Autor Thema: Dominus  (Gelesen 885 mal)

Agneta

  • Gast
Dominus
« am: Mai 07, 2019, 11:00:19 »
Dominus

Wenn er ging, ging er flott
und sein Hut glich einem Pott.
Wenn er schlug, schlug er hart,
denn er trug Dreitagebart.
Wenn er soff, soff er fett,
seine Frau kroch unters Bett.
Wenn er ging, ganz adrett,
war er zu den Nachbarn nett.
Als er starb, auf dem Klo,
heulten alle und warn froh.

« Letzte Änderung: M?RZ 21, 2020, 18:53:08 von Agneta »

Sufnus

Re: Dominus
« Antwort #1 am: M?RZ 13, 2020, 12:56:19 »
Hi Agneta!
Hier habe ich mal etwas Älteres ausgegraben, das nun wirklich nicht so unkommentiert in seinem Internetversteck verbleiben sollte. :)
Der Titel verweist auf die lateinische Bezeichnung für den "Herrn im Haus (domus)", also das traditionelle "Familienoberhaupt" und zugleich auf die Bezeichnung für Gott(vater) in der christlichen Antike. Im klassischen Latein war die Doppeldeutigkeit von Göttlichkeit und männlichem Oberhaupt schon angelegt aber noch nicht in eins verschmolzen, die vergöttlichten Kaiser firmierten als Dominus et Deus.
Auf alle Fälle wird der in diesem Gedicht besungene Trottel erst vom Thron geschubst, um ihn dann doch auf einem solchen (in der Porzellanvariante) abtreten zu lassen. Gut gegeben! Bravo!
Ich mag den flapsigen Ton und die etwas schrägen Bilder (sein Hut glich einem Pott) sehr gerne. :)
Etwas zu sehr ins Schräge driftet für meinen Geschmack nur die a-logische Verknüpfung von häuslicher Gewalt und Dreitagebart... Vorschlag: "Wenn er schlug, schlug er hart / Arschloch mit Dreitagebart".
Und die Reaktion der Umwelt in der letzten Zeile wirkt für mich etwas gefühlszerissen. Vorschlag: "Als er starb, auf dem Klo, / trug man Trauer und war froh."
Wusstet Ihr übrigens, dass es im deutschen Strafrecht die Kategorie des "Haustyrannenmords" gibt? Ist eine schöne Anspielung auf den in der Rechts- und Moralphilosophie seit der Antike breit diskutierten Fall des Tyrannenmords.
Beklommen und doch (auch wegen des schönen Klo-Schlusses) sehr gern gelesen! :)
S.

Erich Kykal

Re: Dominus
« Antwort #2 am: M?RZ 14, 2020, 14:37:33 »
Hi Agneta!

Meine (metrischen) Vorschläge zur Behebung aller Hebungspralle:

Dominus

Wenn er ging, so ging er flott
und sein Hut glich einem Pott.
Wenn er schlug, dann schlug er hart, (Komma!)
denn er trug Dreitagebart.
Wenn er soff, so soff er fett,
seine Frau kroch unters Bett.
Wenn er ging, dann ganz adrett,
war zu allen Nachbarn nett.
Als er starb, war's auf dem Klo -
alle heulten und warn froh.


Sehr gern gelesen! Ich habe in meinem Leben mit dem einen oder anderen dieser Art Menschlein Bekanntschaft gemacht: Ganz von sich überzeugt und besonnt im Allmachtsschein von eigenen Gnaden! Kontrollfreaks und Machtgenießer, kleingeistig und krankhaft eifersüchtig! Natürlich nur als angewiderter Beobachter diverser Bekanntschaften, die nicht lange dauerten, aber das hat gereicht!  >:(


LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Dominus
« Antwort #3 am: M?RZ 21, 2020, 19:00:00 »
Lieber Sufnus, vielen Dank fürs Ausgraben. Arschloch trifft es zwar, aber fände ich im Gedicht nicht gut. Dass Dreitagebart hier ein wenig missbraucht wurde und als Symbol für den Macho steht, lässt sich nicht vermeiden.GGG
Lieber Erich,
der Hebungsprall, wie du ihn nennst, ist eine besondere metrische Form und ich habe das Gedicht extra geschrieben , um diese Form anzuwenden. Die Härte, die dadurch entsteht, passt genau zum Inhalt. Man diskutierte über diese Form in einem Forum. Ich glaube sigar, es war die Insel. Wie die Form heißt, weiß ich nicht mehr. Vielleicht weiß Sufnus es.
Hast du "Der Ast" schon gesehen? Zwinker
LG und danke von Agneta

Sufnus

Re: Dominus
« Antwort #4 am: M?RZ 23, 2020, 21:55:00 »
Hey!

Die metrische Form heißt (wenn wir Betonungs- und Längenmetrik mal leichtsinnigerweise gleichsetzen) Kretikus (d. h.:  betont - unbetont - betont). Da hier zwei Kretiküsse ;) aufeinanderfolgen ergibt sich ein sogenannter Dikretikus und dabei folgen an der Grenze der beiden in der Tat zwei Betonungen hinter einander ("Hebungsprall"), was man im Deutschen (anders als z. B. im Schwedischen) eigentlich nur mit einer kleinen Pause aussprechen kann. Deshalb ein kleines Luftschnaufpäuschen z. B. nach "als er starb" und vor "auf dem Klo". :)

Ein bekanntes Beispiel für die Dikretikus-Form sind Alle-Kinder-Witze mit einsilbigem Vornamen:

Alle Kinder schauen auf das brennende Haus, (kein signifikantes Metrum)
außer Klaus: Der schaut raus. (Dikretikus)

Alle Kinder sitzen vor der Waschmaschine (wieder eher ungebundene Sprache)
außer Finn: Der sitzt drin. (Dikretikus)

usw. :)

LG!

S.

Agneta

  • Gast
Re: Dominus
« Antwort #5 am: M?RZ 25, 2020, 12:03:00 »
stimmt, Sufnus, das wars. Danke. LG von Agneta