Autor Thema: Seemann zur Seeräuberin  (Gelesen 1377 mal)

Martin Römer

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Seemann zur Seeräuberin
« am: Juni 10, 2020, 10:22:13 »
Eine Zeit des Stillstands, ein "Weiter so"? Eine Zeit der Verelendung, große Wirtschaftskrise, autoritärer Überwachungsstaat, Aufstände, die Zerstörung der Natur, gar die Auslöschung der Menschheit?......


Vergessen hast du: Raserei mit Kindersinn.
Und derogleichen kann getrost gefährlich werden.
Die Erde ist zu faul für einen Neubeginn
und so verschlingt der Satan die zerwühlten Herden.

Erlausch: die Menschheit ist in fünfzig Jahren fort.
Erlausch: das jetzige Jahrhundert wird brutaler.
Hinwieder fahre ich gewaltumhaucht zum Port,
die flammenreiche Wüstennacht wird nicht mehr kahler.

Gestörte wälzten sich auf meiner stillen Brust,
ich aß mich selbst in jahrelangem Kerkerleben.
Was flehe ich des Nachts um herzigliche Lust?
Ich könnte mich dem ersten Feind burlesk ergeben....



Seeräuber-Jenny

Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #1 am: Juni 10, 2020, 19:23:20 »
Die Erde faul? Das kann ich nicht bestätigen.
Ob Bienchen, Piepmatz, Plattfisch in der Flut.
Es gibt tagein, tagaus was zu erledigen.
Wenns draußen grünt und blüht, dann schreit die Brut.

Es ist doch nur des Menschen kranke Birne,
die, rastlos auf der Jagd nach Geld und Macht,
berechnet Aktienkurse und Gestirne,
nur für die Zukunft wird kein Plan gemacht.

Wir können Gott und Satan nicht belangen.
Gott sprach: „Macht euch die Erde untertan.“
Wir waren frei, sind Irrwege gegangen.
Der Countdown läuft. Nun denn, was ist der Plan?
« Letzte Änderung: Juni 10, 2020, 23:29:49 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Martin Römer

  • Gast
Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #2 am: Juni 11, 2020, 00:20:39 »
Mein Gutes -

warum nicht des Morgens ein kleines Lied?
So dachte ich, als ich mal wieder die durchaus eklatante Verwildung der jetzigen Zeit bei den Klagen ausgeklammert sah -
merkwürdig eigentlich für die kulturell ausgerichteten Foren.
Was ich gewisserweise vor der Haustür habe, hat nichts mit mehr Gemeinheiten zu tun.

Der Abschaum, der sich nicht mehr in Abgestumpftheit, sondern in Verrohtheit ergeht,
das große Theater mit Psyche und Ärzte, was als Perversion für sich steht,
auch mancherlei Hochpsychopathen, die erfreut die freie Bahn gehen,
die Polizei wegen Türklingelns ......

So kann es geschehen, wenn moralische Schranken fallen und ich denke nicht, dass Corona den großem Umschwung bringt.
Oder um an deine Verse anzuknüpfen: wo sollen die Fische sein und ein erkennbares Gewässer.
Manchmal müssen es auch die traurigen Urteile sein:
es erscheint unlogisch, dass man sich aus solchem Moor wieder zum Anstand erhübe.
Es scheint das Los des 21. Jahrhunderts zu sein, dass Mensch und Umwelt erledigt werden.
Über das Desaster hat ja auch Lady Anneliese gerne gesprochen und zuletzt nicht mit Erschrecknis.

Man sinniert und sinniert und kommt irgendwann zu den ernüchternden Ergebnissen.
Wenn etwas aus dem Ruder gelaufen ist, wie bspw. mit der Bevölkerungsexplosion,
so verschwinden auch gemächlich die gewissen Praktiken der Heilkunst und Vernunft
und die entworfenen Pläne können nicht von Glorie begleitet sein.

Aber ich habe doch genug vom Schicksal bekommen!
Hinter den Gardinen, Gefrässigkeit vieler Art.
Was hätte mich Geld und Macht je groß interessiert?
So bedarf ich auch eigentlich nicht des Interesses, wenn die Rache aufdämmert.
Ja, wo es "doppelt brutal wird", der Mensch sich auf dem Selbstvernichtungskurs befindet, ist die Grenze des Erträglichen weit überschritten.
 

Ein düsterlicher Beitrag, möge dich nicht zu viel der Düsternis umfangen!
Aber es ist das, was ich über die Welt im Auge habe.
Der Zersetzung von Natur und menschlicher Zivilisation geht Hand in Hand, dabei bleibe ich.
Wenn Greta wochenlang auf dem Atlantik unterwegs ist..... das ist etwas für den "Lifestyle".
Wunderlich, uns trennen viele Jahre und für Apathie und Ignoranz bin ich verantwortlich.


Meinen Segen für deine Angelegenheiten, Piratenbraut.

Nächtliche Grüße
M.


Seeräuber-Jenny

Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #3 am: Juni 11, 2020, 02:31:27 »
An den Leichtmatrosen, der sinniert und sinniert:

In einem wankenden Schiff fällt um, wer stille steht, nicht, wer sich bewegt. (Ludwig Börne)

Da lobe ich mir Gretas Generation!

Ein richtiger Steuermann fährt mit zerissenem Segel, und wenn er die Takelage verloren hat, zwingt er dennoch den entmasteten Rumpf des Schiffes auf Kurs. (Seneca)

Den richtigen Kurs weisen die Sterne. Die sieht man nicht, wenn man den Kopf hängen lässt.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
« Letzte Änderung: Juni 11, 2020, 02:40:57 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Martin Römer

  • Gast
Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #4 am: Juni 11, 2020, 09:46:50 »
Wie schön, wenn beide Seiten offenkundig sind!
Ich bin nach allem Weh des Weltgeschicks enthoben.
Sie sterben massig oder kriechen fort gelind....
Persönlich schau ich nimmermehr naiv nach droben.

Der Helfersjung sei dir verziehen dieses Mal.
Die Härte ist auch mir nicht stets genehmlich.
Ich singe immer nur von meiner Lebensqual
und da ist Darbung der Wahrhaftigkeit problemlich.

Du hast schon recht, der Weg verändert auch die Welt.
Ich hör allein die Geisterschar, jetzt zuzugreifen.
Mich kümmert spärlich, welche Schale letztlich fällt,
ich blicke mehr und mehr nach meinem Elendsschweifen.

Ich gehe nun gewaltsamlich zum einen Port -
die Fahrt ganz ohne Segel muss ich noch befeiern.
Ich tön vom blauerschimmerlichen Dunst hinfort
und kann nur hochgeweiht vom Schicksalshaften leiern.


Grüße am Morgen
M.


Erich Kykal

Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #5 am: Juni 11, 2020, 13:45:41 »
Der Countdown läuft seit vielen tausend Jahren!
Die wenig Tage, die ich hier noch lebe
berühren weiter nichts, und ich erstrebe
der Menschheit Wahnsinn nicht mehr zu gewahren.

Gemeinheit, Dummheit und brutale Härte
gewinnen immer wieder Oberhände,
und was sich noch an stiller Demut fände,
ist nur ein traurig schweigender Gefährte.

Jedoch ich finde immer auch das Gute,
die Hand, die sich dem Leide willig reichte,
getreue Tiefe unter Hurenseichte,
und Aufbegehren unter harter Rute.

Pauschalverdammung wird das Weh nicht lösen,
das schwärend aus enttäuschten Herzen blutet.
Der harte Weg, den man sich zugemutet,
erleichtert nichts und endet meist im Bösen.

Verliere nicht den Glauben an das Reine,
das leiser zwar, doch ebenso ermächtigt
wie Dunkelheit das Lebenswerk berechtigt,
zu werden, was es will: Allein das deine.


LG, eKy
« Letzte Änderung: Juni 12, 2020, 14:22:06 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #6 am: Juni 12, 2020, 08:48:45 »
V1 und V2 sind geil. Martin, du wirst mir bald geheuer und das Geistlein schwirrt gewaltig. Gruß vom Hans
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Martin Römer

  • Gast
Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #7 am: Juni 12, 2020, 11:36:44 »

Du schenkst Erbarmen deinem Knaben, das ist teuer.
Von Schrecken oder Schöpfungsdingen eingeklemmt,
behüte ich fürbaß den Kern vom weißen Feuer
gleichwie den Traum vom Tempelwirken ohne Hemd.

Nur leider kam die Schändung reich samt Scheiterhaufen.
Du hörtest recht von meiner Pflicht zum blauen Dunst.
Du sprachst apart, dank Marter wie ein Herr zu laufen.
Ich möchte sanftlich landen ohne große Kunst.

Die Narren bringen unserm Geistlein keine Liebe.
Ich möchte Wände, denn mein Herze ist verdorrt.
Ich könnte reden von gelindem Selbstgestiebe.
Fürwahr! Ich geh in Qualgewittern nun zum Port.


... dies zuvörderst, ich wollte es schon gestern einstellen, aber ich bin in der Matratzengruft versunken!
Also nun heute besonders angenehme Grüße!


Und du - fein, wenn mein Gefährtending anständig umhergeht, so wird es wohl nicht mehr spotten.
Was mir nachts noch geflüstert worden ist, lege ich bei den Sprüchen ab.


Bis dann
M.

Erich Kykal

Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #8 am: Juni 12, 2020, 14:23:31 »
Hi Martin!

Gilt deine letzte Antwort meinem oder Hans' Kommi - oder beiden?

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Martin Römer

  • Gast
Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #9 am: Juni 12, 2020, 14:58:11 »
Tststs, deine mangelnde "Grandezza" im Schweifen dünkt mich nicht zum ersten Male wunder.

Das Gedicht machte ich gestern Abend zu deiner hübschen Aufmerksamkeit, also gilt es zusammen mit den Grüßen dir.
Dem Hans hab ich dann auch noch was geplappert.

Ob wir uns wohl hier nochmals befruchten...?
Aber wir können auch gern Prosa reden, ganz nach Stimmung.
Hoffe, deine Stimmung ist gut!
Meine Stimmung im Inneren ist seit Ewigkeit auf dem Gefrierpunkt.....

Seeräuber-Jenny

Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #10 am: Juni 12, 2020, 16:03:26 »
Ach lieber Römer, spotte nicht der Narren,
der größte war der Grieche Sokrates.
Der spannte sich kein Schlachtross vor den Karren.
Dass er nichts wissen kann, er wusste es.

Die Kunst, sie ward zur feilen Hur für jeden.
Behängst du sie mit Gold, dann greif ruhig zu.
Sollst gleichwohl nicht im Gossenjargon reden,
dann lass ich dich an deinem Pult in Ruh.

Dort kannst du dann sinnieren und sinnieren,
kannst jubeln, klagen über diese Welt.
Darfst an die Hure gern dein Herz verlieren,
weil unterm Strich allein die Liebe zählt.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
« Letzte Änderung: Juni 12, 2020, 16:15:04 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

hans beislschmidt

Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #11 am: Juni 12, 2020, 16:47:17 »
Zitat
Was soll das denn werden? Reimefechten im Kommimodus? Sonst alles klar bei euch?

Also Matratzengrab??? Aha, Martin hat also Heine Geistlein gelesen, trotz Befruchtungstendenz so direkt aus der muffigen Gruft. Na Dankeschön, traun fürwahr, itzo, fürbass fürs Reimlein...

All jokes aside ....es wäre zu überlegen, ob Heine über Jahre hinweg diesen Gedichteberg aufgetürmt hätte, wenn er täglich acht Stunden im Garten gearbeitet und abends ganz uninspiriert müde ins Bett gefallen wäre.

Heute würde man bei ihm wahrscheinlich "Leaky Gut Syndrom" diagnostizieren, weil zu seiner Bleivergiftung noch jede Menge andere Parasiten ihm das Aufstehen unmöglich gemacht haben.

So aber hat ihn sein Matratzengrab unsterblich gemacht. Aber diese Krankheit würde ich meinem schlimmsten Feind nicht wünschen. Ich hoffe, ihr wisst den medizinischen Ratgeber :-)  zu schätzen? Gruß vom Hans
« Letzte Änderung: Juni 12, 2020, 16:52:19 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Martin Römer

  • Gast
Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #12 am: Juni 12, 2020, 22:34:06 »
Ihr Wiesenfreunde,

dieser Tag neigt sich dem Ende zu und der morgige möchte mir gewiss wieder voller Stolz entgegenlächeln.

Da hast du mit anmutigem Gefühl ein vernünftig fließendes Gedicht gemacht,
das mir allerdings im Endeffekt auch von den Flügeln des Sarkasmus getragen erscheinen muss.
Ich schlucke die Bitternis mit Grazie herunter.

Die Diskussion von der schönen Seele wird immer mal wieder geführt.
Sind die Dinge recht aberwitzig, liegen auch Verwässerung und Fälschung nah,
auch das Geistlein kann nicht von einem Liebchen sprechen oder dergleichen.
Es sind also gewisserweise zwei Reinheiten, die miteinander kollidieren.

Mit dem Sinnieren ist es eine Mentalitätsfrage und auch über den veränderten Duktus kann ich immer mal wieder sinnieren.
Möchte ich in dutzend Jahren, wenn die dunklen Tsunamis geendet haben, manches Blatt noch in den Händen halten?
Fürwahr, ich möchte das Blut sehen, das heroische Ertragen, den Singsang auf verbrannter Erde und einiges mehr.

In den Kommentaren kann ich auf das selige Gelächter gern verzichten.
Wenn in einer inkommensurabelen Abhandlung die geschmackliche Rauhheit aufgeblitzt hat, werde ich diese nicht hanebüchen entstellen.
Du magst dann vor einem gewissen Dilemma stehen, wie ich vor jedem Tempel mit dem gleichen Hymnus stehe.


****

Die einen rasseln mit den Ketten, die andern lieben ihre Ketten.....
Vom schlimmsten Feinde redet man nur allzu oft, vielleicht ließe sich dieser konjunktivistische Spruch einmal einmotten.
Ich stelle immer wieder fest - zumindest, was die persönlichen Straßen anbelangt -, dass das Leben eine verquere Logik hat.
Mit so einer Einsicht - dem Großen die großen Drachen - werden auch ein paar andere Rätseleien abgedeckt.


Schöne Abendgrüße
M.

Seeräuber-Jenny

Re: Seemann zur Seeräuberin
« Antwort #13 am: Juni 13, 2020, 03:57:48 »
Lieber Martin,

nein, ich denke, Sarkasmus liegt uns fern. Aber wir können uns doch ein bisschen necken. Etwas Heiterkeit kann in dieser kaputten Welt nicht schaden. "Humor ist, wenn man trotzdem lacht." Stimmt doch, oder? Vielleicht ist es ein Tanz auf dem Vulkan. Sei's drum. Sonst könnte man sich ja gleich einen Strick nehmen. Wenn nicht, werden wir bezeugen können, was passiert. Ich hoffe immer noch, was Schönes, gerade noch rechtzeitig. Und überhaupt: Es lebe die Liebe.

Lass auch du dich nicht unterkriegen.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
« Letzte Änderung: Juni 13, 2020, 04:02:24 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz