Hi, Ingo!
"Dulce et decorum est pro patria mori!" - Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben! - wussten schon die alten Römer. Damals waren das aber eben keine "leeren Phrasen", wie man heute mit anderem kulturellem Hintergrund weiß - man glaubte wirklich daran, und die Geschichte gab ihnen recht: ein liberaler Staat hatte damals wesentlich schlechtere Überlebenschancen als einer, der eine Gemeinschaft beschwor, die eisern zusammenhielt und füreinander einstand, ohne lang zu fragen, wer nun im Recht sei! Das ist heute in Biukerclubs noch so: Brüderschaft über alles!
In einer Welt der Sicherheit und des Wohlstandes wie heute fällt es schwer, die Vernunft darin zu erkennen.
Natürlich hatte sich im Laufe der Neuzeit der Krieg fast schon ritualisiert als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, wie man sagte. Das galt allgemein damals immer noch als lauteres Mittel, staatlichen Willen durchzusetzen und das eigene Land gedeihen zu lassen. Es gab "Erbfeinde", sozusagen Lieblingsgegner. Die Länder vor dem ersten Weltkrieg verhielten sich im Grunde wie konkurrierende Schulhofbanden. Man hatte Wohlstand und Sicherheit erreicht, zumindest in vergleichbar zur Antike hohem Ausmaß, aber das Denken war noch in Stammesstrukturen befangen, die eine Gemeinschaft - die eigene - über alle anderen stellte.
Der in deinem Gedicht menschenferne Greis - soll das Hindenburg sein? Er hat im ersten WK Tannenberg gewonnen und wurde zum Nationalhelden, da war er zwar schon alt, aber noch beileibe kein Greis. Erst als er Hitler vor dem 2. WK zur Macht verhalf, weil er glaubte, Deutschland sei anders nicht mehr regierbar, war er so wie du beschreibst. Wenn du aber beide WKs mischst (siehe auch "Führerglaube", "völkisch",...), solltest du zumindest den Titel angleichen: "1914/1939" oder so...
Tipps:
S2Z4 - besser wäre es für's Metrum, hier zu trennen: "dass es
Gottes Wille sei"
S2Z5 - kein Komma.
S3Z2 - dem "halbzerflei
schte" fehlt ein "s".
S4Z5 - für's Metrum und die Betonung: "viele wollen
dem sich fügen," stilistisch rundere Alternative: "viele wissen sich zu fügen,"
Der Paarreim unterstreicht zwar die emotionale Erregung, wirkt aber - gemessen am schwergewichtigen Inhalt - etwas leiernd, da wäre mir ein kontemplativerer Rhythmus lieber gewesen. Dennoch ein gelungenes Gedicht, das die Sinnlosigkeit der Gewalt und den Wahnsinn jener Zeit gut beschreibt. Damals wusste man einfach nichts vom Grauen des Krieges, man hatte immer noch ritterliche Vorstellungen von Verteidigung auf dem "Feld der Ehre". Grade erst hatte mit Bertha von Suttner und ihrem Buch "Die Waffen nieder!" eine Art Aufklärung begonnen, als die Hurraschreier wieder zu den Fahnen riefen und ganze Schulklassen sich begeistert freiwillig meldeten. Wie "ehrenvoll" das "Feld" dann wirklich war, lernten sie bitter in den Schützengräben, wo sie für minimalen Geländegewinn vier Jahre lang sinnlos verheizt wurden! Erich Maria Remarque beschreibt es später eindrucksvoll in seinem Roman "Im Westen nichts Neues".
Sehr gern gelesen und beklugscheißert!

LG, eKy