Autor Thema: Die Besonderen  (Gelesen 1497 mal)

wolfmozart

Die Besonderen
« am: Februar 15, 2020, 15:11:38 »
Seht, hier finden wir uns ein
Im geheimen Kämmerlein
Denn wir sind verfolgte Rasse
Abgestoßen von der Masse
Wir, die ganz Besonderen

Exklusiv ist unsre Runde
Unser Herz gleicht einer Wunde
Wund geworden am Normalen
Oft gekreuzigt am Banalen
Kreuz des ganz Besonderen

Und nicht jeder hat hier Zutritt
Außer wenn er so wie wir litt
Unter uns, da sind wir glücklich
Und ein jeder ist erquicklich:
Himmel der Besonderen

Erich Kykal

Re: Die Besonderen
« Antwort #1 am: Februar 15, 2020, 16:02:24 »
Hi WM!

Schön gesagt, auch wenn die letzte Strophe schon fast ein wenig nach der Hybris des Elitärem klingt. Aber die vorherigen Strophen definieren das "Anderssein" ja ausreichend als das von der Masse Verschmähte, Ausgegrenzte, das verdächtigt und gefürchtet wird, weil es leichter ist, das "Andere" zum Feind zu machen, der das "Normale" erst definiert, vor allem, wenn dieses Andere im Grunde schwach und harmlos ist und sich daher nicht dagegen zur Wehr setzen wird.

Was bleibt den Verachteten übrig, als sich um ihr Besonderssein zu scharen und es zu zelebrieren, da es das einzige bleibt, aus dem sie noch Selbstwert und kulturelle Verankerung schöpfen können? So entstehen die geheimen Treffen in den stillen Kämmerlein, die su beschreibst, und die die tumbe Masse zu noch mehr Vorurteil und Befürchtungen anstacheln!

Leider lässt sich von außen nicht sagen, ob die Zweifel und Ängste berechtigt sind. Manche Sekten sind ja durchaus verstiegen und gefährlich in Ansichten und Taten! Wären wir als Gesellschaft aber toleranter, wir trieben all jene Ausgegrenzten erst gar nicht in die stillen Kämmerlein, in denen sie sich selbst weiter abgrenzen und Anlass bieten zu wilder Mutmaßung, Verdacht und übler Nachrede!

Gern gelesen!  :)

LG, eKy

PS: An der korrekten Setzung von Satzzeichen solltest du wirklich noch arbeiten!  ;)
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Die Besonderen
« Antwort #2 am: Februar 20, 2020, 15:51:32 »
Hi WM,
für mich klingt nicht nur S3 (wie von eKy schon angemerkt) nach einer etwas wehleidigen Form von Überheblichkeit, auch S1 und S2 gehen schwer in diese Richtung.
Natürlich könnte man das ironisch lesen und dann als Kritik am Rückzug in den Elitarismus deuten. Dabei hilft sicher die Doppelbödigkeit, dass die hier besungenen "Besonderen" eben keine verfolgte Unschuld sind, sondern selbst wieder Diskriminierung betreiben ("und nicht jeder hat hier Zutritt"). Das ist ein (beabsichtigter?) cooler Kniff. Aber es überwiegt doch insgesamt ein verdammt selbstgefälliger Opfergestus.
Das ist schade, denn die Ausgrenzung und die Stigmatisierung von Menschen, die sich nicht an die "Norm" halten können oder wollen (oder beides), bilden vom Schulhof an die Basis, über die sich die Herdenmenschen definieren - sehr zum Wohlgefallen aller (Seelen)-Hirten und Wölfe.
Die Infragestellung dieser ausgrenzenden Herdenhaltung auf Kosten der "Abnormen" (letztlich aber auch auf Kosten der Herdenmitglieder!) hat viele gut gemachte Texte verdient.
Ein bisschen würde es m. E. schon helfen, wenn Du von dem "ganz Besonderen" in S1 und S2 abrücken könntest. Diese massive Erhöhung kommt jedenfalls für mich nicht so sympathisch rüber. Das Ganze kriegt sofort einen anderen Dreh, wenn Du z. B. stattdessen schreibst: "Wir, die leicht Besonderen"... das grenzt dann an "leicht absonderlich" und bringt eine Selbstironie ein, die die Verse für mich besser verdaulich machen würde.
LG!
S.

wolfmozart

Re: Die Besonderen
« Antwort #3 am: Februar 22, 2020, 14:05:32 »
Hallo Erich und Sufnus

Dank wie immer fürs Kommentieren.

Erich ich stimme Deinen Zeilen zu. Man könnte sagen das ist ein ewiger Kreislauf. Eine bestimmte Gruppe wird ausgegrenzt, rottet sich zusammen aus Selbstschutz, grenzt wiederum die Ausgrenzer aus usw. Ich persönlich versuche offen für alle(s) zu sein, auch wenns mir nicht immer gelingt.

Hallo Sufnus. Sicher, dieses Gedicht von mir kann man auch ein bisschen in Richtung Elitarismus interpretieren. Aber die Masse grenzt die Besonderen aus (worunter ich in aller Bescheidenheit in meinem Leben immer sehr gelitten hab) und die Besonderen treffen sich sodann gesondert weil sie auch so wie sie sind sein wollen. „Und nicht jeder hat hier Zutritt“ is vielleicht eine Spur überzogen aber ich war einfach böse auf die ewigen Nivellierer (nach unten) und  Kritiker(Bekämpfer) des Außergewöhnlichen. Und war glücklich unter Gleichgesinnten.
Deinen Wunsch nach Änderung von den „ganz Besonderen“ in „leicht Besondere“ kann ich dir nicht erfüllen, weil es nicht ganz den Tatsachen entspricht und weil das Gedicht dann – wie du richtig bemerkst – eventuell ins leicht Ironische wechselt, was ebenfalls nicht beabsichtigt is.

Liebe Winter (Frühlings?) Grüße

wolfmozart