Autor Thema: Verpfändet  (Gelesen 1307 mal)

cyparis

Verpfändet
« am: Mai 08, 2010, 17:24:59 »


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In diese reiche Lebensfülle,
in die mich rätselhaftes Los getrieben,
dringt eine ahnungsschwangre Stille,
ein kühler, starker, ferner Wille
wie ein Gebot, daß ich nun meine Hülle
abzustreifen habe, sie nicht mehr lieben
darf, da diese Zeit nun endet.

Der fremde Wille schreckt als Drängen
auf neue, unbekannte Dornenpfade,
zu andrem Büßen, andrer Gnade,
zu tiefern, wildern Orgelklängen,
zu demutsvollen Weihgesängen,
zu einem dunklen Nachtgestade
hin, von dem der Tag sich wendet.

Als Trost wird mir Dein Blick nur bleiben
aus Augen hehr und tief und klar,
jeden Spottes, jeden Tadels bar,
bereit, Dämonen zu vertreiben,
Hohes auf das blasse Pergament zu schreiben,
das einstmals meine Seele war,
entrissen mir, getreten und geschändet.

Nun hab ich alles: Leben, Herz und Hülle,
Pulsschlag, Geist, geliebte Stille
für Deinen Kuß auf meine Stirn verpfändet.


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Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Verpfändet
« Antwort #1 am: Juni 09, 2010, 11:21:10 »


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In diese atemreiche Lebensfülle, Sonst Zeile zu kurz, auch andere W. möglich: über-, wunder-, usw....
in die mich rätselhaftes Los getrieben,
dringt eine ahnungsschwangre Stille,
ein kühler, starker, unnahbarer Wille Metrum.
wie ein Gebot, daß ich nun meine Hülle
abzustreifen habe, nicht mehr lieben  Streiche "sie" - ist überflüssig.
darf, da dieser Tage Zeit nun endet.  Metrum.

Der fremde Wille schickt ein Drängen Lyrisch schöner.
auf neue, unbekannte Dornenpfade,
zu andrem Büßen, einer andern Gnade, Wegen Wortwiederholung. Bezügl. Metrum bin ich unsicher.
zu tiefern, wildern Orgelklängen,
zu demutsvollen Weihgesängen,
zu einem dunklen Nachtgestade
hinaus, von dem der Tag sich wendet. Lesbarer.

Als Trost wird mir Dein Blick nur bleiben
aus hehren Augen, tief und klar, Zuviele "und"s.
jedweden Spottes, jeden Tadels bar, Wegen Wortwiederholung, vielleicht Metrum.
allzeit bereit, Dämonen zu vertreiben, Sonst Z. zu kurz.
ein hohes Wort auf Pergament zu schreiben,
das einstmals meine blasse Seele war, Runderes Deutsch, klarere Aussage, beide Zeilen metrisch runder..
entrissen mir, getreten und geschändet.

Nun hab ich alles: Leben, Herz und Hülle,
Pulsschlag und Geist, geliebte Stille  Sonst Z. zu kurz.
für Deinen Kuß auf meine Stirn verpfändet!


Hi, Cyparis!

Wie immer ein Muster an sprachlicher Gediegenheit. Manchmal will mir scheinen, du musst aufpassen, nicht an manchen Stellen allzu "gestelzt" rüberzukommen - das wirkt erzwungen, wie eine sprachliche Pose. Schon klar, damit hast du nichts im Sinn, ich rede ja nur über (subjektive) Eindrücke.

Insgesamt ein überaus eloquentes Gesamtkunstwerk. Selten habe ich eine "Beziehungskiste", wie manche es prosaisch betiteln, so sprachlich pittoresk und tiefschürfend beschrieben gefunden!
Wunderbar auch deine Conclusio! Große Lyrik!

Wie meist habe ich mir erlaubt, dein Zitat zu bearbeiten, um versch. Vorschläge bezüglich Sprache oder Zeilenlänge anschaulich zu machen. Nimm wie immer, was dir brauchbar erscheint.

Sehr gern gelesen! Schade, dass sich engstirnige Forenheilige so voreilig um das Vergnügen gebracht haben, dies auf ihren Seiten lesen zu können!

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juni 09, 2010, 11:23:40 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Verpfändet
« Antwort #2 am: Juni 13, 2010, 16:14:14 »
Lieber Erich Kykal,

zuallerst bin ich stolzgeschwellt,
weil Du mir einen Kommentar geschrieben hast.
Das ist ein kleiner Ritterschlag.

Aber an dem Bild, das hier eingerichtet wurde, muß etwas geändert werden.
Ich  b i n  kurzsichtig, dennoch verweigert sich mir das "Rote".
Ob es anderen Wiesenbesuchern auch so geht?

Laß mich meine Lupe suchen!


Dein anschließendes Kompliment/Lob beglückt mich sehr!

Bis bald!

Blühendes
cyparis

Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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Lachträne

  • Gast
Re:Verpfändet
« Antwort #3 am: Juli 12, 2010, 09:25:57 »
Liebe Cyparis,
dein Gedicht kann man als ein besonderes Liebesgedicht betrachten. Hier wird eine  innige Liebe zur Dichter-Muse in Worte gefasst.
Das LyrI verschreibt sich der Muse, ist bereit alles zu geben, damit sie es weiterhin inspiriert. Ja, es ist eine Liebeserklärung an die Poesie.
Und  obwohl das Gedicht in einer ein wenig antiquierten Sprache formuliert ist, erscheint es mir trotzdem sehr modern und ausdruckstark.
Es hat einen feierlichen Klang. Gerne gelesen.

liebe Grüße
kleine Lachträne

cyparis

Re:Verpfändet
« Antwort #4 am: Juli 12, 2010, 11:50:18 »
Liebe Lachträne,


so kann man auch interpretiert werden?

Dieses Gedicht wurde (in glühender, aber platonischer Liebe) für einen Lehrer geschrieben, der mir - falls ich einen guten Zeugnis-Durchschnitt habe - einen Kuß auf die Stirn versprach, dieses Versprechen aber nie einhielt.

Dafür durfte ich Vieles von ihm lernen. An seinem Geist und seinem Wissen hab ich mich sozusagen emporgerankt wie eine junge Erbsenpflanze.

Ich freue mich, daß Dir die sprache gefällt, denn es ist meine Dichtersprache.

Ganz herzlichen Gruß
von
cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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