Autor Thema: Der Hassprediger  (Gelesen 234 mal)

Erich Kykal

Der Hassprediger
« am: M?RZ 04, 2023, 11:44:10 »
Weit hat mich die Glut getragen
durch so vieler Andrer Sein,
habe ich den Pfad geschlagen
meines Herrn – und ihm allein.

Habe ich sein Wort verkündet,
in so manches Herz gepflanzt,
dass es sich mit mir verbündet
und nach meinem Takte tanzt.

Heute, so viel Wahrheit später,
bin ich kälter nur – und leer,
ahnend, dass die Glut den Täter
hohl nur macht und schuldenschwer.

Doch es gibt aus dem Gefängnis,
das ich schuf, um groß zu sein,
kein Entkommen. Die Bedrängnis
meines Irrwegs macht mich klein.

Andre tragen meine Galle
weiter längst auf diesem Pfad:
Selbst verführt verführen alle
hin zu Glut und kalter Tat.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Der Hassprediger
« Antwort #1 am: M?RZ 04, 2023, 17:21:48 »
Lieber Erich,

dein Gedicht macht klar: die Fackel des religiösen Hasses wird (im Wahn einer höheren Macht zu dienen und von ihr belohnt zu werden) immer weiter gereicht und die Herzen derer, die sie tragen, werden dabei ausgebrannt. Im Moment  sieht man im Iran auch wieder die Untaten an Unschuldigen.
 
Ob tatsächlich einer der Hassprediger je so viel Einsicht in seine Verstrickung und schändliche Wirkung zeigt, wie der im Gedicht, ist fraglich.

Sehr gern gelesen.
LG g

Erich Kykal

Re: Der Hassprediger
« Antwort #2 am: M?RZ 05, 2023, 01:00:39 »
Hi Gum!

Im Iran geht es nicht nur um eine restriktive und gnadenlose Religion, sondern auch um das kulturell manifestierte Patriarchat, das dort seit Jahrtausenden herrscht, und auf die Frau als Handelsware, devote Haussklavin und willige Kindsgebärerin nicht verzichten will.
Dazu kommt die Grausamkeit einer erzieherisch weitergereichten Tradition der Härte, die dem Leben des Individuums wenig Wert und Rechte zugesteht. Alle Macht dem Wort Gottes und jenen, die es verkünden!

Die Christen könne es allerdings ebenso gut: Ich denke an die homophoben rechten Christen in amerikanischen Bible Belt, die bis heute versuchen, ihre schwulen Kinder 'umzuerziehen', teils mit KZ-ähnlichen Mitteln, die außerhalb des religiösen Deckmäntelchens nur als psychische und physische Folter bezeichnet werden können, oder die rigiden irischen Gemeinden, in denen ertappte 'gefallene Töchter' heute noch von den eigenen Vätern im Namen des Pfarrers aus den Dörfern geprügelt werden! Soviel zur Religion der Nächstenliebe!

Leider gibt es genug geifernde Prediger, die niemals so weit kommen wie das obige LyrIch: Sie erkennen bis zur Bahre nicht - oder verweigern sich der Erkenntnis - dass sie lebenslänglich selbstgerechte Arschlöcher waren! Im Gegenteil: Sie tun bis zuletzt alles dafür, ihre meschenverachtende, exkludierende Intoleranz weiter zu verbreiten, und wähnen sich dabei noch auf den 'Pfad der Gerechten'!

LG, eKy




Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.