am: Juli 11, 2022, 13:47:31 »
Ausgeliefert

Wenn ich verschwände in der Vielheit Summe?
Mich reute doch der leere Platz von mir.
Wenn Tone dort verklängen und stumme
Geister wie Wellen trügen mich zu dir?

Danach zerbrächen Dämme, alle Fugen -und dennoch schied' ich gern aus diesem Leben,
doch fürchte ich, es hülfe keinem Klugen,
denn was verdürbe, wenn ich stürbe? Eben.

So ausgeliefert wir nach neuen Schüben
sind, schwillt nur die Gischt aufs Neue.
Es schert kein Geist sich, weder hier noch drüben,
weil paradox das Los der ew'gen Treue.
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #11 am: Juli 22, 2022, 11:10:38 »
Im Nuttenfummel

Die Paparazzis steh'n in Position.
Ein Promischwarm besetzt die Insel.
Der Pfaffe spielt gesalbte Devotion
und gibt perfekt den Einfaltspinsel.

Das Brautpaar rauscht im Porsche an
und die Claquere stehen brav Spalier.
Beim Startschuss zum Geprotzewahn
ist Schampusknallen immer Hauptplaisir.

Die Braut im leichten Nuttenfummel,
der Herr Minister cool in himmelblau.
Das "Ja" im Sensationsgetummel
war'n Schnäppchen - die Kirche gab's für lau.

Mit Hupkonzert ging's vom Altar
zum Saufen in die Sansibar.


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Sie wollten ...

Sie wollten mir das Schandmaul stopfen.
Sie wollten mich in Ecken stellen.
Mir auf die frechen Finger klopfen.
Mir jede Lebensfreud' vergällen.

Bei Unrecht darf der Geist nicht schweigen
und sei der Preis dafür auch bitt'rer Trank.
Die Frohnatur mag jeder leiden,
doch Schenkelklopfen ist nur schaler Dank.

Es lohnt sich nicht ein Rad zu schlagen,
denn Logenplätze sind erschlichen,
der Dumme wird die Steine tragen
und von der Gästelist' gestrichen.

Es nützt nichts, wenn wer wen verhöhnt,
auch hübsch gescheitelte Primaner,
die gestern von Erfolg verwöhnt,
sind aufgebockte Lippizaner.

Sie dreh'n sich bunt bemalt im Karussell
und grinsen blöd von ihrem Holzgestell.

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Gedichte Hans Beislschmidt 07.2022
« Letzte Änderung: Juli 30, 2022, 11:06:57 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #12 am: August 01, 2022, 19:59:40 »
Unwohlschein

Den Stecker raus bei Unwohlschein -
das Publikum ist nicht geneigt.
Die dreadlocks soll'n für Schwarze sein,
weshalb der weiße Reggae schweigt.

Oh weh - wenn Asiaten geigen
die schönsten Händel Overtüren.
Auch schwarze Haut im Dirndl zeigen,
wird wohl zu Bayerns Veto führen.

Die kulturelle Aneignung
erzeugt beim Wokeness-Spuk Regress.
Konzerte gibt's laut Anweisung
nur noch im Friday Gender-Dress.

Doch selbst wenn alle Stricke reißen,
es wird Roberto weiter Blanco heißen.

.

https://www.nzz.ch/panorama/wegen-kultureller-aneignung-band-muss-konzert-abbrechen-da-weisse-musiker-rastas-tragen-ld.1695296

https://www.ndr.de/kultur/musik/Absage-wegen-Dreadlocks-Laecherliche-Rechthaberei,fridaysforfuture966.html
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #13 am: August 18, 2022, 10:49:44 »
Die Gerechten

Die Einsternwerfer blüh'n en vogue.
Dazwischen herrscht der Duld-ich-nich.
Der Pawlow Geifer fließt ad hoc,
gesummt, gebrummt mit Wespenstich.

Wehe, wehe, wenn der Kurras naht.
Die Zeit genötigter Kalfakter,
hält süffisant Tableau parat,
mit Blick auf Stacheldraht Charakter.

Gerotzte Häme im Parcours Galopp,
so stinkend schlüpfrig wie ein Rektoskop(p)
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

hans beislschmidt

Re: Gedichte Archiv Beisl 22
« Antwort #14 am: August 19, 2022, 19:57:29 »
Klärgerecht

es dauert lange bis am Ende einer Kläranlage wieder saub'res
Wasser kommt

Gitter Netze Speicher tun ihr Bestes
im Kampf gegen Menschnatur
Versottung

was ausgeschieden wird kommt
auf die Felder und spritzt aus
Traktors Güllehänger

schau wie hinten der Partikelbogen
spritzt und der dunkle Regen
auf trock'ne Furchen fällt

tranchierte Fetzen kann man noch erkennen wie sie durch die
Gegend flattern

der Rest der Überheblichkeit
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)