Autor Thema: Dein Navi  (Gelesen 434 mal)

gummibaum

Dein Navi
« am: Juli 22, 2020, 23:01:17 »
Dein Navi ist mein Freund in schlechten Zeiten,
denn plötzlich öffnest du die Autotür
und glaubst, in deinen Hauseingang zu schreiten,
doch landest du weit weg von dir bei mir.

Verwundert schaust du mir in meine Augen,
als hätte ich der Technik heimgespielt,
besäße Macht, die Speicher auszusaugen
und fütterte von fern aus sie gezielt.

Ich folge dir zum Auto und erkenne,
das Navi zeigt den Weg zu deinem Haus
und späht mit einer seelischen Antenne,
die keiner findet, meine Sehnsucht aus…         
« Letzte Änderung: Juli 22, 2020, 23:06:11 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Dein Navi
« Antwort #1 am: Juli 22, 2020, 23:18:23 »
Hi Gum!

Soso, Amor ist nicht mehr mit Pfeil und Bogen unterwegs, er manipuliert jetzt Navis!

Das Werk hat allerdings auch leicht verstörende, fast zwanghafte Untertöne, so als wäre es für diesen Mann moralisch völlig okay, das Navi seiner Zufallsbekanntschaft auszuspähen. Auch der Frau scheint dieser Typ wohl nicht ganz geheuer.
Man fragt sich: Liegt es wirklich am Navi, oder reimt sich das alles ein Wahnsinniger einfach mal so zusammen, der mehr sieht - mehr sehen WILL als bloß eine Frau, die versehentlich ihr Navi falsch programmiert hat und so bei ihm gelandet ist, und die er nun zu stalken gedenkt - oder Schlimmeres, in seinem Wahn überzeugt, höhere Mächte oder Schicksal würden diese Verbindung wollen und alles rechtfertigen, was er tut, um sie zu erzwingen.

Auf den ersten Blick wirkt der Text harmlos, eine verspielte Flirtanbahnung mit surrealer Note, aber die Untertöne in der Erzählart des LyrIch lassen eine dunklere Seite ahnen ...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.