Hi AL!
Deine Zeilen sind für mich inhaltlich ganz wunderbar und poetologisch auch sehr stimmig konzeptioniert... aber sie bräuchten noch etwas mehr Liebe zum Detail um mich zu bezaubern.
Mein gewichtigster Einwand: Die samothrakische Nike, auf die hier offenbar angespielt wird, hat keinen Kopf (mehr)... das ist als Metapher für ein faltenloses Antlitz schwierig... und jetzt sag nicht, dass Du das extra gemacht hast... dann würden diese schönen Zeilen eher ins Dadaistische abkippen und ich müsste lesegedanklich völlig neu ansetzen.
Ansonsten ist das Gedicht nicht ganz so reimfrei, wie eKy konstatiert: "Samothrake" und "treu", "Leben" und "Jahren" sowie "Seins" und "bleibt" sind sozusagen rudimentäre "Reimvorstufen" und ihre Verwendung dürfte kein reiner Zufall sein: Mal "reimen" sich die Vokale (Seins und bleibt), mal "reimen" sich die Konsonanten (-thrake und treu), mal gibt es einen Gleichklang auf der unbetonten Silbe (Leben und Jahren).

Ich mag dieses Proto-Reimen - und es ist durchaus seit einigen Jahren auch sehr "en vogue" in der Lyrik; ein Kompromiss zwischen der "Regellosigkeit" des freien, ungereimten, "modernen" Redens und dem strengen "Korsett" des Endreims, der oft genug dem armen Poeten diktiert, was er zu schreiben hat, "um des Reimes willen"...

Ebensowenig Zufall dürfte der Binnenreim "Pfirsichhaut" - "vertraut" sein

Das Gedicht gibt also eine Menge an formaler Artistik her, was schön ist, aber einige Zeilen wirken da vergleichsweise noch unfertig, vor allem die fehlende Proto-Reimung in Z. 7 und 8 stört mich etwas (immerhin "reimt" sich Z. 8 wieder beinahe mit Z.9)

Und die metrische Desorganisiertheit von Z3 kommt mir auch ein bisschen unordentlich vor.
Klingt jetzt irgendwie alles mäkelig... ist aber natürlich nicht bös gemeint und soll nicht verschleiern, dass die Deine Zeilen mit großem Genuss konsumiert habe.

LG!
S.
EDIT: Irgendwie ist mir heute mittag die Hälfte meiner Gedanken beim Absanden abhanden gekommen - daher hier eine geupdatede Version meines Kommentars.
