Autor Thema: Spende dich - ein Gespräch  (Gelesen 939 mal)

Agneta

  • Gast
Spende dich - ein Gespräch
« am: April 02, 2019, 10:01:29 »
Spende dich - ein Gespräch

Sag mal, hast du einen Organspenderausweis? Ich habe einen!

Nein, ich habe keinen.

Warum denn nicht? Wenn du spendest, würde ein Mensch überleben, der sonst stirbt.

Nicht zwingend- ich will nicht.

Warum denn nicht? Willst du nicht helfen?

Doch. Aber ich möchte mich nicht als potentiales Ersatzteillager empfinden.

Weißt du, dass, wenn du nach Österreich in Urlaub fährst du dort verstirbst, du dann automatisch als Spender giltst  in dem Land?

Nein, wusste ich nicht, aber Österreich gefiel mir noch nie als Urlaubsland.

Das ist zynisch!

Nein, das ist nicht zynisch. Es ist meine ureigenste Entscheidung, ob ich spenden möchte. Und sicherlich nicht die Entscheidung eines Ministers, der sich im neuen Amt profilieren will.
Nettoempfänger in Europa sind die bösen Deutschen. Gruselige Formulierung.

Jaja, jeder will ein Organ haben, wenn er krank ist, aber keiner will eins geben.

DAS ist zynisch und klischeehaft.

Würdest du denn ein Organ wollen?

Nein!

Warum nicht?

Weil ich nicht möchte, dass alle Menschen als potentielle Ersatzteillager gesehen werden. Weiß ich, ob der, dessen Herz ich dann hätte, vielleicht nur vergessen hat, zu widersprechen!
So wie ich immer vergesse, meinen Einkaufszettel mitzunehmen.

Das ist doch Quatsch. Es ist christlich zu spenden, moralisch gut und gesellschaftlich sozial.

Ich würde meiner Tochter, meinem Enkel eine Lebendspende machen, jederzeit -  aber sonst nix.

Aber die Partei, die die Widerspruchslösung einführen will, die meint es doch gut.

Da sind mir die Sozen ja noch lieber, die die Enteignung von Besitzern mit mehr als 20 Wohnungen vorhaben.

Du spinnst doch. Das kann man doch gar nicht vergleichen.

Findest du?




Erich Kykal

Re: Spende dich - ein Gespräch
« Antwort #1 am: April 02, 2019, 17:51:32 »
Hi Agneta!

WAS!?  :o Österreich als Urlaubsland gefällt dem LyrIch nicht!!!? - Na dem werd ich was husten!  >:D

Inhaltlich bin ich diesmal allerdings nicht bei besagtem LyrIch. Abgesehen davon, dass meine Heimat eins der schönsten Länder Europas ist, finde ich auch die Widerspruchsregelung sehr gut. Wer niemals - um sein Leben bangend und mit Zuständen und Nahtoderfahrungen ringend - auf ein noch rechtzeitig gespendetes Organ gehofft hat, tut sich leicht mit solch philosophischen Spitzfindigkeiten wie oben zu lesen.
Fakt ist: Unsere Körper SIND Ersatzteillager - und mit dem Gedanken kann ich gut leben. Du schreibst ja selbst: Das Zugriffsrecht bleibt bei mir, so lange ich lebe, und was nach meinem Tod mit dem ollen Restfleischhaufen passiert, geht mir am dann nicht mehr vorhandenen Anus vorbei!  ;D

Da bin ich gedanklich ganz bei jenen, die womöglich gute Menschen sind, die noch viel bewegen könnten oder die ganz schrecklich vermisst würden, und die nur deshalb zu früh sterben müssen, bloß weil die Kette am schwächsten Glied reißt!
Ich finde, die Widerspruchsregelung hätte man schon vor 50 Jahren einführen müssen, als Menschenrecht! Aber überkommene religiöse Bedenken, klischeehafte Berührungsängste oder egoistische Befangenheit bei Hinterbliebenen haben das viel zu lange verhindert, und Unzählige sind elendig verreckt, bloß weil die Leute ihre Organe (oder die ihrer Verstorbenen) lieber im Grab verwesen oder sinnlos verbrennen lassen als Leben damit zu retten!  >:(

LG, eKy
« Letzte Änderung: April 02, 2019, 17:53:39 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Spende dich - ein Gespräch
« Antwort #2 am: April 03, 2019, 18:44:31 »
ist doch ein fiktives Gespräch, das den moralischen Druck zeigen soll, lieber Erich, dem einer ausgesetzt ist, der nicht spenden will. Österreich hat nun mal diese Regelung, die mich ehrlich gesagt entsetzte. Darum musste ich ja diese Antwort geben...GGG
In der Tat haben wir hier eine unterschiedliche Meinung.
Wenn wir beginnen, den Nichtspendenwollenden mit Moral zu belegen, dann müssten wir ea auch beim Emp#nger tun: Wer ist es wert, eine zweite Chnace zu bekommen? Der gute Familienavter, der verunglückt, spendet für einen , der seine Kinder misshandelt?
Ich denke,Moral ist hier völlig fehl am Platze.
Es geht um eine persönliche Ebtscheidung, denn der Mensch ist kein !Ersatzteillager.
zudem wurde der recht ominöse und noch nicht völlig erforschte Hirntod erfunden, damit man diese Spende durchführen kann. Der Mensch befindet sich also im Sterbeprozess, in den man eingreift.
Es wundert mich, dass die allgegenwärtige Kirche hier noch nichts moniert hat wegen "Storung des Sterbenden " ect, wo sie doch zu Abtreibung und Schwulenehe so lauthals ihre Meinung verkündet. ( Meiner Tochter wurde der Kitaplatz in einer katholischen Kita verwehrt, weil sie nicht in das moralische Konzept passte (Zitat) als Alleinerziehende. Das nebenbei)
Ich kann mir nicht vorstellen, mit einem Organ eines anderen zu leben. Und ich gebe auch keins. Kann mich noch gut erinnern daran, wie man meine Mutter unter Druck setzte, als mein Vater starb, er solle doch spenden. Er wollte es nicht, sie nicht und ich nicht, aber wie die Zecken haben sie sie traktiert. Unverschämt, einen Menschen in seinem Leid so zu belasten. Die Vorstelllung, dass die meinen Vater da ausweiden, ließ mich Albträume haben. Nur , als ich hinfuhr und laut und unangenehm wurde, da war endlich Ruhe. Unmögliche Zumutung sowas.

Menschen werden krank und sterben, ich habe es bei einigen geliebten Meschen erlebt. Ich fühle mich nicht verpflichtet, als gesellschaftliches Ersatzteillager zu fungieren.
Meine Tochter sieht das ganz anders und hat einen Spenderausweis.
Jeder wie er will, aber die Widerspruchslösung ist Zwang.

LG und lieben Dank für deine Gedanken von Agneta

Curd Belesos

Re: Spende dich - ein Gespräch
« Antwort #3 am: April 03, 2019, 23:25:19 »
Jeder wie er will, aber die Widerspruchslösung ist Zwang.

Liebe Agneta,

das ganze Leben ist Zwang.

Wenn du einen Stein in den Teich wirfst, siehst du die sich ausbreitenden Ringe - das ist schön.

Wenn der Hülle deiner Seele nach dem Dahingehen (wohin auch immer) ein Stück entnommen wird und ein Mensch kann weiterleben und sein Wirken erzeugt Ringe in der Welt - das ist schön.

Doch du siehst es nicht.

Einen nachdenklichen Gruß vor dem Urlaub
von
Curd
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Agneta

  • Gast
Re: Spende dich - ein Gespräch
« Antwort #4 am: April 04, 2019, 18:35:39 »
Damit eben das ganze Leben nicht zum Zwang wird, lieber Curd, gilt es, sich gelegentlich eigene Meinung erlauben, die vom Mainstream oder Gesellschaftsfähigen abweicht. Lächeln.
Deine poetischen Ringe gefallen mir. Aber weiß ich, welche Art von Ringen dieser Mensch zieht und ob ich damit einverstanden wäre...?
Danke für deine Gedanken und lG von Agneta