Hi Martin!
Ja, das "gelassen in die Tiefe rollen Lassen" - natürlich verzweifle ich an der menschlichen Dummheit und der sich stupide wiederholenden Historie mit all den immer gleichen hirnlosen Fehlern, der nackten Gier, des egomanischen Gewinnstrebens, der seelischen Kälte und Grausamkeit der soziopathischen Züge menschlicher Gesellschaft(en), dem Kadavergehorsam manipulierter Massen, der Wohlstandsträgheit, der ich mich selbst anheim gefallen zeichne, der Besserwisserei von Gutmenschen, der aufdringlichen Hybris glaubensdurchglühter Gottestrottel, der rücksichtslosen und kurzsichtigen Vergiftung, Ausbeutung und Ausrottung der Natur, usw - die Liste wäre schier endlos ...
Aber was hülfe es, mich darob aller Lebensfreude zu entschlagen, die ich noch aufzubringen vermag!? Davon, dass ich schmollend und selbstzerfleischend, kummervoll wie stumm anklagend im Kämmerlein hocke oder lauthalsend, aber hilflos und unerwidert wider das empfundene Unrecht aufbegehre, ändert sich im großen Rahmen praktisch gar nichts!
Ja, es gibt diesen hübschen Spruch: Wenn nur genug am gleichen Strang ziehen, können sie den Weltenlauf beeinflussen!
Dazu gilt es zu bemerken, dass zum einen solche Zweckbündnisse für eine "größere Sache" nie lang (genug) halten, weil zu viele Menschen zu viele individuelle Interessen und Ideen haben, wie so eine Sache zu gestalten sei, und zum anderen, dass ich grundsätzlich nicht der Typ für so ein Rudelgeschunkel bin! Alles, was irgendwann dank der menschlichen Natur in Satzungen, Vereinsbroschüren, Parteiprogrammen, Weisungsverordnungen, Regelwerken, Normierungserlässen und starrer Gesetzgebung gerinnt, ist meine Sache nicht.
Allein das endlose Palaver über Detaillösungen, das Bürokraten, Beamten und Politikern offenbar so am Herzen liegt, würde mir in kürzester Zeit den Nerv ziehen!
Ich habe mich seit meiner späteren Kindheit und Jugend eigentlich als Fremdkörper in der menschlichen Gesellschaft betrachtet, so als gälten die kulturellen und sozialen Übereinkünfte nicht für mich, auch wenn ich stets bereit war, die positiven Aspekte auszunutzen. Ich war aber nicht un- oder amoralisch dabei, einfach nur "außenstehend" aus innerer Überzeugung. Der Menschheit fiel das nicht weiter auf, und wenn, wäre es dem größten Anteil auch egal gewesen.
Es war nur mir nicht egal - ich wandte mich enttäuscht und traumatisiert ab und wollte das "Menschenspiel" nicht mitspielen, so weit dies möglich war.
Dazu das letztes Jahr geschriebene Sonett "Waldkind":
Die sanfte Seligkeit entrückter Räume
im Walde heilt die klammen Wesenswunden,
von Menschen zugefügt und tief empfunden,
und lenkt das Seelenboot an weiche Säume
von Nadelduft und Moos, und meine Träume
erwachen wieder wie erneut gefunden
in diesen zeitlos grün erblühten Stunden
im Fall des Lichtes durch das Laub der Bäume.
Ich konnte nie die Menschenspiele spielen,
mit Waffen nicht auf meinesgleichen zielen,
und bitter ließ es mich ihr Hartes büßen.
Allein wo breite Äste knarrend grüßen,
erwachen mir Gedanken, die zu vielen
Gelegenheiten meinen Weg versüßen.
Darum konnte ich auch immer abstreifen, was an Existenzängsten oder Vorurteilen die sozio-kulturelle Übereinkunft um mich herum mir aufzuladen versuchte. Es ging mich einfach nichts an, was diese befangenen Blinden mit sich und der Welt anfingen - ich allein hätte ohnehin nichts daran ändern können, so wie ich als Kind den Mobbern und Demütigern meiner Altersklasse über Jahre hinweg ausgeliefert war. Eltern oder Lehrer vermochten auch nichts daran zu ändern (damals hatte man sich noch selbst zu helfen zu haben, wenn man "ein Mann werden wollte/sollte"), also entwickelte ich ein säuerlich zynisches Mundwerk und trennte mich von allen sozialen Aspekten einer Kultur, die solches Unrecht geschehen ließ.
Dabei blieb es auch für den Rest meines Lebens, und meistens hatte ich nichts zu bereuen. Wenige Male vertraute ich, und bei gut der Hälfte davon wurde ich enttäuscht, die andere Hälfte enttäuschte ich. Blödes Spiel ...
Also zucke ich die Achseln und denke mir: Ich lebe, solang es geht, und wenn ich sterbe, wird mir das annähernd so egal sein wie mein Leben. Dazwischen nehme ich innerlich mit, was ich kann, lasse mich nicht vereinnahmen oder renne gesellschaftlich anerkannten oder gar begehrten Klischeevorstellungen nach. Da halte ich es wie in der Schlußzeile eines Songs von Simon&Garfunkel: "I am a rock, I am an island - `cause a rock feels no pain, and an island never cries."
Dazu das Sonett "Ein neuer Tag" von 2013:
Die junge Welt verblasst im Dunst der Ferne,
ein neuer Tag schlägt seine Lider auf.
Ich atme ein und freue mich darauf -
in solchen Augenblicken bin ich gerne!
An allen Dingen, die ich heute lerne,
erwachse mir ein Geist, der sie versteht
und manche Jahre freundlich mit mir geht,
und weiter endlich in den Staub der Sterne!
Wir sind geboren, um uns zu verlassen,
doch in der Zeit, die wir bewusst erfahren,
in allen Bildern, die wir um uns scharen,
sei tiefes Weltbegreifen und -ermessen,
und alle Weisheit, die wir darin fassen,
versöhne uns mit Scheitern und Vergessen.
LG, eKy