Autor Thema: Die Messe der verlorenen Unschuld  (Gelesen 904 mal)

Erich Kykal

Die Messe der verlorenen Unschuld
« am: August 11, 2019, 12:53:30 »
Berühren will ich dich, als wärst du heilig,
ein wahres Bildnis der Unsterblichkeit,
erhaben über Endlichkeit und Zeit
und fortgenommen aus der Welt, die eilig

an uns vorüber rinnt, wo wir verweilen
in diesem lustgewonnenen Gebet,
darin der Kreis der Sinne bebend fleht
nach tiefen Augenblicken, die wir teilen.

Begreifen will ich deine samtne Blöße
wie eine aufgegangene Monstranz,
und ganz in dir mich finden in dem Tanz
mit reiner Unschuld unbefleckter Größe,

der uns umfängt wie eine warme Decke,
darin das Wesentliche sich begreift,
die Frucht der Liebe und der Sünde reift,
wenn ich mein Innerstes nach deinem strecke.

Erleben will ich deine erste Regung
als ein Geschenk, das einzig einmal nur
gegeben werden kann, da von Natur
aus eine einzigartige Begegnung.

Berühren möchte ich dein weiches Leben,
wo es sich unter meinem Tasten spannt,
und sind wir heiß in dieses Bild gebannt,
will ich mich ganz in deine Hände geben.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Die Messe der verlorenen Unschuld
« Antwort #1 am: August 13, 2019, 14:01:17 »
Wenn ich es recht verstehe, spricht die verlorene zu der bewahrten Unschuld, betet sie an und begehrt sie. Doch will sie die Reine nur berühren/erregen und sich dann in ihre Hand begeben. 

Sehr schön gedichtet, aber, wenn es so gemeint ist, lieber Erich, mehr poetisch/religiös gedacht als realistisch.

LG gummibaum



 
« Letzte Änderung: August 13, 2019, 20:34:59 von gummibaum »

Agneta

  • Gast
Re: Die Messe der verlorenen Unschuld
« Antwort #2 am: August 13, 2019, 18:08:38 »
ich lese hier die Unschuld, also der Zustand von dem Menschen, der noch nicht Geschlechtsverkehr hatte.
Ich lese ( Messe, anbeten usw.) die Aussage eines Pfaffen, der sich an Kindern vergeht, das Nehmen der Unschuld quasi sich selbst zugenehmigt. ER ist der, der sie ihnen nehmen kann und dies ist dann auch noch ein Geschenk.
Geschrieben aus der Perspektive eines Verbrechers, der Kinder begehrt. Jedoch so "liebevoll", dass es einem Angst macht. Man liest ja in Zeitungen immer, dass diese kranken Menschen sich einreden, das Kind wolle es auch, würde es genießen ect.-

Auch wenn dieses Werk einem gesunden Menschen zeigt, wie tief verwoben solch einer in seiner Welt ist , die keine Schuld zulässt, auch, wenn es gerne als Krankheit oder Absonderlichkeit verharmlost wird und auch dieses Werk beinah dafür zu werben scheint, den Täter zu verstehen, bin und bleibe ich bei der Ansicht:
Solches ist die abscheulichste Variante von allen kaputten Menschen und verdient, dass man ihm das Ding abschneidet.
LG von Agneta

gummibaum

Re: Die Messe der verlorenen Unschuld
« Antwort #3 am: August 13, 2019, 20:41:08 »
Liebe Agneta,

dein Kommentar interpretiert den Text schlüssig. Vielen Dank. Das nun verstandene Gedicht gefällt ausgesprochen gut.

LG g


Erich Kykal

Re: Die Messe der verlorenen Unschuld
« Antwort #4 am: August 13, 2019, 22:33:17 »
Hi Gum, Agneta!

Eigentlich wollte ich nur eine zärtliche Entjungferung beschreiben, z.b in einer Hochzeitsnacht, wie früher üblich. Ich wüsste nicht, etwas Kindliches in der Beschreibung der Unschuld angedacht zu haben, daher überrascht mich diese Deutungsmetaebene etwas - wiewohl sie gültig sein mag.
Das LyrIch ist hier der Mann: der frisch angetraute Gemahl, der erste Freund, mit dem sie Sex hat - wer auch immer.

Ach ja - wahrscheinlich hat die Phrase mit der "ersten Regung" (vorletzte Str.) dazu verführt, es so zu deuten. Ich dachte an die erste richtige Lust, ein erstes Sich-wirklich-Gehenlassen in körperlicher Ekstase und Vereinigung einer bis dahin keuschen Maid, jung, aber nicht SO jung ... - aber klar, sowas gibt es heute kaum noch ... oder doch?  ;)

Na, jedenfalls danke für diese andere Sichtweise. War wohl missverständlich ausgedrückt ...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Martin Römer

  • Gast
Re: Die Messe der verlorenen Unschuld
« Antwort #5 am: August 14, 2019, 06:16:57 »
aber klar, sowas gibt es heute kaum noch ... oder doch?

...... es sind diese Sätze, die unsereins seltsam bekümmert zurückelassen.
Du schaust eine männliche Jungfrau!  :)
In meinen vielleicht hochmütigen Augen kann in meiner Glut das Niedere nicht wirklich mehr vorhanden sein.
Liebe, wo es Liebe ist!

Der Mutseligkeit, das Nichtzeitgemässe nonchalant aufzuschreiben, gebührt ein Lobeswort.

Was meinst du, womit ich ich heut noch vor dem ersten Licht am Himmel wieder aufgewacht bin.
Da gibt es ein wahrlich seltsames Gespenst mit "mysteriöser Kluft" und "den vielen Wegen des Lebens"......
Kurz: ein Engelchen, das über jede Wirklichkeit hinweg provoziert, sich völlig gehen zu lassen.
Damit bin ich, was die Gedanken über Sinnlichkeit anbelangt, gut ernährt....
Ein erstes Hinschweifen mit Sprüchen der Ablenkung - den Rest weiß ich nicht mehr.....


Du betreibst keinen Schabernack, was deine Virtuosität anbelangt.
Annelies ist "schneller auf den Punkt gekommen" in einer kristalleneren Diktion.
Lass es mich noch ein paar Mal lesen und schließlich zu Ende besprechen, mein Werter.


Frühstücksbegierige Grüße
M.

Agneta

  • Gast
Re: Die Messe der verlorenen Unschuld
« Antwort #6 am: August 16, 2019, 18:39:38 »
obwohl ich bei meiner Interpretation bleiben möchte, lieber Erich, möchte ich dennoch etwas zu deiner Erklärung sagen:
aus Sicht einer Frau ( und ihr seid denke ich alles Männer) stellt sich das erste Mal etwas anders dar. Junge Menschen sind sehr unsicher, auch heute noch, wenn es wirklich zur Sache geht. Jungs haben Versagensängste, Mädchen haben Angst, ob sie auch hübsch genug sind ect. Die Hingabe, die du im Kopf hast, kann eine junge und unerfahrene Frau nur durch einen älteren und erfahrenen Mann erfahren. Junge Männer sind viel zu sehr "mit sich selbst beschäftigt" und da Sex in immer jüngeren Jahren paktiziert wird, wird dieses Thema immer brisanter.
 
Frauliche Grüße von Agneta

Erich Kykal

Re: Die Messe der verlorenen Unschuld
« Antwort #7 am: August 16, 2019, 19:22:06 »
Ein gutes Argument, liebe Agneta! Da war ich wohl von einigen romantischen Filmen verleitet, zB. "Die blaue Lagune" u.a., zu denken, wahre innige Liebe erzeuge auch ein selbstloses Nehmen und Geben bei der ersten physischen Vereinigung.
Wiewohl in meinem Gedicht nichts darauf hinweist, dass die Akteure gleichaltrig sein müssten - im Gegenteil, das männliche LyrIch drückt sich sehr reif und gewählt ( ;)) aus bezüglich seiner Vorgehensweise, das weist ja durchaus auf einen reiferen Liebhaber hin.

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juli 08, 2021, 11:53:48 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.