Ihr habt mich derb verspottet und verachtet,
habt mich gebrochen, weil ich anders war.
An eurem Ungeist ist mein Selbst verschmachtet
und wurde kleiner nur mit jedem Jahr.
Ertrunken bin ich in brutaler Kränkung,
gehäutet von dem Spott aus eurem Mund.
Jetzt komme ich zurück aus der Versenkung
und gehe nicht als einziger zugrund!
Egal, dass hier längst andere verweilen,
es ist der Ort, den ich vernichten will,
an dem ich sterbe, um mich selbst zu heilen,
ist nur das Kreischen in mir endlich still!
Geschrieben nach dem Amoklauf von Graz, von einem, der als junger Mensch selbst jahrelang von solch einer Schreckenstat geträumt hat, zumindest als heimliches Ventil für die unerträglichen höhnischen Kränkungen durch mehrere meiner damaligen Klassen'kameraden' – ein gemobbter, erniedrigter Sonderling (Sozial isoliertes und gehemmtes Einzelkind).
Ich kenne diesen Artur nicht, kann wie alle also nur über seine Gründe spekulieren und mutmaßen. Vielleicht war er ja auch gar kein Mobbingopfer, sondern einfach nur total bestusst und soziopathisch, wer weiß? Nachforschungen werden erweisen, was ihn trieb – oder auch nicht.
Nicht dass ich derlei je wirklich fertiggebracht hätte – aber wer nie jahrelang gemobbt wurde, wird niemals verstehen, was das mit einem macht, wie innerlich gedemütigt, zerstört, klein, verworfen und verloren man sich fühlt, einsam, isoliert und missverstanden. Wie alles verschlingend die Spirale von Hass und Selbstverachtung werden kann – bis man jeden objektiven Blick verliert.
Ich applaudiere solch einer Tat nicht (und versuche auch nicht das Leid der Toten, Verletzten und Angehörigen zu verhöhnen), zumal sie obendrein praktisch immer nur Unschuldige trifft (nicht dass andererseits die Schuldigen gleich den Tod dafür verdient hätten, bloß weil sie als Jugendliche Arschlöcher waren oder ihr Opfer selbstgerecht für eines gehalten haben …), ich konstatiere nur, dass ich das psychologische Drehmoment solch einer Tat aus eigener bitterer Erfahrung nachempfinden kann.
Dass es nicht nur die mangelnde Reife des Täters ist, die immer wieder zu derlei finalen Befreiungs- oder Rundumschlägen führt, sondern auch die mangelnde Reife und Empathie jener, die durch ihr grausames, höhnisches Mobbing, oft über Jahre hinweg, solche Täter überhaupt erst produziert haben.
Meine Erfahrung: Amokläufer sind per se nicht psychisch kranker oder 'böser' als andere Menschen – erst durch die Umstände ihrer fortgesetzten kränkenden Herabwürdigung während einer für das Selbstbewusstsein und die Selbstachtung überaus sensiblen Lebensphase werden sie dazu gemacht. Man bedenke: Wie allumfassend, alles durchdringend muss das empfundene Leid sein, wenn so ein Täter nicht einmal mehr das Leid wahrnehmen kann, das er anderen damit antut, dass er keinen Gedanken an Unschuldige verschwendet, weil seine finale Rachefantasie ihn bodenlos überwältigt?
Amokläufe machen nichts mehr gut. Wo ein Täter nur noch um sich schlagen will, um wenigstens einen Bruchteil des Erlittenen in die Welt zurückschleudern zu können, egal wen es trifft (oder um seinen Peinigern so – zumindest in seiner Vorstellung – ein lebenslanges schlechtes Gewissen dafür zu machen, dass sie ihn so gequält und damit zum Täter gemacht haben – dass sie erkennen müssen, dass es ihre Schuld ist, dass dies geschehen musste), versagen alle Versuche, derlei bewältigen zu wollen.
Es bleibt nur Trauer.